Austrocknung der Lebensversicherung – zu wenig Anlagemöglichkeiten für zu viel Geld

– Warum die Lebensversicherung als Kapitalsammelstelle sich überlebt hat –

 

Wim Duisenberg, Ex-Präsident der EZB, auf die Frage, wie er sein Geld anlegt:

„Ich persönlich bin in der glücklichen Lage, keine Reserven zu haben.“

 

Statistisch besitzen bis zu mehr als 80 Millionen Bundesbürger mehr als eine Lebensversicherung. Dieses Vermögen hat sich real vielleicht bis zu mehr als halbiert, seit Ankündigung des
Euro durch die Einführung des ECU in den 90er-Jahren. Die Versicherungskunden bemerken es spätestens, wenn sie nur einen Bruchteil dessen ausbezahlt bekommen, was ihnen bei Vertragsabschluss vom Versicherer oft beschönigend vorgerechnet wurde. Einige Kunden wissen, dass der bisweilen ewig möglich Widerruf des Vertrages bis zu mehr als die doppelte Auszahlung vom Versicherer bedeutet.

 

Globale Investoren verdrängen Versicherer

Versicherer erwarten höhere Renditen als globale Investoren, die für Anlagen mehr Geld bieten, weil sie auch mit geringeren Renditen zufrieden sind. Damit werden Versicherer entweder von
allen Kapitalmarktbereichen verdrängt, müssen sich an niedrigere Renditen gewöhnen oder ein höheres Risiko bei ihren Anlagen akzeptieren – was sie mit Stresstests und Solvency II in Konflikt bringt. Zitiert man Versicherungsvorstände oder Geschäftsleiter von Versorgungswerken etwa mit den früheren Worten „Hurra, die Hypo-Alpe-Adria hat uns wieder über 5% Rendite beschert“ heute, bleibt ihnen das Lachen im Halse stecken – diese Bank ist pleite, es gab erstmals einen gesetzlichen Totalausfall der Tilgung. Hinzu kommt, dass seit geraumer Zeit auch deutsche Staatsanleihen derartigen Haircut in den Anleihebedingungen eingebaut bekommen haben, natürlich nur vorsichtshalber.

 

Hätten einzelne Versicherer bei ihren Investments auf den IWF gehört, der für Griechenland einst 5% Wachstum prognostizierte, wären diese einem Irrtum aufgesessen, weil es dies in der EU in keinem Land in den letzten zwei Jahrzehnten gegeben hat. Vielleicht wurde Inkasso-Kompetenz mit Investment-Kompetenz verwechselt?

 

Garantiert Null-Rendite als Werbeargument

Lebensversicherungen haben durchaus zur Kapitalanlage etwas für sich, noch mehr die Rentenversicherungen. Denn sie können nach 30 Jahren garantieren, dass der Kunde – natürlich noch ganz
ohne Inflationsausgleich – seine Beiträge zurückbekommt – bei Rentenversicherungen gar schon nach 25 Jahren, wenn er denn so lange lebt. Dies bietet kein Aktienfonds, denn hier kann es zu einem Verlust kommen. Dazu kommt eine Chance auf mehr – bei manchen Produkten eher nach der Art, aus eventuellen Überschüssen dem Kunden einen Lottoschein zu kaufen.

Das Vorbild des modernen Altersvorsorgesparers ist das Eichhörnchen. Es vergräbt im Herbst seine Nüsse, und findet im Winter freudig die Hälfte davon wieder – die andere Hälfte hat es vergessen. Eine Alternative dazu hat es nicht, wenn es im Winter nicht verhungern will.

 

Deutsche Bundesbank negiert Niedrigzins-Politik

Die Ursache der Niedrigzinsen sei nicht die EZB, meinte der Bundesbank-Präsident, sondern liege in Wachstumsschwäche und niedrigen Inflationsraten, was wiederum mit der demografischen Entwicklung weltweit in den Industrienationen zusammenhängt.

Richtig daran ist, dass es zu viel Geld gibt und zu wenige Anlagemöglichkeiten. Inflation gibt es nicht, weil das Geld in die verbliebenen Anlagen geht, und diese (Aktien, Immobilien, auch Rentenpapiere) “inflationär” immer teurer werden, was die Rendite gegen Null treibt, nicht aber in den Konsum.

Die Politik der EZB, durch lockere Geldpolitik das Wachstum zu fördern und die Inflation nach oben zu bringen, ist also folgerichtig, damit auch die Zinsen wieder steigen. Auch ein Fass ohne Boden kann man füllen, indem man so viel Wasser hineingießt, dass auch das ganze Umland über den oberen Fassrand hinaus überschwemmt wird. In der Wirtschaft kam dieses Geld jedoch kaum an, sondern eher in Casino-Abteilungen der Investmentbanken und Hedgefonds.

 

Märchen vom demographischen Wandel

Unzutreffend ist dabei das Märchen vom demographischen Wandel, denn bald zwei Jahrzehnte wurden die Löhne real nicht gesteigert, sondern die Wohlstandsmehrung durch Export ins Ausland befördert – quasi auf Kredit ohne Aussicht auf Rückzahlung durch die GIIPS-Staaten von den Deutschen verschenkt. Die Arbeitnehmer bekamen kaum einen Anteil an der Steigerung der Produktivität durch Lohnsteigerungen und zur Konsumförderung, sowie für die Rente. Die Quasi-Verdoppelung der GKV-Beiträge für Rentner (in 2004), die Quasi-Vervielfachung der Bemessungsgrundlage für die Rentenbesteuerung (ab 2005) und die Absenkung der staatlichen Rente werden binnen 15 Jahren bis zu mehr als 50% der Rentner zwingen zum Sozialamt zu gehen.

Während der Deutsche Michel sich naiv freute, Export-Weltmeister zu sein, bemerkte er nicht, dass er heute bis zu mehr als 25 TEUR pro Kopf an Staatsschulden und Haftungen übernommen hat für Geld, das man als „Rettungspolitik“ bezeichnete, aber zu rund 90% nur Verluste aus Spekulationsgeschäften der Kreditinstitute ausgleichen durfte und für Sanierungsversuche überschuldeter Staaten zur Verfügung stand. Solche großzügigen Geschenke führen auf dem Papier zur Sanierung privater Kapitalanleger, denn die GIIPS-Staatsschulden wurden dann von den „Institutionen“ trotz teilweise dubioser Sicherheiten übernommen, zu Lasten der Steuerzahler. Die gute Nachricht daran ist, dass Staatsschulden sowieso niemals zurück bezahlt werden – die schlechte Nachricht ist, dass damit die Zinsen dauerhaft gegen Null tendieren müssen, damit die Haushaltslast minimiert wird für die Staaten. Damit bleiben auf Dauer die Kapitalerträge der Versicherer hinter den Verwaltungskosten zurück – ein offenbar sicheres Verlustgeschäft für bis zu mehr als 80 Mio. Sparer.

 

Unternehmensgründungen 1870 – 1880 sind bis heute meist erfolgreich

Erfolgreiche Kapitalanleger fragen, wer als nächstes den Markt durch Verdrängung verlässt. Bürger hingegen fragen, ob es Alternativen gibt, die so bequem sind wie etwa Lebensversicherungen? Die Antwort lautet, ja – aber ohne Kompetenz für Auswahl und Beobachtung geht es niemals, selbst wenn man sich Kapitalanlagen mit kleinen Einzahlungsmöglichkeiten zuwendet, die kein Vermittler im Angebot hat und bis zu mehr als 4% Rendite noch heute versprechen, beispielsweise bei Bierherstellern, Immobilienanbietern, Energieversorgern und sogar in der Kreditwirtschaft.

So kann der Interessierte Berater finden, die ihm den Weg zum direkten Leibrentenkauf bei Investoren, Kommunen oder Stiftungen weisen. Die Ausschaltung der Lebensversicherung als „Zwischenhändler“ für das Kapital schaltet auch Kosten und Gewinnmargen über mehrere Ebenen aus, die das Kapital sonst durchlaufen müsste. Folge sind deutlich höhere Renten für das gleiche Geld, zudem für Männer die Vermeidung der ungünstigen geschlechtsunabhängigen „Unisex“-Kalkulation.

 

Privatisierung der Rente statt Sozialstaat ?

Die Griechen bezahlten früher – vor 2500 Jahren – in Silber, als Recheneinheit. Des einen Schulden sind des anderen Vermögen – beides ist stets gleich hoch, weshalb eine Gesamtgesellschaft nicht sparen kann – aber den Wohlstand exportieren. Zukunftsvorsorge bedeutet heute zu investieren, um später zu deinvestieren. Wenn dann die Bürger sparen etwa wegen der Bedrohung durch Hartz-IV, die Unternehmen sparen weil es eine Überproduktion gibt und der Export nicht ausreicht, und auch noch der Staat wegen des Dogmas der Austerität spart, dann muss man das Geld ins Ausland exportieren, etwa in die GIIPS-Staaten. Für Deutschland bewirkte dies allein 2006-2012 rund 600 Mrd. Euro ins Ausland „verschenktes“ Geld, das offenbar niemals zurück bezahlt werden wird.

Konkret: Deutschland lässt die Griechen Geld drucken, hergestellt vielleicht bei „Devrient & Giesecke“, angeschrieben bei der EZB, welches dafür benutzt wird Waffen bei deutschen Konzernen einzukaufen, auf Kredit also. Die NATO taktet so etwas wohl auch ein. Dann gibt es noch ein paar Korruptionsanklagen. Aber am Ende zahlt auch der deutsche Steuerzahler für sein Exportwunder, der Steuerzahler finanziert Rüstung und Banken. Stattdessen hätte man in beiden Ländern die Steuern vielleicht bis zu halbieren können?

Und dies natürlich nur auf der Basis einer Nachfrage im Inland, quasi im Sinne eines Nationalismus durch Lohnsteigerungen, anstatt das Geld über „Institutionen“ an das Ausland faktisch zu verschenken, sowie überwiegend zur sogenannten „Rettungspolitik“. Der Kapitalismus lebt von Lohnsteigerungen gemäß Produktivitätszuwächsen und nicht von Hartz-IV. Deutschland besitzt eine Investitionslücke p.a. von rund 75 Mrd. Euro, und hat sich zum EU-Billiglohnland entwickelt. Da können auch Lebensversicherer keine Renditeaussicht erwarten. Massenhafter Konkurs der Lebensversicherer scheint langfristig vorprogrammiert, bisher ohne echte Gegenwehr der Branche.

 

Deutschland als Verlierer – und die Lebensversicherung?

Die deutschen Exportüberschüsse sind derzeit ein Kunstwerk, allein durch den Euro. Wer mag da noch in den Euro investieren? Wenn der Euro scheitert, trifft es nicht nur Zypern und Griechenland, sondern auch die „Geberländer“. Die bis zu mehr als 80 Millionen Kapitalanleger bei Lebensversicherungen werden überlegen müssen, welche Alternativen es gibt? Bitter daran ist, dass man sich selbst darum kümmern muss, ganz provisionsfrei, aber bestenfalls mit guten Beratern.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A Schramm

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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