Betriebliche Altersversorgung: BGH gewährt Pfändungsschutz unterhalb des Sozialhilfeniveaus

– Welche monatliche Rente der Gesetzgeber für Selbständige vor Zwangsvollstreckung schützt –

 

Der Gesetzgeber hat seit 2007 den Selbständigen erstmalig gestattet, bei Versicherungsgesellschaften ein Vermögen in Höhe von bis zu 238.000 Euro vor Pfändung geschützt zur Altersvorsorge aufzubauen. Pfändungsgeschützt ist – nach Lebensalter gestaffelt – jedoch keinesfalls jederzeit die volle Einzahlung von steuerlich wie Sonderausgaben absetzbaren 20.000 Euro. Bisher wurde dieser Schutz durch § 851c Zivilprozessordnung (ZPO) nur auf den Bereich der privaten Altersvorsorge angewendet.

 

Die Rente ist sicher – neuerdings auch für GmbH-Geschäftsführer

Durch eine neue Entscheidung des Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 22.08.2012, Az. VII ZB 2/11) wurde der Pfändungsschutz auch auf die betriebliche Altersversorgung ausgeweitet. Voraussetzungen sind, dass der Begünstigte namentlich als versicherte Person vom Arbeitgeber im Vertrag mit dem Versicherer bezeichnet wurde. Weitere Voraussetzung ist, dass es bei diesem Vertrag kein Kapitalwahlrecht gibt, und die künftige Versicherungsleistung wirksam verpfändet wurde. Neu ist nach der Entscheidung des BGH, dass der Schutz des § 851c ZPO nicht voraussetzt, dass der Versorgungsberechtigte auch Versicherungsnehmer ist – es genügt Pfandgläubiger zu sein.

 

Liegt die pfändungsgeschützte Rente sicher unter der gesetzlichen Grundsicherungsrente?

Geht man davon aus, dass der künftige Rentner die geschützten 238.000 Euro bereits inklusive Zinserträge voll anspart, mit 65 Jahren in Rente geht, ergibt dies monatlich eine Rente von ca. 900  Euro. Bei dieser optimistischen Zahl werden jedoch Äpfel mit Birnen verglichen, weil zwischen Einzahlung und Renten Jahrzehnte liegen und zwischenzeitlich die Inflation stetig an der Kaufkraft nagt. Bei nur 2 % Inflation entsprechen 900 EUR Monatsrente, die in 25 Jahren für weitere 30 Jahre Lebenserwartung gezahlt werden, nur noch einer heutigen Kaufkraft von rund 400 EUR.

 

Reicht die bisher geplante Zusatzrente für Selbständige als Grundsicherung?

Bereits etwa jeder Dritte der rund 4,3 Millionen Selbständigen ist Zwangsmitglied in berufsständischen Versorgungswerken. Für die anderen, bisher nicht Pflichtversicherten ist geplant, daß diese mit monatlich bis zu 250 Euro für die Altersrente vorsorgen sollen.

 

Diese Selbständigen sollen nur 10 Prozent von bis zu ca. 2.500 Euro sparen müssen, also 250 Euro monatlich. Das ergibt auf 40 Berufsjahre ein angespartes Kapital in Höhe von 120.000 EUR. Die Regierung träumt davon, daß damit eine Rente auf Grundsicherungsniveau finanziert werden könne. Inflationsbereinigt wären es aber inklusive Zinsen und inklusive Dynamisierung der 250 EUR monatlichen Sparrate am Ende maximal nur rund 300 EUR monatlich nach heutigem Kaufkraftwert. Erforderlich für eine Grundsicherung wären hingegen rund 625 EUR mtl., also 21 Prozent monatlicher Sparrate. Selbst bei 21% bleiben aber alle unterhalb der Höchstbemessungsgrenze von 2500 Euro weiterhin unterhalb der Grundsicherung – und über eine Million Selbständige verdienen weniger als 1.500 EUR monatlich. Man müsste den Selbständigen mindestens 21 % und nicht nur 10 % dafür (zwangsweise) abnehmen, will man das Ziel annähernd erreichen, dass sie knapp über dem Niveau der Hilfebedürftigkeit bleiben. Mit knapp 6 EUR täglich für Lebensmittel müsste man dann aber schon auskommen.

 

Die Mär vom demographischen Wandel: Sparquote nach Einkommensverteilung

Wer in 40 Berufsjahren ein Drittel des Einkommens spart, kann damit in 20 Rentenjahren sein durchschnittliches Netto-Einkommensniveau kaufkraftbereinigt in etwa erhalten. Dies bedeutet, dass man dieses Ziel nicht mit üblichen rund 20% Rentenversicherungsbeiträgen, noch dazu gedeckelt durch eine Beitragsbemessungsgrenze, erreichen kann. Dem Ziel kommt man näher, wenn man die durchschnittliche Sparrate von ca. 11 Prozent hinzuaddiert. Allerdings können größere Teile der Bevölkerung, beispielsweise die etwa 25% jener, die im Niedriglohnsektor arbeiten, gar nichts mehr sparen. Von daher steht zu befürchten, dass auch durch die Absenkung der gesetzlichen Rente, sowie die Abkoppelung der Lohnentwicklung vom Produktivitätsfortschritt und vom sogenannten Exportwunder sich in weit größerem Umfang eine Altersarmut entwickeln wird, als von der Politik bisher betrachtet. Mit Demographie hat dies natürlich rein gar nichts zu tun, denn schon immer wurden die Rentner – ebenso wie Kinder, Arbeitslose, Berufsunfähige und Politiker – durch Teilhabe an Lohnsteigerung und Produktivitätsfortschritt mitfinanziert. Solange bei einem Bevölkerungsrückgang das reale Bruttosozialprodukt nicht noch stärker als dieser zurückgeht, kann man dieses auch so umverteilen, dass sich niemand einschränken muss, egal wie stark der Rentneranteil zunimmt. Erst das Abkoppeln der Löhne von den Steigerungen der Produktivität, und damit eine faktisch reale Absenkung der Beiträge zur Altersversorgung, machten Deutschland zum Exportweltmeister, Billiglohnland und mit Aussicht auf massenhafte Altersarmut –  mit faktischer künftiger Einheitsrente auf Sozialhilfeniveau für viele Betroffene.

 

von Dr. Johannes Fiala

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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