Alternativen zur betrieblichen Altersversorgung statt Versicherungslösungen

– Wenn staatliche Förderung und gesetzliche Vorgaben später zur Renditefalle werden –

 

Zunehmende Zeiten der Beschäftigung im Niedriglohnbereich oder als Hartz-IV-Bezieher vermindern die Aussichten auf das Existenzminimum im Erwerbsleben wie auch später als Rentner. Während eine Geldstrafe das pfändungsfreie Einkommen nicht antasten darf, führen Hartz-Sanktionen zu Einnahmen unterhalb des Existenzminimums und fördern damit insbesondere die Leiharbeit. Nicht nur aus Unkenntnis verzichten viele auf eine Aufstockung ihrer Hungerlöhne durch Hartz IV und wählen lieber, ob sie sich bei der Paketauslieferung etwas zu Essen oder eine Schachtel Zigaretten kaufen sollen, nachdem das Kauen von Kokablättern hierzulande noch verboten ist. Die staatliche Förderung privater und betrieblicher Altersversorgung wird an der Aussicht auf zunehmende Altersarmut kaum etwas ändern, doch wer von seinem geringen Einkommen noch etwas für die Altersvorsorge spart kann sich zumindest heute schon an einen nochmals geringeren Lebensstandard gewöhnen.

 

Rendite-Falle der betrieblichen Altersversorgung

Jeder Vermittler von Steuersparmodellen weiß, dass sich sagenhafte Renditen oft nur darstellen lassen, indem man einige entscheidende Faktoren ausblendet. Bei Schrottimmobilien rechnet man dem Anleger nur die ersten Jahre mit hohen steuerlichen Abschreibungen vor – bei Riesterverträgen unterstellt man jährlich gleichbleibende Zulagen, und bei der betrieblichen Altersversorgung preist man die Sozialversicherungsersparnis ein. Letztere ist jedoch nur für den Arbeitgeber sicher – auf den Mitarbeiter jedoch kommen später allein zu tragende Krankenversicherungsbeiträge zu, die Steuerpflicht in unerkannten Progressionszonen, sowie niedrigere Leistungen insbesondere aus der gesetzlichen Rente. Dies ist wie die Werbung mit der “Schachtel Pralinen zum halben Preis“ – wenn man die Packung aufmacht, ist einfach nur die Hälfte drin.

 

Konsumverzicht bedeutet Sparen

Richtig ist an der staatlichen Lobbyarbeit für Finanzprodukte, dass die seit Jahrzehnten sinkende gesetzliche Altersrente eine private Vorsorge nahe legt. Allerdings ist die Frage, was sich in einem “absoluten” Sinn rechnet, pauschal nicht zu beantworten, denn dies hängt sehr von der individuellen Bewertung ab und dazu lässt sich ohne eine ganz persönliche Bestandsaufnahme nichts raten. Allenfalls zur Frage, was sich “relativ” besser oder schlechter rechnet als etwas anderes, wie z. B. eine  Riester-Rente, Entgeltumwandlung oder besser eine private Altersvorsorge, die nur mit dem Ertragsanteil besteuert und i.d.R. sozialabgabenfrei ausgezahlt wird, lassen sich Hinweise geben, die aber von den individuellen Verhältnissen und künftig sich erst entwickelnden Rahmenbedingungen abhängen. Sowohl pauschale Aussagen dazu wie auch die üblichen Versuche zu persönlichen Berechnungen führen meist in die Irre oder sind für den Fachmann offensichtlich falsch.

 

Sparstrumpf statt Renditewundern

Statt auf renditetreibende Effekte aus diversen Förderungen und Zinseszinseffekten des Kapitalmarktes zu hoffen muss man sich darauf einrichten, dass die Altersvorsorge nicht daraus, sondern letztlich nur aus dem Konsumverzicht aufgebaut wird und die „Zusatzeffekte“ tendenziell nur die Kaufkraft erhalten. Auch die Inflation wirkt nämlich leider genau wie ein Zinseszinseffekt – und was nicht bereits beim Vorsorgesparen versteuert und sozialverbeitragt war, wird es nachgelagert hinterher bei der Rente oder wird mit verminderten gesetzlichen Rentenansprüchen bezahlt. Die Versuche der Lebensversicherer mit Investitionen in die Energiewende einen höheren Ertrag zu erzielen bezahlt der Rentner mit einer höheren Stromrechnung selbst, den erhofften Anstieg der Zinsen auf ihre Investition in deutsche Staatsanleihen hingegen mit Inflationsgefahr und  höheren Steuern, damit der Staat die Zinsen auch bezahlen kann. Letztlich muss damit gerechnet werden, dass netto im Alter gerade nur das an Kaufkraft wieder zurückfließt, was zuvor netto angespart wurde, inflationsbereinigt nicht besser als beim Sparstrumpf.

 

Europäische Unisex-Sozialisierung benachteiligt männliche Versicherte

Die Einführung gleicher Tarife für Männer und Frauen in Europa bedeutet bei männlichen Versicherten in der betrieblichen und privaten Altersversorgung bis zu mehr als 20% geringere Leistungen, trotz geringerer Lebenserwartung. Vermeiden können dies männliche Versicherte und ihre Arbeitgeber beispielsweise durch ein Ausweichen in die Schweiz. Dies hat den Vorteil erhöhter Stabilität des Versicherers dort bereits in Form der als Schweizer Solvenztest umgesetzten Sicherheitsanforderungen analog Solvency II, und bietet die Option auf andere oder verschiedene Währungen – nicht nur Euro – zu setzen. Dieser Weg wird zunehmend bei Einmaleinlagen in Privatrenten, auch bei Kapitalabfindungen für normale und fondsgebundene Rentenversicherungen sowie Ablaufleistungen – und Rückkaufswerte – von Lebensversicherungen gewählt, aber auch für die Abfindung von betrieblicher Altersversorgung (bAV) und Ablaufleistungen von Direktversicherungen.

 

Hervorzuheben ist, dass Vermittler inklusive Makler außen vor bleiben, da sie keine Versicherungen ohne deren Zulassung in Deutschland vermitteln dürfen. Dagegen darf man bei Bedarf zurückgreifen  auf Anwälte, die beim Zustandekommen der Korrespondenzversicherungen in der Schweiz im Mandantenauftrag mitwirken, und auf versicherungsmathematische Sachverständige, um die Verträge zu prüfen und deren von deutschen Angeboten manchmal stärker abweichende Funktionsweise zu erläutern –  weil es schon ein paar fachmännisch zu vermeidende Fallstricke gibt, mit denen man aus Deutschland kommend nicht leicht rechnet.

 

EU-rechtswidrige Unisex-Umgehung durch Kollektivverträge?

Ein hoher Männeranteil (wie im Gruppenversicherungsvertrag mit dem Männergesangsverein) führt zu höheren Renten bei gleichem Beitrag, weil für ein konkretes Kollektiv gerechnet wird und das Kollektiv beispielsweise in der bAV keine Mindestgröße haben muß. Dies bedeutet dann, dass solche Kollektiverträge gegenüber normaler Einzelversicherung nicht nur für Männer günstiger sind, sondern auch noch der normalen Einzelversicherung weitere Männeranteile entziehen, so dass sich Beiträge und Leistungen dort nach Unisex immer mehr an diejenigen der Frauen angleichen.

 

Umgekehrt bedeutet dies, dass den Frauen, die ohnehin schon größere Probleme bei der Erreichung einer ausreichenden Altersrente haben, formal zulässig eine dem Sinn der EU-Forderungen entsprechende geforderte Gleichbehandlung wieder genommen wird. Für Frauen bedeutet dies also, dass Männer sich per Kollektivverträgen aus der Umverteilung per Unisex verabschieden können, und Frauen sowohl in der Einzelversicherung wie in Kollektivverträgen für Branchen und einzelne Unternehmen, in denen sie stark vertreten sind, nur noch dort weitgehend unter sich gleichbehandelt werden.

 

Gestaltungsoption für weibliche Versicherte

Solange dies als formal EU-konform und nicht mit Versicherungsaufsichtsrecht im Widerspruch stehend hingenommen werden muss, sollten Frauen bei der Altersvorsorge darauf achten, dass sie bei einzelnen Versicherern in der Einzelversicherung oder in Kollektivverträgen insbesondere in der bAV mit einem möglichst hohen Männeranteil zusammengefasst werden. Von Arbeitgebern und Versicherern sollten sie dazu Auskunft verlangen, bevor sie sich für eine Altersvorsorgelösung entscheiden. Die Rente für Frauen lässt sich durch Optimierung alleine des Beitritts zu einem bestimmten Kollektiv (Vereinsgruppenversicherung oder Arbeitgeber bzw. Branche) um bis zu mehr als 10 % steigern.

 

Haftung für Vermittler und Arbeitgeber in der bAV

Arbeitgeber machen sich womöglich haftbar, wenn sie selbst bei höherem Frauenanteil durch einen Kollektivvertrag, oder aber durch Beitritt zu einer entsprechend ungünstigen Branchenlösung die Betriebsrente unnötig schmälern, und zwar auch für den geringeren Männeranteil in ihrer Belegschaft. Umgekehrt natürlich haften Arbeitgeber auch bei hohem Männeranteil, wenn sie die Möglichkeiten entsprechend günstiger Kollektivverträge für diese nicht nutzen, oder nicht auf Alternativen im nicht-EWR-Ausland ausweichen. Zudem haften Versicherungsmakler bei Vermittlung von Einzelversicherungen mit ungünstiger Geschlechtszusammensetzung wie auch in der bAV gegenüber dem Arbeitgeber.

 

Gemeinnützigkeit und Wohltätigkeit durch Arbeitgeber – ganz ohne betriebliche Altersversorgung

Selbst bei einem Durchschnittseinkommen des sogenannten Eckrentners – derzeit rund 34.000 EUR Jahresbrutto – und 45 Beitragsjahren in der Deutschen Rentenversicherung dürfen heute Jüngere daraus kaufkraftbereinigt ab Alter 67 nur mit einer Nettorente von monatlich rund 950 Euro rechnen. Für zweistellige Millionen künftiger Rentner erscheint nach der gegenwärtigen Rechtslage als nahezu sicher, daß sie künftig ihr Existenzminimum über eine Grundsicherungsrente erhalten werden. Derzeit werden alle betrieblichen und/oder privaten Zusatzversorgungen, etwa auch Riester- und Basisrente dann schlicht angerechnet, also abgezogen. Da fragt sich der Laie, wozu dann überhaupt noch etwas fürs Alter ansparen? Eine Alternative sind wohltätige Leistungen, ohne Anrechnung auf die Grundsicherungsrente zu organisieren. Arbeitgeber müssen sich fragen, ob nicht eine wohltätige Stiftung für die vermehrten echten Notfälle die bedarfsgerechtere Lösung wäre, was den Versuch zur Vorbeugung durch zusätzliche betriebliche Altersvorsorge nicht ausschließt. Andererseits wäre es fatal zu glauben, dass vorbeugender Brandschutz die Feuerwehr entbehrlich macht.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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