IDD: (An-)Füttern verboten – Rabatte nach Gutsherrenart

Die IDD-Gesetzesänderung ermöglicht Rabattvergabe für Versicherungen – und Vertriebssteuerung nach Gutsherrenart. Warum Makler offensichtlich von Versicherern kontrolliert werden müssen, erklären Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm.

 

Gemäß dem „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb“ soll unter anderem „die Honorarberatung im Versicherungsbereich gestärkt werden“.

Der Versicherungsberater (VB) heißt künftig Honorar-Versicherungsberater (HonVB), und darf nach dem Gesetzesentwurf künftig auch vermittelnd tätig sein. Selbst ausschließlich Versicherungen zu vermitteln wäre gestattet – so dass der HonVB direkt mit Versicherungsmaklern konkurrieren wird.

 

Honorar Versicherungsberater als direkte Maklerkonkurrenz

Der Makler darf künftig nur Gelder vom Versicherer (VR) annehmen und behalten – der HonVB hingegen darf nur vom Versicherungsnehmer (VN) entlohnt werden. Jede Mischform ist beiden verboten. Der VR muss bei Vermittlung über den HonVB dem VN die eingerechneten Provisionen als dauernden Prämienrabatt weiterreichen.

 

Sondervergütungsverbot fast vollständig aufgehoben

Einzelnen höhere oder zusätzliche Leistungen zu versprechen ist keine Sondervergütung mehr. Prämienrabatte sind zwar welche, aber nun – wenn dauerhaft – erlaubt. Also darf der VR dem VN Sondervergütungen geben, wenn diese in dauerhaften Leistungsverbesserungen oder Prämienrabatten bestehen. Nur in Einmalzahlungen an den VN sieht der Gesetzgeber die Gefahr von Fehlanreizen im Vertrieb, die zu nachteiligen Kaufentscheidungen führen könnten.

Diese Möglichkeit des VR ist an keine weiteren Voraussetzungen gebunden. Also darf der VR sich aussuchen, wann er so verfährt. Jedermann darf ihn ansprechen, ob er nicht in einem Einzelfall oder mehreren so verfahren will. Und Jedermann darf ihm dafür eine Gegenleistung bieten, etwas versprechen oder in Aussicht stellen, oder ihn sonstwie überreden. Auch ein Vermittler u.a. darf ihn darum bitten, und dem VR dafür den Verzicht auf die Provision anbieten, wenn der Hinweis auf die eigenen blauen Augen nicht reicht. Es handelt sich dann nicht um eine verbotene Sondervergütung und auch um keine Provisionsweitergabe.

Darüber kann der Vertriebspartner mit dem VR auch einen Vertrag schießen, oder der VR kann es z.B. auch nur seinem eigenen Vertrieb einseitig so anbieten. Zwingen kann man  den VR aber nicht – das geht nur beim HonVB künftig laut Gesetz. Sobald der VR dem VN dann laut VAG Sondervergütungen in Rabattform oder als Leistungserhöhung ohne besondere Voraussetzungen geben darf, sind seiner Gestaltung der Voraussetzungen dafür kaum noch Grenzen gesetzt.

 

Einzelne Vertriebe, Pools und Konzeptanbieter im Vorteil

Der normale Vermittler hat zwar keinen Anspruch darauf, dass seine Provision (teilweise) durch Verzicht auf diese „Zuwendung“ vom Versicherer in einen Rabatt oder eine Mehrleistung an den VN umgewandelt werden. Verboten ist dies indes nicht. Also kann der Versicherer Rabatte vergeben. Und er kann dies dem Vermittler auch zusagen, wenn dieser sich mit geringerer Provision zufriedengibt.

Vertriebe / Fin- oder Insurtechs können also mit dem Versicherer Rabatte oder Leistungserhöhungen für ihre Kunden aushandeln, mit oder auch ohne dass sie auf Vertriebsvergütungen teils verzichten.

Versicherer könnten einzelne Vertriebe derart (durch Rabatte) fördern, z.B. ihren eigenen.

 

Mischmodelle stehen vor dem Aus

Das (teilweise) Durchreichen von Provisionen ist Maklern und FinTechs künftig nicht mehr möglich. Unzulässige Mischmodelle sind nicht nur „Courtage plus Honorar“ sondern auch die nur teilweise Weitergabe der Courtage. Die erlaubte direkte Provisionsabgabe durch Vermittler bzw. Fintechs (OLG Köln, Urteil vom 11.11.2016, Az. 6 U 176/15) befördert der Gesetzgeber damit in die Abteilung der Rechtsgeschichte. Sie funktioniert nur noch indirekt, wenn der VR dabei legal mitspielt.

 

Gewollte Förderung des Honorar-VB, auch durch Benachteiligung der Versicherungsmakler

Erlaubt wird dem Versicherer jetzt systematisch diese Form der Sondervergütung. Damit gewinnt der Versicherer ein neues Instrument der Vertriebssteuerung.

Verhandlungsstarke Vertriebe, Insurtechs oder Pools können sich so einen Wettbewerbsvorteil sichern, indem sie mit der Möglichkeit von Prämienrabatten und besonderen Mehrleistungen werben. Je nach Preissensibilität des Kunden ergeben sich so neue Vertriebschancen. Und es wird ein Anreiz zur Rationalisierung im Vermittlerbetrieb geschaffen, der letztlich Vertriebskosten zugunsten besserer Zusatzleistungen oder geringerer, weil rabattierter Prämien einspart.

Nur direkt dem Kunden Provisionen weiterzugeben ist dann wieder verboten – die Vorteile aus solcher beabsichtigter Sondervergütung müssen statt dessen als dauerhafter Prämienrabatt oder Leistungserhöhung durch den Versicherer gestaltet werden.

 

Versicherer werden zu Vertriebs-Oligopolen

Gewinner sind die VR, denn sie dürfen verantwortungsvoll Sondervergütungen an VN gewähren und müssen nur warten, bis die Vermittler selbst kommen und bitten, dafür auf Teile der Provision zu verzichten und zu versprechen, sonstiges Wohlverhalten oder gleich die Rückkehr als Agent umzusetzen. Und es ist in ihre Verantwortung gelegt, welche Produkte für die VN gut sind und daher zulässigerweise vertriebsgefördert werden können, weil es sich um Anreize, aber keine „Fehl“anreize handelt.

Neues Aufsichtsverständnis:

                       „Der Versicherungsvertrieb im Sinne von § 7 Nummer 34a gehört zum Geschäftsbetrieb eines Versicherungsunternehmens.“

Der Artikel 2 der EU-Richtlinie (EU) 2016/97 besagt: Der Versicherungsmakler gehört wie der Agent als Versicherungsvertrieb zum Geschäftsbetrieb des Versicherers.

Die Versicherungsvermittlung – auch über Makler – gehört gemäß neuformuliertem § 15 Absatz 3 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) nun ausdrücklich zum Geschäftsbetrieb des Versicherers – bisher war sie davon dort explizit ausgenommen. Damit ist es konsequent, dass der Versicherer dafür Verantwortung tragen muss.

Damit wird dann deutlich, dass es sich bei den Möglichkeiten des VR zur Vertriebssteuerung nicht um Versehen handelt. Dem Vermittler wird das verboten, was dem VR erlaubt wird, weil der VR die Verantwortung dafür zu übernehmen hat.

 

Versicherer muss Fehlanreize bei seiner Provisionsgestaltung ausschließen

Eine Honorierung des Maklers auch durch den VN muss ausgeschlossen werden. Denn es ist nach EU und Gesetz nun Aufgabe des VR dafür zu sorgen, dass Provisionssysteme so ausgestaltet werden, dass keine Fehlanreize entstehen. Dazu aber ist es zwangsläufig erforderlich, dass die gesamte Vergütung des Maklers ausschließlich durch den VR erfolgt. Sonst fehlt ihm diese Kontrollmöglichkeit – er könnte seiner Verantwortung nicht mehr nachkommen. Genau wie man dem Kurgast in der Diätklinik verbieten muss, sich noch etwas anderes zu essen zu kaufen, als was er abgewogen vom Klinikarzt erhält, im Anschluss an das morgendliche Wiegen und die Messung des Kreislaufs, und auch nur, wenn das Protokoll über die Bewegungsübungen dem Plan entspricht.

 

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.experten.de (veröffentlicht am 01.02.2017)

 

Link: https://www.experten.de/2017/02/01/idd-an-fuettern-verboten-rabatte-nach-gutsherrenart/

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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