Bankenhaftung gegenüber Kommunen bei Devisen-SWAP-Geschäften – Riskante Spekulationsgeschäfts trotz kommunalem Spekulationsverbot?

Renommierte Großbanken und Sparkassen führen unerfahrene Kämmerer und Verantwortliche kommunaler Betriebe in eine Zinsfalle mit Milliardenverlusten. Für die Kreditinstitute ein glänzendes Geschäft – schätzungsweise 40 % der Kommunen sind hiervon betroffen.

 

 

  1. Angeblich exklusive Konzepte aus der Banken-Produktabteilung

 

Die Spekulation mit Devisen funktioniert prinzipiell so, dass z. B. heute eine Fremdwährung gekauft wird (Kassa-Geschäft), und gleichzeitig ein Verkauf der Fremdwährung für in der Zukunft erfolgt (Glattstellungs-Geschäft). Der Fachmann spricht dann vom Spot-Tausch mit Glattstellungsgeschäft per Termin1). Eine Variante ist der Zins-Swap, bei dem Zins-und/oder Tilgungsverpflichtungen zwischen Parteien ausgetauscht werden. Oder allgemeiner: „Ein Swap ist eine Vereinbarung zweier Parteien, während der Vertragsdauer periodisch – und unabhängig von einem allfälligen Grundgeschäft – gegenseitig bedingte Zahlungsströme auszutauschen²).

 

 

  1. Auch sehr vermögende Privatanleger betroffen

 

Das Geschäft mit Zinsdifferenzen gibt es seit dem 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, auch wenn hübsche Power-Point-Präsentationen eine exklusive Neuheit suggerieren sollen. Aufgrund der verbundenen Risiken, hat manches Innenministerium der Länder³) die Kommunen angehalten Kapitalanlagen und Rücklagen nicht in Swap-Verträgen zu investieren -unter Hinweis auf das Spekulationsverbot gemäß der Gemeindeordnung(en). Derweil wurden die Kundenpräsentationen bei manchem Kreditinstitut ins Wealth-Management4) zur Anpassung weitergegeben, um daraus dubiose Steuersparmodelle für sehr vermögendes zu kreieren.

 

 

  1. Bundesweite Verlustgeschäfte diverser Kommunen durch Zinswetten

 

Zahlreiche Städten und Gemeinden – eingeschlossen kommunale Unternehmen – glaubten durch “Derivate” im Zins- und Schuldenmanagement risikolos profitieren zu können: Dass die Realität anders aussieht, weis man inzwischen auch bei Städten5) wie etwa Neuss6), Dortmund7), Würzburg8) und Hagen9) – Zinsderivate stellten sich als erhebliches finanzielles Verlustgeschäft heraus. Der Kämmerer wird bei solchen Produkten immer „eine Einschätzung über die künftige Zinsentwicklung“ benötigen, mithin handelt es sich um Unsicherheit in der Zukunft, also Spekulationen. Eines ist jedoch gegenüber stets sicher, die Kosten bzw. Margen der Bank.

 

4. Kommunales Zins- und Schuldenmanagement: Gebührenfalle auch bei Sparkassen

 

Derivate, wie Swaps, gehören zu den Produkten der höchsten Risikoklasse – der Bankverkäufer empfiehlt indes solche Produkte “zum Risikomanagement”. Oft wird dem Mitarbeiter kommunaler Betriebe nicht deutlich, dass scheinbare vorläufige Kostensenkungen im Kreditbereich durch Swap-Verträge faktisch gehebelt werden: Die Folge solcher Spekulationen sind regelmäßig Millionenverluste – es sei denn, die Kommunen beschäftigen einen Hellseher mit dem sicheren Blick in die Zukunft, wie sich “die Märkte“ entwickeln werden. Sinnvoll können derartige Geschäfte sein, wenn Fremdwährungskredite bestehen

 

 

  1. Aufklärungspflichten der Kreditinstitute

 

Banken treffen eine Vielzahl von Aufklärungspflichten – Falschberatung führt zu zur Haftung.

5.1 Nachdrücklicher Hinweis auf öffentlich-rechtliche Beschränkungen

 

Gemäß einem Urteil des OLG Naumburg10), vom 24.03.2005 (Az. 2 U 111/04) verletzt ein Kreditinstitut seine Pflicht zur anlage- und anlegergerechten Beratung, wenn es vor Vereinbarung eines Währungs-Swap mit einem in der Rechtsform einer GmbH betriebenen Unternehmen, dessen Anteile zu 100 % von einer Kommune gehalten werden, nicht auf mögliche öffentlich-rechtliche Beschränkungen der Kommune hinweist und nicht mit Nachdruck auf eine Prüfung der Zulässigkeit des Geschäfts dringt.

 

5.2 Anlage- und Objektgerechte Beratung: Währungsrisiko ist in den Mittelpunkt zu stellen

 

In diesem Urteil betont das Gericht, dass es bei erstmaliger Empfehlung eines Währungs-Swaps, ohne dass Fremdwährungskredite bestehen, die bloße Erwähnung, dass es sich um ein Instrument „zur Absicherung von Währungsrisiken“ handelt, nicht genügt: Vielmehr muss die Bank dies in den Mittelpunkt der Beratung stellen.

 

Eine generelle Pflicht, kommunalen Unternehmen von solchen Zinswetten abzuraten besteht nach Ansicht des LG Magdeburg11) dann nicht, wenn sich der Kunde nachhaltig mit finanziellem Risikomanagement bzw. Zinsmanagement beschäftigt

 

5.2.1 Beratung zu Prognosen: Verbot zu kurze Zeiträume dem Kunden darzustellen.

 

Erhebliche Aufklärungspflichten der Kreditinstitute konstatierte auch jüngst das LG Würzburg12) im Verfahren gegenüber einer Großbank, und zwar nicht nur wegen des generellen Spekulationsverbotes sondern auch weil in diesem Fall die Zinsentwicklung „durch zwei Hebel beschleunigt“ wurde. Eine Beratung zu Prognosen bezüglich künftiger „Spreadentwicklungen“, welche auf historischen Erfahrungen beruht, darf keine zu kurzen Vergleichszeiträume zugrunde legen.

 

 

5.3 Intransparenz.: Bunte Bilder und undurchsichtige Formeln auf Kundenveranstaltungen

 

Das LG Frankfurt/Main beurteilte ein Swapgeschäft in seinem Urteil vom 31.01.2008 (AZ.2-04 O 388/05) als intransparent, weil die präsentierte mathematische Formel „die kundenbelastende Wirkung“ unterdrückt. Nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) muss der Kunde auch bei Finanztermingeschäften die „Bedeutung und Tragweite” des Vertrages leicht erfassen können. Denn ohne Kenntnis der Gewinnmöglichkeiten, kann kein Kunde die Angemessenheit der damit verbundenen Verlustrisiken beurteilen. Bereits dies reichte aus, den Vertrag als unwirksam zu beurteilen.

 

 

5.4 Schadensersatz wegen Interessenkonflikten: Geheimgehaltener Marktwert

 

Im gleichen Urteil moniert das Gericht. dass die Bank sich in einem Interessenkonflikt befindet, und von daher den Marktwert der Derivate hätte offen legen müssen: Nach § 31 WpHG muss die Bank den Kunden in die Lage versetzen, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen, insbesondere durch Offenlegung der eigenen Marge, einer „Rückvergütung“ bzw. des „Ausgabeaufschlages“. Das Kreditinstitut darf aus Geheimhaltungsinteresse seinen Wissensvorsprung nicht für sich behalten.

 

 

  1. Folgerung

 

Der Banklehrling lernt „Herr Kunde, wir wollen Ihr Bestes – Ihr Geld!“. Auch beim Umgang mit Finanztermingeschäften empfiehlt sich eine doppelte Absicherung – einerseits eine bankfachlich unabhängige Honorarberatung zur Risikoanalyse. denn die Bank wird üblicherweise ihr eigenwirtschaftliches Interesse verfolgen. Andererseits gebietet das Gebot kein Geld zu verschwenden, die Vertragsmuster auf Lücken und Kostenfallen abzuprüfen. Nicht zuletzt kann sich, wie bei CBL-Verträgen, die delikate Frage einer Untreue stellen.

 

Anmerkungen:

1) Uszczapowski, Igor, Optionen und Futures verstehen. München 1999. S. 307 f.

2) Loretan, Michael, Der Swapvertrag. Zünch 1996. S. 32

3) z. B. in Brandenburg: Runderlass in kommunalen Angelegenheiten des Ministeriums des Innern Nr. 2/2000

4) Im Private-Banking versteht man darunter Vermögensberatung und -verwaltung.

5) laut Manager-Magazin vom 27.08.2007 sind z. B. auch Flensburg, Sulingen und Göttingen betroffen.

6) 14 Mio. Euro Schaden

7) 6.2 Mio. Euro Schaden.

8) 2.6 Mio. Euro Schaden

9) 51 Mio. Euro Schaden. plus 5-6 Mio. bei Tochtergesellschaften.

10) Über 0.5 Mio. Euro Schaden

11) Urteil vom 21.01.2008. Az. 9 01989/06

12) Urteil vom 31.03.2008. Az. 62 0 661/07

 

veröffentlicht in “Der Gemeindehaushalt” 03/2009, Seite 69-70

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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