Die Rürup-Rente – Kunden werden millionenfach falsch beraten

Nachteilige Steuerbelastung im Alter wird nicht erwähnt

Die Rürup-Rente wurde millionenfach als Steuersparmodell verkauft. Ganz selbstverständlich werden dann Ersparnisse durch Bezahlung von Versicherungsprämien in der Ansparphase vom Vermittler bzw. Makler vorgerechnet. Soweit überhaupt eine Dokumentation erstellt wurde, fehlen darin jedoch nicht selten die Nachteile durch Steuerbelastungen im Alter. Die Fehlberatung wird bereits darin liegen können, dass man im Alter meist jeden Cent benötigt und gerade dann jede vermeidbare Steuerbelastung den Lebensstandard spürbar senken wird.

 

Basisrente als Beratungsfalle für Steuersparer

Im Jahr 2015 können bis zu 22.172 Euro Prämienzahlungen in Rürup-Renten zu 80% wie Sonderausgaben abgesetzt werden – wenn man dann im Alter beim Rentenbezug bis zu 100% versteuern darf, sowie ggf. Beiträge an die Krankenversicherung abführen, muss es sich aufdrängen, die Basisrente mit einer klassischen Lebensversicherung (LV) bzw. Rentenversicherung (RV) aus bereits versteuertem Geld zu vergleichen. Wer in Lohn und Brot steht, bringt fällige Steuern leichter auf, als ein Rentner, dem im Zweifel die Altersarmut droht. Bereits im Jahre 2030 werden mehr als ein Drittel der Rentner die Grundsicherungsrente beantragen können, damit ihnen das Existenzminimum zur Verfügung steht.

 

Nachteile der Rürup-Rente vermeidbar

Das durch Prämienzahlung gebildete Vermögen in der Rüruprente darf nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sein (§ 10 EStG). Gesetzlich (§ 851c ZPO) wird für einen Pfändungsschutz u. a. verlangt, dass lediglich eine Rente versprochen wird. In zahlreichen Fällen ist die Basisrente jedoch pfändbar, weil § 851c ZPO nicht in allen Punkten erfüllt ist.

Indes braucht es für einen Pfändungsschutz bzw. Insolvenzschutz lediglich eine passende Gestaltung der Versicherungsverträge – ganz ohne Basisrente – als Maßanzug für die klassische Rentenversicherung: Für den gleichen Pfändungsschutz in der Rentenphase reicht, dass es sich um eine Rente handelt. Für die Ansparphase reicht, dass wegen fehlender Todesfalleistung kein Rückkaufswert ausgezahlt wird. Diese Grundlagen müssten Vermittler beherrschen, wenn sie Fehlberatungen vermeiden wollen.

 

Pfändungsfreiheit privater Altersversorgung auch ohne Basisrente

Bei Einsatz einer klassischen Rentenversicherung kann eine Kapitalleistung vorgesehen werden. Es könne andere Dritte berechtigt werden – nicht nur hinterbliebene Familienangehörige. Es darf auch abgetreten oder verpfändet oder beliehen werden. Damit die Kapitalleistung nicht zu einem festen Bezugszeitpunkt im Voraus gepfändet werden kann, darf sie vom Versicherungsnehmer steuerbar vereinbart sein:

z. B. auf Antrag für den Fall der Heirat, Scheidung, Hausbau, Anschaffung eines Haustiers, Berufsaufgabe, oder wenn man 1 Jahr lang Lotto gespielt hat, ohne 1 Mio. zu gewinnen, und was es nicht alles an Ereignissen geben kann, die kein Gerichtsvollzieher oder Insolvenzverwalter in der Hand hat, um an die Kapitalleistung zu kommen. Zum Maßanzug wird dies, weil es auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden ankommt, und die obergerichtliche Rechtsprechung.

Das ist besser als eine – nur unter der Bedingung des Erreichens eines bestimmten Alters stehende – Kapitalabfindung, falls dieses Kapitalwahlrecht nicht höchstpersönlich, sondern pfändbar sein sollte. Die Anschaffung eines Haushundes hingegen ist eine höchstpersönliche Entscheidung. Es geht darum, das Kapital für die Gläubiger unverwertbar zu machen, aber an das Kapital wieder heranzukommen, wenn es nicht im Voraus gepfändet wurde, was bei Basisrente und Pfändungsschutz nach § 851c ZPO eben gerade nicht möglich ist und einen erheblichen Nachteil darstellt.

 

Optimierung der Versicherungsleistung

Versicherungskunden können hier regelmäßig die Verpflichtung des Vermittlers zum Schadensersatz wegen unvollständiger Beratung durch Feststellungsklage gerichtlich entscheiden lassen. Die genaue Schadenshöhe wird sich erst später zeigen oder ermitteln lassen Bei richtiger Gestaltung ganz ohne Basisrente wird man – etwa wenn Vorauspfändung droht – strikt auf die Rente setzen, oder mit einer unwiderruflichen Begünstigung arbeiten, damit das Ziel der Familienversorgung und die Vermeidung der Altersarmut möglichst gut erreicht wird.

Ein weiterer Gestaltungsansatz sind Sachleistungen zur Ergänzung – nicht nur bei Pflegebedürftigkeit – sowie Naturalleistungen. Wird beispielsweise eine Vertrauensperson begünstigt, kann über diese eine dann nicht mehr versicherungsförmige Vorsorge – auch steuerfrei oder steuerbegünstigt – als Zeichen familiären oder bürgerlichen Engagements dargestellt werden. Während persönliche Dienstleistungen gänzlich unpfändbar sind, könnten Sachleistungen eines Arbeitgebers zum sogenannten Sachbezugswert günstig(er) bewertet werden.

 

Versicherer-Werbung führt in die Irre

Die landläufigen Aussagen zur Pfändungssicherheit der Basis-Rente in der Sparphase alleine wegen der fehlenden Auszahlung eines Rückkaufswertes und aufgrund fehlender Todesfall-Leistung treffen zu – bedeuten jedoch nur eine Halbwahrheit, wenn die Gerichtspraxis und die Gestaltungsalternativen verschwiegen werden.

Denn obwohl vielleicht die Hälfte des angesparten Kapitals reichen würde, um die Gläubiger zu bezahlen, und mithin noch die halbe Altersversorgung verbliebe, laufen bei der Basisrente die Schulden mit Zinsen und Kosten bis Rentenbeginn weiter auf. Ab dann kassieren zunächst einmal die Gläubiger bis zu mehr als 10 Jahre lang sogar bis zur vollen Rente, wenn anderweitig noch etwas pfändungsfreies Einkommen vorliegt.

Das Finanzamt wird die Steuern auf die gepfändeten Beträge trotzdem haben wollen, und sich aus den gezahlten Basisrenten spätestens nach Befriedigung der anderen Gläubiger bedienen. Ob der Basisrentner dann jemals etwas von seinem „pfändungsgeschützten“ Basisrentenkapital wiedersieht, mag davon abhängen, ob er lange genug durchhält. Bei richtiger flexiblerer Gestaltung ohne Basisrente lassen sich solche Folgen vermeiden.

Rürup-Renten erweisen sich bei näherer Betrachtung meist als Unsinn, weil sie unflexibel sind, das Risiko am Ende falscher Steuerbelastungsplanung beinhalten, und weil der gleiche Pfändungsschutz auch mit flexibler gestalteten Renten erreicht werden kann, die sogar steuerliche Vorteile haben können. Dies beruht auf der weitaus günstigeren Ertragsanteilbesteuerung klassischer RV anstatt voller Besteuerung von Rürup-Verträgen, was den nur teilweisen Sonderausgabenabzug ggf. mehr als aufwiegt.

Folglich werden Kunden der Basisrente sich über die Vermittlerhaftung auf Schadenersatz im klaren werden, und daher zunächst mal Klage auf Feststellung des mehr oder weniger wahrscheinlichen späteren Schadens als Rentner erheben können, um Verjährung zu vermeiden.

 

Nachteile von Rürup-Rente und Riester-Rente bei Insolvenz

Der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 12.05.2011, Az. IX ZB 181/10) entschied, dass die für die Einzahlung in „pfändungsgeschützte“ private Altersversorgungsverträge notwendigen Mittel nicht zusätzlich zum normalen Freibetrag bei Pfändung und Insolvenz pfändungsgeschützt sind. Folge ist, dass entsprechende private Verträge nicht mehr bespart werden – die Abschlußkosten einschließlich Provisionen führen dann vielfach faktisch zur Wertlosigkeit solcher Zahlungen für die Vorsorge.

Dem gegenüber wären Pflichtbeiträge, auch solche auf Antrag, zu einem berufsständischen Versorgungswerk oder der Deutschen Rentenversicherung berücksichtigungsfähig, und zwar im Sinne einer Erhöhung des pfändungsgeschützten Einkommens, insbesondere beim Selbständigen. Auch derartige verbreitete Beratungslücken über Gestaltungsalternativen bei der Vermittlung von Riester- und Basisrenten führen geradewegs in die Vermittler- bzw. Beraterhaftung.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.pt-magazin.de (veröffentlicht am 15.02.2016)

Link: http://www.pt-magazin.de/newsartikel/archive/2016/february/15/article/die-ruerup-rente-kunden-werden-millionenfach-falsch-beraten.html

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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