IDD-Umsetzung: Neue Geschäftsmodelle für Insurtec´s und Versicherungsberater

Die Umsetzung der Richtlinie EU 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb, also der Insurance Distribution Directive (IDD) durch § 43c Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) führt zu finanziellen Risiken für Versicherer (VR) und Versicherungsmakler (VM). Der Versicherer darf möglicherweise „doppelt zahlen“ und der Makler verliert eventuell seine Courtage. Ursache ist die Beratung durch Versicherungsberater (VB), auch ohne dessen Vermittlung.

 

Versicherungsmakler als gerupfte Weihnachtsgans

Der § 43c VAG besagt in etwa, dass bei Beratung durch einen VB, nach Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung des VB, durch den VN beim VR, nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera besteht. Entweder der Versicherer stellt den Tarif auf „Netto-Tarif“ um – oder er refundiert (Durchleitung) bis zu 80% der Vertriebskosten als Versicherer an den Kunden, also den VN.

 

Der VR wird dann jedenfalls gegenüber dem VM argumentieren, dass er ja eigentlich nicht (wirklich oder allein) vermittelt habe – und die Courtage streichen bzw. stornieren, mit Glück nur kürzen. Beim VM kann sich dies bis hin zur Berufsaufgabe oder Insolvenz als Gefahr entwickeln. Ein Widerstand aus der Maklerschaft ist absehbar – bis nach Jahren Obergerichte dem Makler bestätigen, er hat vermittelt und seine Courtage steht ihm daher selbstverständlich auch zu. Dazu braucht es eine Kriegskasse beim VM. Die VR müssen mit potentiell „doppelten Kosten“ rechnen – also Courtage trotz Nettotarif oder Courtage zzgl. Durchleitung derselben beim Bruttotarif.

 

Versicherer als heiliger Sankt Florian

Frei nach dem Sankt-Florians-Prinzip „Heiliger Sankt Florian / Verschon’ mein Haus / Zünd’ and’re an!“ suchen VR zunehmend einen Ausweg: In jedweder Sparte wird der Makler gebeten beim künftigen VN abzufragen, ob er bereits zuvor von einem VB beraten wurde. Der Grund ist klar – soweit kein Kontrahierungszwang besteht, will der VR dieses mögliche (Verlust-)Geschäft vermeiden. Und zwar zunächst für den Makler, damit dieser rechtzeitig sich vergewissert, bevor er etwa umsonst sich bemüht.

 

FinTechs und VB können damit werben „kommen Sie zu uns, auf ein Seminar oder Webinar“ z.B. für 30 Euro – wir garantieren Ihnen die Prämienersparnis, denn eine „klassische“ Vermittlung braucht es dafür nicht. Den künftigen VN wird man zuvor gezielt zum VM schicken – wo dieser die Frage nach stattgefundener Beratung durch einen VB wahrheitsgemäß mit Nein beantwortet. Nach einer Kurzberatung des VB zur vom Makler empfohlenen Versicherung wird diese dem VN bescheinigt, der damit die Durchleitung der Provision bewirkt. Dies funktioniert auch, wenn VR etwa mit dem VB sonst nicht zusammenarbeiten wollen, dieser also gar nicht an den VR vermitteln kann. Ist dies etwa das Ergebnis der Lobbyarbeit von GDV und Maklerverbänden, künftig den Versicherungsvertrieb zu ruinieren?

 

Die Nachberatung: Eine Optimierung für Versicherungsberater und Versicherungsnehmer

Die Durchleitung war für den Gesetzgeber das zunächst geringere Übel aus Sicht der VR, gegenüber etwa der Pflicht des VB, Provisionen (zu denen der VR zu verpflichten gewesen wäre) für die nun erlaubte Vermittlung selbst weiterzuleiten (ggf. höher als sein Honorar), oder aber auch Provisionen an andere Vermittler zu verbieten (also nur noch Nettotarife zuzulassen), oder aber Nettotarife als Alternative zur Pflicht zu machen.

 

Indes könnte der VB auch ohne Zusammenarbeit mit dem VR vermittelnd tätig sein, und die Versicherung in einem Onlineportal des VR oder eines InsurTechs oder gar eines anderen Vermittlers in seiner VB-Kanzlei zusammen mit dem anwesenden VN ohne zunächst Offenlegung seiner Mitwirkung beantragen, so dass der Versicherer sich nicht wehren kann. Unter den Begriff der Vermittlung dürfte auch dies fallen – unter den der Beratung allemal, beides mit gleicher Auswirkung auf die Courtage-Durchleitung.

 

Natürlich wollte der Gesetzgeber die Honorarberatung fördern. Vielleicht will er insgeheim die Provisionen bzw. Courtage abschaffen – denn auch Agenten sind betroffen. Womöglich auch die PKV, die hier größere Probleme hat, dazu zwingen parallel ebenfalls auch noch Nettotarife anzubieten.

 

InsurTechs könnten klassischen Vertrieb kannibalisieren

Es würde sich im Internet wie ein Lauffeuer herumsprechen, wenn man für xx € den entscheidenden „Beratungszettel“ des VB bekommt, um jedweden VR zur Umstellung auf Nettotarif oder zur Provisionsdurchleitung zu zwingen – das Werbemotto „Geiz ist Geil“ muss dafür nicht neu erfunden werden.

Zudem könnten InsurTechs und FinTechs (bestenfalls ebenso mit Zulassung als VB) sowie klassische VB´s das Geschäftsmodell optimieren, indem sie gezielt die „Zweitmeinung“ propagieren – also Kunden erst mal zu Agent oder Makler schicken, nach dem Motto „dann dürfen Sie die Wahrheit sagen, eben dass Sie von uns nicht beraten wurden. Durch uns bekommen Sie dann die Umstellung auf Nettotarif oder Durchleitung – ganz legal, wie es der Gesetzgeber vorsieht, als Verbraucherschutz“. Und dies funktioniert natürlich auch bei Gewerbekunden wie auch Handwerkern, sowie Mittelstand und Industrieversicherungen.

Gegen den Versuch, als InsurTech Maklerkunden abzuwerben, indem die Folgecourtage an den VN bei geringer jährlicher Gebühr an den InsurTech selbst weitergeleitet wird, geht die Versicherungsaufsicht hingegen wegen verbotener Provisionsabgabe vor, weil lediglich dem Versicherer solche Durchleitung erlaubt sei.

 

Neue Chance für Versicherungsmakler und Agenten ?

Auch VM könnten beginnen sich eine Zulassung als VB zu beschaffen, wenn sie lieber Jäger als Gejagte sind, statt sich kannibalisieren zu lassen. Auf eine Zusammenarbeit mit VR sind sie dabei nicht angewiesen, wenn sie die neuen Möglichkeiten effizient nutzen, an deren Vorgaben sich die VR auch zwangsläufig halten müssen. Selbst eine Beratung über einen vom VB eingesetzten Roboter, neben jeder anderen Form von Online- und Fernberatung kann unter die VB-Tätigkeit fallen, mit automatisch erstelltem Beratungsschein zur weiteren Verwendung.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

 

www.experten.de (veröffentlicht im ExpertenReport 10/2018, Seite 78-79)

Link: https://kiosk.experten.de/de/profiles/e3596a099c43/editions/5bca5c74e67c539ea574/pages/page/41

und

www.experten.de (veröffentlicht am 31.10.2018)

Link: https://www.experten.de/2018/10/31/idd-umsetzung-neue-geschaeftsmodelle-fuer-insurtechs-und-versicherungsberater/

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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