Familienrecht: Änderungen im Versorgungsausgleich

Die Strukturreform des Versorgungsausgleichs

Während über die beabsichtigten Änderungen des Unterhaltsrechtes zum 1.1.2008 schon vor der Verabschiedung des nun geltenden Rechtes ausgiebig berichtete wurde, sind weitere familienrechtliche Reformen relativ unbemerkt geblieben. Der Strukturwandel in den letzten Jahrzehnten wirkt sich jedoch nicht nur im Unterhaltsrecht aus, sondern erstreckt sich zum Beispiel auch auf die Rentenversorgung.

Altersvorsorge der Deutschen stark im Wandel begriffen

Obwohl uns Norbert Blüm noch 2002 versicherte, die Rente wäre sicher, waren längst auch Angestellte dazu übergegangen, Zusatzrenten abzuschließen. Durch die staatliche Unterstützung dieser Versicherungen – egal ob Riester- oder Rürup-Rente – hat sich die Altersvorsorge der Deutschen gewandelt. Dieser Wandlung wird das alte System nicht mehr gerecht. Das bislang geltende Recht über den Versorgungsausgleich sah den Einmalausgleich aller Versorgungsanwartschaften nach Erstellung einer Gesamtbilanz vor.

Während bei einer Ehescheidung 1988 zum Beispiel meist ausschließlich Versorgungsanwartschaften bei der BfA auszugleichen waren, hat sich die Situation nun grundlegend geändert. Will heute eine Frau die Scheidung durchführen lassen, die schon vor der Wiedervereinigung Versorgungsanwartschaften in der damaligen DDR erworben, deren Mann eine Betriebsrente bei einem Unternehmen und eine Zusatzversorgung über einen Rentenversicherung mit Kapital-Wahlrecht abgeschlossen hat, so gestaltet sich bereits die Erstellung der Gesamtbilanz schwierig. Denn die Werthaltigkeit der unterschiedlichen Anwartschaftsrechte ist zueinander in Relation zu setzen.

Was sind die Versorgungsanwartschaften aus der DDR wert im Verhältnis zu den Anwartschaften bei der BfA? Ist zwischenzeitlich die Betriebsrente höher anzusetzen als die gesetzliche Rente? Wenn eine Rentenversicherung mit Wahlrecht abgeschlossen wurde, könnte das doch ein Vermögenswert sein – dann wäre ein finanzieller Ausgleich im Zugewinn durchzuführen? Weitgehend unbemerkt häufen sich die höchstrichterlichen Urteile, die die Unwirksamkeit der Bewertungen oder Berechnungen von Rentenanwartschaften feststellen. Liegt ein solcher Fall vor, kann der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt werden.

 

• Die Barwertverordnung, die die Vergleichsberechnung volldynamischer und dynamischer Anwartschaften ermöglichen sollte, wurde bereits am 5.9.2001 vom BGH (Az.: XII ZB 121/99) als nicht mehr geeignet angesehen, einen angemessenen Versorgungsausgleich durchzuführen. Die Barwertverordnung beruhe „in der Tat auf – überholten – Annahmen über biometrische Grundwahrscheinlichkeiten (Sterbens- und Invalidisierungswahrscheinlichkeiten), die aus demographischem Material aus den Jahren 1920 bis 1940 gewonnen sind“. Der Gesetzgeber wurde aufgefordert, die BarwertVO bis Ende 2002 an die geänderten tatsächlichen Verhältnisse anzupassen. Die neue Barwertverordnung wurde vereinzelt von den Gerichten für unwirksam gehalten, so z.B. OLG Oldenburg Beschluß vom 28.7.2006, 11 UF 61/06.

• Regelmäßig wird auch ein Verfahren über den Versorgungsausgleich aus dem Scheidungsverbund abgetrennt, wenn ein Ehegatte Versorgungsanwartschaften aus der DDR erworben hat. Die Bewertung der Versorgungsanwartschaften ist noch nicht geregelt.

• Der BGH hat mit seinem Urteil (Az.: IV ZR 74/06) zudem die Ermittlung der sog. Startgutschrift für fehlerhaft angesehen. Hierbei handelt es sich um einen Bewertungsfaktor, der die Grundlage der Ermittlung der Rentenanwartschaften im öffentlichen Dienst darstellt.

 

Am 21.5.2008 hat das Bundeskabinett das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs beschlossen. Statt der externen Teilung der Versorgungsanwartschaften soll nun der Versorgungsausgleich intern, das heißt innerhalb des jeweiligen Versorgungsträgers durchgeführt werden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass bei oben geschilderter Fallkonstellation die Betriebsrente nicht nur an ihren ehemaligen Angestellten, sondern auch anteilig an dessen geschiedene Ehefrau zu zahlen wäre. Damit entfällt die Verhältnismäßigkeitsprüfung der unterschiedlichen Rentenanwartschaften zueinander – den Aufwand tragen die Versorgungsträger bei Auszahlung der Renten an zwei Rentner.

 

 

von Dr. Johannes Fiala und RAin Gabriele Jodl

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.landpost.de (veröffentlicht in Landpost, Ausgabe 33/2008, Seite 25)

und

www.nailandbodyprofessionell.de  (veröffentlicht in Nail & Body; Ausgabe  12.2008, Seiten 35-36 unter der Überschrift: Strukturreform des Versorgungsausgleichs)

und

www.der-bau-unternehmer.de (veröffentlicht in Der Bauunternehmer , Ausgabe August/September 2008, Seite 6, unter der Überschrift: Unbemerkte Änderungen im Familienrecht)

und

www.halstenbeker-magazin.de (veröffentlicht im Halstenbeker Magazin, Ausgabe 09/2008, Seite 28 unter der Überschrift: Änderungen im Familienrecht)

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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