Tarifwechselmakler betreiben verbotene Rechtsberatung – aber nicht immer!

Wann regelmäßig für Ersatz von Schäden und auf Rückzahlung der Vergütung gehaftet wird ? –

Das Landgericht (LG) Saarbrücken entschied durch Urteil vom 17.05.2016 (Az. 14 O 152/15), dass die Suche nach Einsparmöglichkeiten bei bestehender privater Krankenversicherung (PKV) nicht auf den Nachweis oder die Vermittlung eines Versicherungsvertrages gerichtet ist, § 204 VVG. Daher handelt es sich um keine Maklerleistung sondern verbotene Rechtsberatung. Der Vertrag mit dem Tarifwechselmakler ist daher nichtig, § 134 BGB. Ein Honorar steht ihm damit nicht zu. Für praktisch wohl recht häufige Schäden beim Tarifwechsel haftet der Makler gleichwohl, §§ 241, 311 BGB.

 

Tarifwechselberatung ist keine maklertypische Dienstleistung

Anders sahen dies früher DIHK und LG München II (Urteil vom 16.05.2013, Az. 4 HK O 5253/12).

Das LG Saarbrücken erkennt, dass die Tarifwechselberatung keine maklertypische Leistung eines Nachweises oder einer Vermittlung von Versicherungsverträgen ist. Beim Tarifwechsel wird kein neuer PKV-Vertrag geschlossen – vielmehr wird ein bestehender Vertrag geändert. Es kommt gar nicht erst darauf an, dass der Tarifwechselmakler den ursprünglichen Versicherungsvertrag nicht vermittelt hatte.

Damit wird beim Tarifwechselmakler kein „Hauptvertrag“ vorliegen, zu welchem die Rechtsdienstleistung legal als sogenannte Nebenleistung erfolgen könnte, § 5 RDG. Einem Versicherungsberater wäre diese Tätigkeit erlaubt, jedoch (ebenfalls) nicht gegen Erfolgsvergütung, soweit nicht ausnahmsweise der seltene Fall der § 4a I 1 RVG, § 49b II 1 BRAO vorliegt (LG Hamburg, Urteil vom 22.03.2013, Az. 315 O 76/12). Der Makler hatte offenbar vorher als Versicherungsberater gearbeitet – und glaubte durch den Wechsel in den Maklerberuf legal eine Erfolgsvergütung erhalten zu können. Gute Gestaltungsberatung für den Makler mit XXXL-Risiko sieht jedenfalls anders aus.

 

Legale Tarifwechselberatung wenn Kern und Schwerpunkt eine Maklertätigkeit ist

Dabei kommt es auf den Inhalt der Tätigkeit an. Auch der Mehrwertsteuerpflicht kann man sich nicht durch Berufswechsel bei gleicher Tätigkeit entziehen. Dies wäre so, wie wenn jemand im Darknet die private Vollstreckung von Strafen ohne Gerichtsurteil anbietet, und glaubt es genüge nach der Gewerbefreiheit des § 1 GewO dem Gewerbeamt die Tätigkeit als Scharfrichter anzuzeigen, § 14 GewO. Der Normalfall bei isolierter Vereinbarung von Beratungsdienstleistungen (ohne Maklervertrag) ist eine erfolgsunabhängige Vergütung.

Erfolgsvergütungen sind auch gegenüber Nichtverbrauchern für legale rechtliche Beratung bei „Vereinbarung, Änderung und Prüfung von Versicherungsvertragen“ durch Makler kaum gestaltbar, § 34 I 4 GewO. Dies scheitert am AGB-Gesetz, sowie am kaum führbaren Nachweis, dass die jeweilige Makler-Vergütungsvereinbarung individuell ausgehandelt (nicht lediglich verhandelt) worden ist (BGH, Urteil vom 20.03.2014, Az. VII ZR 248/13): Selbst der Hinweis im Maklervertrag, wonach die Vertragsbestimmungen „ernsthaft und ausgiebig verhandelt wurden“, ist demnach unwirksam.

Auch den umgekehrten Fall gab es. Ein Finanzmakler vereinbarte für Kreditvermittlung eine Zeitvergütung, mit Ausschluss der Erfolgsvergütung: Am Ende war gar nichts mehr einklagbar.

 

Schmaler Grad zwischen Maklertätigkeit und Kriminalität?

Makler können also ganz beruhigt beim Wechsel vom Zusatztarif in einen PKV-Volltarif vermitteln, weitere (Zusatz-)Tarife hinzunehmen, vorherige Versicherungen zum Umdecken auch kündigen.

Aber auch in der Sachversicherung und Lebensversicherung wäre die nachträgliche (isoliert mit Nichtverbrauchern vereinbarte) Beratung ohne Maklertätigkeit zur nachträglichen Vertragsgestaltung in der Lebens- und Sachversicherung – etwa Erhöhungen eines Vertrages (Versicherungssumme in Lebens- oder Hausratversicherung), Änderung des Bezugsrechts, Verminderung der Versicherungssumme, Beitragsfreistellung – keine Vermittlung eines neuen Vertrages sein, sondern erlaubnispflichtige Versicherungsberatung.

 

Ursprüngliche Vermittlung des Versicherungsvertrags rechtfertigt keine verbotene Rechtsberatung

Einige Makler meinen, dass es eine erlaubte Rechtdienstleistung wäre, zu Versicherungen zu beraten (Tarifwechsel oder was auch immer in jedweder Sparte), wenn sie den ursprünglichen Vertrag einmal vermittelt hatten. Diese Vermittlung ist aber abgeschlossen. Bereits die Einholung einer Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung, als „guter“ Service, ist regelmäßig verboten.

Der Makler mag “Betreuung” schulden, was beispielsweise die Nachfasspflicht betrifft (OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.04.1999, Az. 7 U 201/98, „Porsche-Fall“), sowie die Aktualisierung der Risikoanalyse, also laufende Risikountersuchung und Objektprüfung (BGH, Urteil vom 22.05.1985, Az. Iva ZR 190/83). Diese Betreuungspflicht rechtfertigt jedoch nach Abschluss der eigentlichen Vermittlung keine x-beliebige isolierte Rechtsgestaltung, ohne (neuen) Vermittlungsauftrag. Im Unterschied zum Agenten, ist der Makler kein „Rundumbetreuer gegen Betreuungsprovision“ sondern bekommt rechtlich eine „Folgecourtage“, welche das Schicksal der Prämie teilt.

Der BGH hat in seinem „Reinigungsurteil“ (BGH, Urteil vom 14.01.2016, Az. I ZR 107/14) klipp und klar bestätigt: „Zu den Aufgaben des Versicherungsmaklers gegenüber dem Versicherungsnehmer gehört es, den Versicherungsvertrag nach Abschluss weiter zu betreuen, indem er den Vertrag ungefragt auf etwaigen Anpassungsbedarf sowie Verlängerungen hin überprüft und den Versicherungsnehmer rechtzeitig darauf hinweist, den Zahlungsverkehr fördert, im Schadensfall den Versicherungsnehmer sachkundig berät, für sachgerechte Schadensanzeigen sorgt und bei der Schadensregulierung die Interessen des Versicherungsnehmers wahrnimmt.“. Daraus folgt: Stellt sich die Frage nach einem Umdecken, aufgrund aktueller Risikoanalyse, genügt hinsichtlich der bisherigen Deckung beispielsweise in der PKV nicht der bloße Hinweis auf die Option eines Tarifwechsels, denn der Makler hat als Sachwalter alle Optionen zu erwägen, und schuldet dazu seine Beratung und eine ordentliche Dokumentation. Umdecken der PKV ohne Tarifwechselberatung kann sich ein (Mehrfach-)Agent vielleicht erlauben – ein Makler als treuhänderischer Sachwalter wohl kaum, und dies bereits wegen drohenden Verlusts der Alterungsrückstellungen in der bisherigen PKV.

Möchte der Maklerkunde etwa das Bezugsrecht seiner Lebensversicherung ändern, weil er sich mit einem Kind zerstritten hat, dann handelt es sich bei diesbezüglicher isolierter Rechtsberatung mit Rückschlagswirkung auf Testament und Nachlass um keine „notwendige“ Nebenleistung im Sinne des RDG: Der Makler kann auch ohne solche Rechtsberatung seine Tätigkeiten (Nachweis oder Vermittlung – ggf. einschließlich Betreuung auf nichtrechtlichem Gebiet) erledigen. Begrifflich sind beruflich nicht zwingend nötige Rechtsdienste niemals erlaubte Nebenleistungen. Dies ist das ganz zentrale Missverständnis in der illegalen Gestaltung.

 

Wann der Inhalt von Maklervertrag und Maklervollmacht zur Doppelnichtigkeit führt

Wenn Makler solches wie Änderungen bestehender Verträge anbieten bzw. sich zu solcher Betreuung auch selbstvermittelter Verträge verpflichtet haben – und erst recht Tarifwechselmakler – könnte der gesamte Vertrag und alle Vollmachten wegen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nichtig sein. In der bitteren Folge haftet der Makler für alle negativen Folgen auch ohne Verschulden, muss also z.B. die Minderleistungen nach Tarifwechsel erstatten, auch wenn er sonst alles richtig gemacht hat.

Zudem besteht die Gefahr, dass ein Aktuar feststellt, dass der Tarifwechsel den Kunden bereits mittelfristig teurer kommt, als wenn er den bisherigen Tarif behalten hätte. Oder es wird festgestellt, dass der Standardtarif und eine alternative Ergänzungsabsicherung günstiger gewesen wäre.

Zudem: bei Doppelnichtigkeit hat der VR ein Datenschutzproblem, sowie eines mit dem Versicherungsgeheimnis, und über den Makler abgegebene Willensklärungen samt Tarifwechsel und Kündigungen sind unwirksam. Der VR muss die alten höheren Leistungen zahlen, kann sich aber nur begrenzt Beiträge zurückholen – wegen häufiger Verjährung. Strafrechtlich wird der Beihelfer genauso wie der Täter bestraft, und haftet, § 27 StGB, §§ 823 II, 830, 840 BGB. Versicherer werden daher zunehmend herausgefordert, Maklervollmachten zurück zu weisen, sofern sich die Korrespondenzpflicht (BGH, Urteil vom 29. Mai 2013, Az. IV ZR 165/12) als purer Rechtsmissbrauch der illegal arbeitenden Tarifwechselmakler herausstellt.

Denn das LG Saarbrücken hat die Erlaubnis des Maklers zur Rechtsdienstleistung (Beratung zu Versicherungen) nur ganz eingeschränkt auf dessen erlaubte Vermittlungstätigkeit neuer Verträge beschränkt. Übrigens droht nun auch dem Korrespondenzmakler, dass dessen marktübliche Betreuungsvergütung gerichtlich damit gut und gerne über den Jordan gehen kann, zumindest aber näher über die Wupper. Haben Maklerverbände solche delikaten Details bisher verschlafen?

 

Tarifwechselmakler schulden Rückzahlung der Vergütung

Die Rückzahlung der Vergütung folgt nach Auffassung des LG nicht nur aus der Vertragsnichtigkeit, sondern bereits daraus, dass eine Erfolgsvergütung ohne (echte) Maklerleistung entsprechend der Einsparmöglichkeit den Kunden unangemessen benachteiligt, und intransparent ist, §§ 305 ff. BGB.

Auch eine Honorarberatung gegenüber Privatkundschaft ist gesetzlich nicht erlaubt, § 34d I GewO.

Der Maklerkunde kann die Rückzahlung bis zur Grenze der Verjährung nach 10 Jahren zurückfordern, § 195 BGB. Zudem könnten auch noch (ewige) Widerrufsoptionen bestehen, beispielsweise bei Haustürgeschäften oder Verträgen über das Internet oder per Telefon.

 

Kostenlose Beratung beim bisherigen Makler sowie Versicherer einschließlich dessen Agenturen

Nach §§ 6, 204 VVG schuldet der Versicherer (VR) eine kostenlose Beratung zum Tarifwechsel – eingeschlossen auch den Wechsel in solche Tarife, die ansonsten gar nicht mehr aktiv beworben werden. Der Versicherungsmakler erhält für seine „Bestandspflege und Kundenbetreuung“ sowieso eine jährliche Folgecourtage: Zur Betreuung des PKV-Kunden ist er nach der heute herrschenden Meinung ohnedies verpflichtet, und zwar ganz ohne (ggf. zusätzliche) Tarifwechsel-Erfolgsvergütung.

 

Angebliche Profis in der PKV und im KV-Tarifwechsel führen direkt in die Haftung

Es gibt selbsternannte „Profis“ die verbreiten, dass der (Bestands-)Makler für die ständige Optimierung des „Preis-Leistungsverhältnisses“ haften würde. Zutreffend ist hingegen, dass der Makler sich durch Objektprüfung und Risikountersuchung über den objektiven Bedarf zu vergewissern hat, welcher ständiger Veränderung unterliegt, und zu Beratungsbedarf führt.

 

Betreiben Vergleichsplattformen ebenfalls verbotene Rechtsberatung?

Bereits die Recherche nach alternativen Tarifen beurteilt das LG Saarbrücken als Rechtsdienstleistung. Derartige Recherchen gibt es jedoch nicht nur beim PKV-Tarifwechsel, sondern auch als Dienstleistung von Vergleichsportalen, ggf. gesteuert durch Roboter, möglicherweise kostenlos. Bei kostenlosen Rechtsdienstleistungen bräuchte es einen verantwortlichen Volljuristen, § 6 II RDG; wenn jedoch Leads generiert werden, scheidet diese Option wegen der Bezahlung dafür aus.

Ohne einen verantwortlichen Makler als Betreiber, und kumulativ mit dem Ziel der Vermittlung, könnten sich damit auch Portale als nicht gesetzeskonform herausstellen. Dies betrifft etwa Vergleichsplattformen inklusive FinTechs, also Modelle die über bezahlte Werbung oder den Verkauf von Kundendaten (Leads) an Makler funktionieren. Makler-Berufsverbände könnten künftig versuchen, derartige Angebote im Internet abzumahnen.

 

Tarifwechsel-Beratung als zulässige Nebenleistung zur Vermittlung an Krankenunterstützungskasse

Krankenunterstützungskassen sind Einrichtungen, die auf ihre tatsächlich erbrachten und in Aussicht gestellten Leistungen formal keinen Rechtsanspruch gewähren. Damit fallen sie nicht unter den Begriff der Versicherung. Ihre Vermittlung ist daher nicht reguliert und bedarf keiner Erlaubnis, weder als Agent, noch als (Handels-)Makler.

So bietet die Unterstützungskasse der Carta Mensch Stiftung Deutschland (UKCM) ihren Agenten sowie Handelsmaklern die Vermittlung von Zusatz-Gesundheitsplänen zur PKV an, mit denen Minderleistungen leistungsschwächerer Tarife oder höhere Selbstbehalte insbesondere auch nach einem Tarifwechsel aufgefangen werden können. Es können dann mit dem Kunden Erfolgshonorare vereinbart werden, die sich auch an der Gesamtersparnis orientieren können. Die Kenntnis der Einspar- und Tarifwechselmöglichkeiten in der PKV ist Voraussetzung der Vermittlung für die UKCM. Damit wird die Beratung zum Tarifwechsel in der PKV zur legalen Nebenleistung der Vermittlung an die UKCM – ein eleganter Weg zur legalen Tarifwechselberatung in der PKV. Zumal der Tarifwechsel durch Auffangen unerwünschter Minderleistungen mittels der Unterstützungskasse erleichtert wird.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.experten.de (veröffentlicht am 21.10.2016)

Link: https://www.experten.de/2016/10/21/tarifwechselmakler-betreiben-verbotene-rechtsberatung-aber-nicht-immer/

und

www.experten.de (veröffentlich im ExpertenReport 10/2016, Seite 62- 64)

Link: http://emag.unipush.de/em/eca120-5af8bb/?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=161011+experten+Report+10%2F16

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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