Gesetz zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte (LVRG)

– Warum Lebensversicherungen kollektiv funktionieren  –

 

Das neue Gesetz zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte (Lebensversicherungsreformgesetz – LVRG) führt zu spürbaren Leistungs-kürzungen bei den Versicherungskunden und soll die Risikotragfähigkeit der Versicherer stärken. Schon bisher standen den Lebensversicherern bis zu mehr als anderthalb Dutzend Möglichkeiten offen, die Leistungen herab zu setzen – zu Lasten des beim Versicherer durch den Versicherungskunden gebildeten Vermögens.

Lebensversicherungen sind keine individuelle Kapitalanlage

Lebensversicherte und wer einer werden will, sollten zur Kenntnis nehmen, dass Lebensversicherungen kollektiv funktionieren. Die Beiträge gehören bis zur Zahlung ihm, danach dem Kollektiv beim Versicherer.

Was Kollektiv heißt, muss man sich klarmachen – schön wäre es, wenn die Lebensversicherten auch ein Kollektivbewusstsein entwickeln würden. Z. B. hat Lenin eines bei den Bauern entwickelt, indem er ihnen die Vorräte weggenommen hat und an die Arbeiter in Moskau und die Soldaten verteilt hat.

Manche haben nicht verstanden, dass man ihnen in einem Kollektiv nichts wegnimmt, weil ihnen ja gar nichts gehört, und meinten, dem Kollektiv etwas vorenthalten zu können. Das Kollektivbewusstsein hat sich aber angereichert, indem solche ohne Kollektivbewusstsein erschossen wurden.

Streichung der Bewertungsreserven dient der Sanierung des Kollektivs

Leistungskürzungen, wie der durch das LVRG nicht mehr gegebene Rechtsanspruch auf Beteiligung an den Kursgewinnen bei Rentenpapieren, führt nur zu einer Umverteilung im Kollektiv hinsichtlich künftiger Ansprüche der Versicherungsnehmer, denn wer bis zum Inkrafttreten des LVRG nicht gekündigt hatte, oder dessen Vertrag vorher auslief, hatte noch keinen werthaltigen Anspruch auf Bewertungsreserven, den er hätte verlieren können.

Es wäre eine Fehlvorstellung, zu glauben, dass der Gesetzgeber einem Lebensversicherten etwas wegnimmt. Denn keinem nimmt man etwas weg, was ihm gehören würde. Das sagt auch der Finanzausschuss ganz klar:

“Die öffentliche Anhörung habe deutlich gezeigt, dass es nicht der Fall sei, dass den Versicherten durch die im Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen etwas weggenommen werde. Vielmehr seien Lebensversicherungen Kollektivangelegenheiten, und es gehe darum, dieses Kollektiv zu schützen. Das habe auch etwas mit Solidarität zu tun.”

Versicherungsvertrieb häufig ohne Aufklärung des Kollektivgedankens

Das Kollektivbewusstsein unter den Lebensversicherten wird sich von selbst verbessern, wenn diejenigen, denen Solidarität im Kollektiv nicht passt, entweder keine Lebensversicherung abschließen oder kündigen. Man kann aber auch für den Kollektivgedanken werben und das Kollektivbewusstsein stärken. Denn es hat ja auch seine Vorteile, wenn keinem etwas und allen gemeinsam alles gehört.

Dem Versicherungsvertrieb ist aber vielfach nicht klar, dass unzureichend aufgeklärte Kunden später Rückabwicklung verlangen oder kündigen. Wenn heute schon bis zu mehr als drei von vier langlaufenden Lebensversicherungen vorzeitig gekündigt werden, bekommt die Branche einen unnötig schlechten Ruf, wenn dies auf fehlerhafter Beratung über die angebliche quasi individuelle Kapitalanlage in einer Lebens- oder Rentenversicherung beruht. Denn die eigentliche Stärke der Lebensversicherung beruht eben auch darin, dass die Kapitalanlage kollektiv bis zu generationsübergreifend erfolgt – diese Vorteile lassen sich einem durchschnittlichen Kunden durchaus vermitteln.

Niedrigzinsphase und künftige Steuerpflicht nicht von Lebensversicherern verursacht

Die Niedrigzinsphase soll auf Jahrzehnte dauerhaft bleiben – sie begann mit Ankündigung der Einführung des Euro. Es ist seit Jahren zu beobachten, dass bei Kündigung und manchmal auch noch bei regulärem Vertragsablauf zunehmend häufiger die Prämieneinzahlungen höher waren, als die Leistungen des Lebensversicherers. Die scheinbare Mühelosigkeit für den Kunden hat ihren Preis, indem je Versicherer höchst unterschiedlich hohe Abschluss-, Risiko- und Verwaltungskosten anfallen. Künftig soll auch die Auszahlung der Lebensversicherung nach einem Verkauf bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht mehr steuerfrei sein.

Bei Kündigung erfolgt regelmäßig ein Stornoabzug, als ausdrücklicher Ausgleich, weil der Kündiger das verbleibende Kollektiv schädigt und es durch den Stornoabzug schadlos stellen soll. Diesen hat bei vielen Verträgen zwar der BGH untersagt – doch darüber sind sich die meisten Versicherungsmathematiker einig: Dabei handelt es sich um „Urteile gegen das Kollektiv”.

Wenn die Prämienzahlungen höher liegen als die Auszahlung, hilft zur Beurteilung der Wertsteigerung der Vergleich mit anderen kapitalgedeckten Anlageformen. Dort kann man Verluste realisieren und trägt dieses Risiko selbst – in der Lebensversicherung aber erhält man Garantien, selbst wenn diese nur auf die eingezahlten Beiträge gehen.

Dafür darf man aber auch nicht erwarten, voll an Wertsteigerungen teilzunehmen – es findet nun einmal auch hier bei der Kapitalanlage ein Ausgleich im Kollektiv über Generationen und Jahrzehnte hinweg statt.

Soweit die Realverzinsung durch vielleicht nur gefühlte Inflation oder Deflation beeinflusst ist, liegt diese nicht in der Hand der Lebensversicherer. Über offene und versteckte Kosten aufzuklären, ist indes eine Aufgabe des Vermittlers, der dies nach dem LVRG nun auch zu dokumentieren hat.

Wer das meiste aus seiner Lebensversicherung herausholen will, muss wissen, dass er damit gegen das Kollektiv spekuliert. Dies kann von Seiten des Versicherers nicht gefördert werden – nicht umsonst bewahren sich Lebensversicherer daher eine gewisse Intransparenz. Mit Hilfe von versicherungsmathematischen Sachverständigen kann man zwar hoffen, seinen eigenen Vorteil zu Lasten des Kollektivs zu optimieren – vorzuziehen ist aber stets die Einsicht, dass in einem Kollektiv Solidarität die richtige Verhaltensweise ist.

von Dr. Johannes Fiala und Peter A. Schramm

mit freundlicher Genehmigung von

www.network-karriere.com (Ausgabe Dezember 2014)

und

www.innovationundtechnik.de (Ausgabe Heft 9, September 2014)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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