Vertrieb geschlossener Beteiligungen

Die Haftungsgefahren des Vertriebs unterscheiden sich in diesem Bereich schon jeweils nach Kunde (anlegergerechte Beratung), Kapitalanlage (objektgerechte Beratung) bzw. betroffenesm Risiko (Beratung nach Objektprüfung und Risikoanalyse). Darüber hinaus ist, eine Fülle von möglichen Fallen zu beachten.

 

Die neuesten Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) zwingen zur Offenlegung von Provision oder Honorar gegenüber dem Kunden: Dies betrifft geschlossene Beteiligungen ab 15 Prozent Innenprovision bzw. 16 Prozent als Summe aus Innen- und Außenprovision. Was bedeutet es, wenn die Aufklärung des Anlegers darüber und andere Punkte gar nicht oder auf nicht beweisbare Weise erfolgte?

 

Dann kann sich der Anleger später zu Lasten des Vermittlers bzw. Beraters von seiner Beteiligung trennen (Rückabwicklung) und zudem entgangene Anlagezinsen fordern (Schadensersatz). Im Grunde kann der Kapitalanleger sein Anlagerisiko damit auf den Vermittler bzw. Berater verlagern. Er wird aber von dieser Möglichkeit nur dann Gebrauch machen, wenn die Anlage nicht so läuft wie erwartet.

Für den Vermittler oder Berater kann dann das Argument der fehlenden Aufklärung über negative Presseberichterstattung hinzukommen. Auch diese umstrittene Unterlassungssünde kann zur Rückabwicklung führen: Als ungerecht wird dabei empfunden, dass niemand wirklich weiß, welche Medien von den Gerichten hierbei später als „Pflichtlektüre“ herangezogen werden.

Im Grundsatz schuldet der Vermittler dem Kunden keine Beratung, sondern nur Auskunft. Beispielsweise über Risiken, die der Kunde dem Kapitalanlageprospekt entnehmen kann. Voraussetzung ist allerdings stets, dass der Kunde ausreichend Zeit hatte, den Prospekt zu studieren.

Aus Sicht der Gerichte sind ein bis zwei Wochen zwischen Prospektübergabe und Unterzeichnung des Antrages nötig: Wer diese Zeitspanne nicht beachtet, der riskiert, dass sich der Kunde später zu Lasten des Vermittlers von der Kapitalanlage trennen kann.

 

Automatischer Übergang

Allerdings: In der Praxis ist der Vermittler die Ausnahme.

Denn bereits der Einstieg in eine Beratung aus Kundensicht macht den Vermittler im Status zum Berater –  ganz automatisch und ohne besondere vertragliche Vereinbarung. Dies gilt entsprechend, wenn der Vermittler als „Wirtschaftsberatung, Finanzplaner, Consultant etc.“ nach außen auftritt:

Bereits die Firmierung, der Telefonbucheintrag, die Internetseite oder das Briefpapier können zu den weitaus strengeren Pflichten des Beraters führen. Inhaltlich ist zu beachten, dass der Berater nicht nur Auskunft schuldet, sondern auch eine Bewertung des Anlageobjektes (z. B.: Passt das Objekt zum Kunden). EineEmpfehlung darf er erst aussprechen, nachdem er die Produkteigenschaftenanhand des Prospekts (mehr steht ihm meist nicht zur Verfügung) umfassend überprüft und mit den individuellen Gegebenheiten sowie Wünschen des Anlegers abgeglichen hat.

Die Erfahrung zeigt, dass viele Vermittler, ohne dies zu wissen, in die haftungsmäßig wesentlich belastendere Rolle des Anlageberaters geraten. Vor Gericht gezerrt, kann dies bei einem Erfolg des Klägers zur Existenzvernichtung des Vermittlers führen. Deshalb wird Vermittlern empfohlen, mit einer die Haftung begrenzenden Kapitalgesellschaft wie einer GmbH zu arbeiten.

Damit allein ist es jedoch noch nicht getan. Denn hinzu kommen muss noch eine geeignete Verteilung der Rollen als Geschäftsleiter und Gesellschafter sowie ein funktionierendes Haftungsmanagement Somit kann die Kapitalgesellschaft zwar einen gewissen Schutz bieten.

Diese Schutzfunktion versagt freilich schon dann, wenn der Berater auf „persönliches Vertrauen“ setzt und gegenüber dem Anleger als Spezialist oder Experte auftritt. Dann kommt es über das „persönliche Vertrauen“ zu einem übergang in die unbegrenzte persönliche Haftung.

 

Vermögensschaden-Haftpflicht

Zum Schutze des privaten Vermögens sollte der Anlageberater rechtzeitig die Möglichkeiten einer „Asset-Protection“ für sich selbst prüfen. Neben organisatorischen Vorkehrungen (auch mit einer entsprechenden Ausrichtung der Eigentumsverhältnisse) wird in erster Linie die Gesellschaft für Geschäftsführer und Mitarbeiter eine ausreichend hohe Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung (VSH) abzuschließen haben. Die Haftungssumme sollte sich nach dem maximal möglichen Haftungsumfang richten.

 

Prospektgutachten

Üblicherweise steht eine VSH-Deckung bei geschlossenen Beteiligungen nur dann zur Verfügung, wenn der Vertrieb von geschlossenen Fondsbeteiligungen mit einem Prospekt erfolgt, der von einem Wirtschaftsprüfer beanstandungsfrei begutachtet wurde (IdW-Richtlinien S 4).

Darin bestätigt der Wirtschaftsprüfer (WP), dass der Prospekt wahre, vollständige und klare Aussagen zur Beteiligung bis zum Prüfungsdatum enthält. Alle wichtigen Verträge wurden gesichtet. Eine überprüfung der Bonität der Initiatoren und Garanten erfolgte so, dass sich ein Anleger aufgrund der Prospektangaben ein zutreffendes Bild von der Kapitalanlage machen kann.

Für seine Aussagen haftet der seinerseits mit einer VSH-Police abgesicherte, den Prospekt prüfende WP. Fraglich ist nur dessen VSH-Summe, die bei der Begrenzung auf vier Millionen Euro maximal, kaum für eine Beteiligungsofferte mit insgesamt über zwei Millionen Euro (Investitionsvolumen) ausreichen dürfte. Sofern Prospekt und/oder Prospektgutachten fehlerhaft sind, wird der Kapitalanleger auf den Vermittler bzw. Berater zeigen.

Die Gerichte fordern, die Plausibilität zu prüfen. Das WP-Prüfungsgutachten muss vor Abschluss der Beitrittserklärung dem Anleger (und natürlich auch dem Vermittler bzw. Berater) als „sein Exemplar“ vorliegen. Er muss den Inhalt rechtzeitig zur Kenntnis genommen haben. Andernfalls hat es weder für den Anleger noch für den Berater bzw. Vermittler eine Wirkung.

Damit stellt sich auch die Frage, ob die VSH des Anlageberaters in die Haftung einspringt, wenn ein WP-Gutachten zwar rechtzeitig zum Vertriebsbeginn erstellt wurde, dies aber dem Anleger nicht oder nicht rechtzeitig vor Beitritt zugestellt wurde.

 

Haftungsfreistellung

Ein beliebtes Mittel in der Anlagevermittler sind die so genannten „Haftungsfreistellungserklärungen“, die der Initiator seinen Vertriebspartnern ausstellt. Wenn der Vertriebspartner bestimmte Auflagen erfüllt hat, will der Initiator in die Haftung einspringen.

Nur, was passiert, wenn sich die Fondsanteile so massiv entwickeln, dass dies zur Insolvenz bzw. zum Konkurs des Initiators und des Fonds führt? Dann sind diese Freistellungserklärungen völlig wertlos. Fälle wie Falk, GEW, Phoenix oder Securenta/-Göttinger-Gruppe zeigten dies in den letzten Jahren. Ohnedies hat der Berater Hauptpflichten zu erfüllen, die der BGH und die Rechtsprechung mit der überprüfung der Plausibilitäten des Prospektes umschreiben.

Wegen dieser Hauptpflichten muss jeder Anlageberater mit umfassender Kenntnis im rechtlichen, steuerlichen und wirtschaftlichen Bereich arbeiten. Natürlich kann der Berater seine Haftung durch spezielle Kundenvereinbarungen beschränken. Dies muss aber rechtswirksam sein.

Somit gehören im Risikomanagement alle Aspekte bis hin zum Beratungsverzicht auf den Prüfstand. Erst im Haftungsfall mit der Prüfung zu beginnen, wäre zu spät. Dabei darf niemals übersehen werden, dass zahlreiche Anwälte, Professoren, Wirtschaftsprüfer im Vorder- oder Hintergrund des Vertriebs mit „Gefälligkeitsgutachten und Werbeaussagen“ beim Produktabsatz geholfen haben.

Die Regel bei solchen „Experten-Aussagen“: Eine angemessene VSH-Deckung dafür liegt nicht vor. In wirtschaftlichen Fragestellungen ist der Berater trotz der im Prospekt dargestellten Liquiditäts- und Ertragsprognosen auf sich allein gestellt. Eine besonders unrühmliche Rolle spielen dabei oft die bereitgestellten, selten korrekt rechnenden Softwareprogramme für Individualberechnungen erstellen, die alle auf mehr oder weniger unsicheren Zukunftswerten basieren.

Zum Pflichtenkatalog gehört beim Absatz geschlossener Beteiligungen nach der  Rechtsprechung zudem: die Aufklärung über das Totalverlust-Risiko und die Belehrung über die fehlende Fungibilität (allenfalls enger Zweitmarkt zur Liquidierung vor Ablauf).

von Dr. Johannes Fiala und Dipl-Kfm. Edmund J. Ranosch

mit freundlicher Genehmigung von

www.performance-online.de (veröffentlicht in Performance, Ausgabe 01+02/2008, Seiten 92-93)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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