Angestellte Freiberufler sind regelmäßig in der gesetzlichen Rentenversicherung anzumelden

Urteil des Bundessozialgericht in Kassel

Das Bundessozialgericht (Urteile vom 03.04.2014, Az. B 5 RE 13/14 R, B 5 RE 9/14 R und B 5 RE 3/14 R) hat entschieden, dass abhängig beschäftigte Syndikusanwälte keinen Anspruch auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 6 I SGB VI besitzen. Dem Syndikus ist es bereits untersagt, die Geschäftspartner seines Arbeitgebers rechtlich zu beraten, § 46 BRAO. Bei Ausübung des Erstberufes, also etwa als Rechtsanwalt, darf es nicht zur Überschneidung mit Rechtsangelegenheiten aus irgendeinem Zweitberuf – etwa als Syndikus – kommen, § 45 BRAO. Nach dieser Doppelberufstheorie ist jede berufliche Tätigkeit eigenständig bei der Versicherungspflicht zu beurteilen. Ein Syndikusanwalt an sich ist schlicht gar kein Anwalt. Und auch jeder andere Arbeitnehmer darf seinen Arbeitgeber uneingeschränkt rechtlich beraten.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) hat bereits verlautbart, dass „für jede nach dem 31.10.2012 neu aufgenommene versicherungspflichtige Beschäftigung oder versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit ein eigenständiges Befreiungsverfahren durchzuführen” ist. Eine ehrliche Empfehlung zur Gestaltung wäre es, vor der Absendung von Befreiungsanträgen noch drei Rosenkränze zu beten, und in den Anträgen nur das Notwendigste aufzunehmen. Kein Oberarzt muss etwa mitteilen, dass die neuen Untergebenen zu 50% mit Registratur- und Übersetzungsarbeiten seiner Gutachten beschäftigt werden.

Kanzlei des Rechtsbeistandes nur pro forma

Eine Befreiung von der Versicherungspflicht bei der DRV kommt jedoch weiterhin in Frage, wenn ein Rechtsanwalt, Steuerberater oder Arzt bei einem Kollegen „unabhängig und weisungsfrei” beschäftigt ist. Jahrzehntelang bekamen Berufseinsteiger den Tipp, eine Zulassung bei der Berufskammer zu beantragen, allein um Pflichtmitglied im berufsständischen Versorgungswerk zu werden. Als Kanzlei genügt schätzungsweise jedem vierten Rechtsbeistand die Erreichbarkeit über ein Handy sowie ein Klingelschild, auch ohne Berufsangabe. Die Versorgungskammer wurde als rentablere kapitalgedeckte Altersversorgung empfohlen. Nur wenige Kammerberufler haben etwa zur Risikostreuung gleichwohl freiwillige Beiträge an die DRV entrichtet. Viele glauben gar, die Rente vom Versorgungswerk würde künftig noch die Sicherung des Lebensstandards bieten können.

Kapitaldeckung oder Umlageverfahren 

Bei einzelnen Versorgungskammern wurde über Kapitalanlageverluste durch die Finanzkrise oder Rentenauszahlung auch aus der Kapitalsubstanz berichtet. Aktuell klagt das Pflichtmitglied einer Anwalts- und Steuerberaterversorgung, weil im Zuge der Rentenreform 2000/2001 die Riesterförderung für Pflichtmitglieder berufsständischer Versorgungskammern nicht auch eingeführt wurde (Bundesfinanzhof, Az. X R 11/13). Dass Riesterzulagen statistisch regelmäßig als Steuern in der Rentenphase wieder abgeschöpft werden, und die erwartbare Rendite damit real netto auch wegen des Niedrigzinsniveaus auf den Kapitalmärkten allenfalls um die null Prozent liegt, hat sich offenbar noch nicht herumgesprochen. Dies nach dem Motto „sage dem Deutschen er könne 1 Euro Steuerförderung durch Zulagen erhalten – und erschenkt Dir glatt 2 Euro und mehr”.

Meldepflicht für Arbeitgeber

Arbeitgeber müssen nun auch angestellte Freiberufler bei der DRV anmelden, und nötigenfalls einen Antrag auf Feststellung des Status stellen. Angestellte Rechtsbeistände, Steuerberater und Ärzte könnten auch abwarten, denn für Lohnabrechnungszeiträume die länger als drei Monate zurück liegen, haftet der Arbeitgeber regelmäßig allein – eine Option nachträglich die eigene Altersversorgung ohne persönlichen Sparbeitrag noch etwas aufzubessern. Auch vielen gewerblichen Selbständigen fällt erst bei ihrer Kündigung ein, dass sie eigentlich nur scheinselbständig waren.

Bei den rund 90 Versorgungswerken gibt es unterschiedliche Regelungen in den Satzungen, so dass vielfach auf Antrag nicht nur niedrigere Beiträge möglich sind. Bisweilen kann auch eine Beitragsfreiheit bestehen oder erreicht werden, insbesondere aufgrund fristgebundener Anträge, etwa auch bei der DRV auf Pflichtversicherung.

Selbständige müssen sich selbst bei der Rentenversicherung anmelden

Arbeitnehmerähnliche Selbständige trifft die persönliche Pflicht zur Anmeldung bei der DRV, einschließlich eigener Beitragsentrichtung. Viele Selbständige wissen aber gar nicht um ihre gesetzliche Rentenversicherungspflicht.

So beklagte sich eine selbständige Hebamme kürzlich, dass die keine Riesterzulagen erhalten könne, weil sie nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sei. Sie erfuhr dann als gute Nachricht zunächst, dass sie Anspruch auf Riesterförderung habe, weil es dafür nicht auf die Frage der Mitgliedschaft in der Rentenversicherung ankomme, sondern nur auf die Versicherungspflicht in de gesetzlichen Rentenversicherung. Und die bestehe, weil alle selbständigen Hebammen laut Gesetz rentenversicherungspflichtig sind. Die schlechte Nachricht war, dass sie daher auch die bisher hinterzogenen Rentenversicherungsbeiträge nachzahlen muss.

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

mit freundlicher Genehmigung von

http://www.der-bau-unternehmer.de/ (Der BauUnternehmer, Ausgabe Juli 2014)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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