Haftungsfalle für Versicherungsmakler

PKV-Vermittler müssen sich darauf einstellen, dass eine Marktbereinigung bevorsteht. Diese Bereinigung reicht von der Vergreisung und Einstellung bestimmter Tarife bis hin zum Rückzug einzelner PKV-Unternehmen vom Markt. Nicht ohne Grund hat der PKV-Verband vor der Reform der gesetzlichen Kassen (GKV) die wirtschaftlich enteignende Wirkung der heute neuen Rechtslage angeprangert. Wer in den Basistarif möchte, kann sich abwerben lassen – ohne Leistungsbeschränkungen und ohne Risikozuschläge. Wer von der GKV zur PKV wechseln möchte, muss nunmehr drei Jahre ein Einkommen oberhalb der Bemessungsgrenze vorweisen können. Für den Wechsel der Bestandskunden von PKV zu PKV hat der Gesetzgeber den 1. Juli 2009 als Termin der Kündigung fi xiert. Das Wirksamwerden dieser Kündigung ist unerheblich. Es kann nach § 178 h (1) VVG sogar bis zu drei Jahre in der Zukunft liegen. Im Gesetz heißt es: „Ist der private Krankheitskostenversicherungsvertrag im Sinne des Absatzes 5 vor dem 1. Januar 2009 abgeschlossen, kann bei Wechsel oder Kündigung des Vertrages der Abschluss eines Vertrages im Basistarif beim eigenen oder einem anderen Versicherungsunternehmen unter Mitnahme der Alterungsrückstellungen gemäß § 178 f Abs. 1 nur bis zum 30. Juni 2009 verlangt werden. Der Antrag muss bereits dann angenommen werden, wenn bei einer Kündigung eines Vertrages bei einem anderen Versicherer die Kündigung nach § 178 h Abs. 1 Satz 1 noch nicht wirksam geworden ist.“
Wechsel und Altbestände
Grundlage dafür sind § 178 a (7) Nr. 4 VVG und § 178 f (1) Nr. 2 a) VVG (für den Neuzugang ab 2009, ab 2009 dauerhaft) sowie Nr. 2 b. Wichtig: Die Alterungsrückstellung ist mitzugeben. Der neue Versicherer muss jeden – auch Kranke – nur im Basistarif aufnehmen. Er darf natürlich aber jeden, insbesondere Gesunde, in jeden anderen Tarif aufnehmen. Der letzte Versicherer hat die anteilige Alterungsrückstellung auf Niveau Basistarif mitzugeben. Der neue Versicherer erhält dieses Kapital und verwendet es, indem er dem Wechsler Versicherungsschutz in dem gewählten neuen modernen Tarif mit einem seiner Vorversicherungszeit entsprechenden Abschlag versichert (mitgegebene Alterungsrückstellung als echtes Geld in Euro, das vom alten dem neuen Versicherer überwiesen wird). Formal steht in § 178 f (1) 2 b) zwar, dass der Wechsel für den „Altbestand“ bei Vornahme der Kündigung im Zeitfenster 1. Halbjahr 2009 in den Basistarif erfolgen muss. Aber der neue Versicherer kann ja schon bei Vertragsabschluss gleich den Wechsel aus dem Basistarif unter weiterer Mitgabe der Alterungsrückstellung in den eigentlich für Gesunde interessanten modernen Zieltarif anbieten.
Existenzgefahr für PKV-Versicherer
Der Weg via Basistarif stellt sich als reine Formalität zur Mitgabe der Alterungsrückstellung dar. Natürlich kann niemand verlangen, in den modernen Zieltarif aufgenommen zu werden. Das verschärft jedoch zusätzlich das Problem, dass sich die abwerbenden Krankenversicherer um die Gesunden bemühen werden. Die Kranken können bei dem alten Unternehmen bleiben oder – was ihnen aber kaum etwas bringt – in den Basistarif wechseln. Für den neuen Versicherer lohnt es sich also uneingeschränkt, gesunde Wechsler mitsamt ihrer mitgegebenen Alterungsrückstellung in moderne Tarife aufzunehmen. Er wird wegen der Versicherung dieser guten Risiken durch den branchenweiten Risikoausgleich nicht wieder belastet. Die Gefahr für die Versicherer resultiert daraus, dass die Versicherten ihre Altersrückstellungen (auf dem Niveau des Basistarifs, und das ist oft die gesamte Alterungsrückstellung) mitnehmen können. Hier würden dann gegebenenfalls je 1.000 Wechsler bis zu mehr als 20 Millionen Euro vom bisherigen auf das Bankkonto des neuen Versicherers fl ießen. Einige PKV-Versicherer haben bereits angedeutet, dass sie bis zum 1. Halbjahr 2009 gut vorbereitet auf Jagd nach allen Gesunden gehen werden. Die Folge wären erhebliche Stornoverluste in den Jahresabschlüssen. Der dadurch schon geschädigte Versicherer wird mit seinen verbleibenden Versicherten die gesamten Overheadkosten tragen müssen. Wenn also Ratingfi rmen und Versicherungsmakler auf die Frage, welche Unternehmen davon wie betroffen sein könnten, zu Antworten nicht in der Lage sind, wird man in der PKV-Vermittlung den Sachwalterpfl ichten kaum genügen können. Den Versicherten, die einen Wechsel des Versicherers nicht rechtzeitig vorgenommen haben, bleibt dann vielleicht nur der Basistarif mit Höchstbeitragsgarantie und Risikoausgleich in der Branche. In solchen Fällen dürfte die Maklerhaftung sicher sein.
Prämiensteigerungen absehbar
Insgesamt werden höhere PKV-Prämien erwartet, prozentual in zweistelliger Größenordnung. Fachleute rechnen damit, dass eine Beitragsanpassung in dem Zeitfenster der ersten sechs Monate 2009 vermieden werden könnte, womit dem Versicherten rechtlich dann nur noch die Option der ordentlichen Kündigung bleiben sollte. Gezieltes Anwerben Gesunder ist normales Tagesgeschäft für ein PKVUnternehmen. Die Chance für Makler besteht darin, heute schon unzufriedene Kunden mit Umsetzung im ersten Halbjahr 2009 per Kündigung zu anderen Krankenversicherungsunternehmen umzudecken, ohne dass diese ihre Alterungsrückstellung verlieren. Wer aber bis dahin einen Kunden umdeckt, ohne ihn darauf hinzuweisen, dass er seine Alterungsrückstellung verlieren könnte, wenn er nicht bis zum 1. Januar 2009 wartet, macht sich gegebenenfalls schadenersatzpfl ichtig. Nach dem 30. Juni 2009 wird aus den Altbeständen kaum noch jemand das PKVUnternehmen wechseln. Wer es wollte, hat das bereits in der ersten Jahreshälfte 2009 getan, weil die Alterungsrückstellung später nicht mehr mitgegeben wird. Nur bei neuen Versicherten ab 1. Januar 2009 müssen die Alterungsrückstellungen dauerhaft mitgegeben werden. Somit kommen dann weitere Stornoverluste hinzu. Es sei denn, in die Beiträge der Altbestände würde rechtzeitig das verminderte Storno eingerechnet. Dies müsste aber nochmals zu einer erheblichen zusätzlichen Beitragsanpassung führen. Es besteht folglich bei den PKV-Unternehmen ein Interesse daran, dass diese Fakten möglichst lange verschwiegen werden. Ausbaden kann dies später der Vermittler oder Makler, der wegen Falschberatung haftet.
Peter A. Schramm und Johannes Fiala Zu den Autoren: Peter A. Schramm: Diplom-Mathematiker, Aktuar DAV, Sachverständiger für Versicherungsmathematik. Kontakt: info@pkv-gutachter.de www.pkv-gutachter.de Dr. Johannes Fiala: Rechtsanwalt in München, Bankkaufmann (IHK), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.). Kontakt: info@fi ala.de www.fi ala.de
(PERFORMANCE 5/2007, 56)
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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