Kammerberufler erwarten die Abkehr vom Anwartschaftsverfahren bei den Versorgungswerken

– Weshalb der Kapitalmarkt mit Zinseszinseffekt keine höheren Renten erwarten lässt –

 

Insider berichten seit Jahren von Schwierigkeiten, in den Versorgungswerken die in Aussicht gestellten Renditen zur Rentenfinanzierung zu erwirtschaften. Während die Geschäftsleitung
einer Versorgungskammer sich bisher Jahr für Jahr auf die Schultern klopfte, weil im Wertpapierdepot auch noch restliche Rentenpapiere mit einem 5,25%-Zinscoupon sind, verschlug ihnen das Bundesgesetz für die Republik Österreich vom 31.07.2014 (CELEX-Nr.32001L0024) die Sprache: Die Verbindlichkeiten der Hypo-Alpe-Adria erlöschen, und „Gleichzeitig erlöschen Sicherheiten einschließlich Haftungen für solche Verbindlichkeiten“. Zu gut Deutsch: Die Staatshaftung entfällt – und es gibt leider gar nichts mehr zurück.

Derartige Möglichkeiten gibt es künftig auch für den Finanzminister bei deutschen Staatsanleihen.

 

Bad-Bank ohne Banklizenz mit bis zu 18 Mrd. € unverkäuflicher Vermögenswerte

Natürlich fragen sich die Zwangsmitglieder der Versorgungswerke, wie es sein kann dass die Geschäftsleiter der Versorgungswerke sich für Investments in Schrottpapiere entschieden hatten.
Der BGH (Urteil vom 09.07.2009, Az. 5 StR 263/08) betrachtet Mitglieder der Leitungsorgane von Versorgungswerken als Amtsträger nach § 11 I Nr.2 StGB. Seit Jahren berichtet die Presse über
bis zu mehr als 30% Vermögensverluste der Versicherten durch Zinsrückgang, Fehlinvestments, längere Lebenserwartung und höhere Steuern auf Altersrenten. In einzelnen Pensionsfonds wurde über Gebühren für institutionelle Finanzhäuser i.H.v. bis zu 30% berichtet. Bekannt wurde beispielsweise die Verurteilung eines Sparkassenversicherungsvertreters wegen Bestechung und Beihilfe zur Untreue anlässlich der Vermittlung von Rückdeckungsversicherungen einer Anwaltsversorgung (BGH, Urteile vom 09.07.2009, Az. 5 StR 600/07 und 5 StR 263/08; BVerfG Beschlüsse vom 24.03.2010,
Az. 2 BvR 2092/09 und 2 BvR 2523/09).

Geheim bleiben aus guten Gründen etwaige Rechtsstreitigkeiten mit Privat- oder Landesbanken, deren Berater beispielsweise Finanzprodukte mit einer Garantie verpackten, die es in Wirklichkeit nicht gab. Als Vorteil der Kapitaldeckung werden bisweilen die niedrigen Kosten gemäß dem Bilanzausweis von Versorgungswerken gepriesen. Bei näherer Betrachtung könnten bis zu mehr als 10%
an Kosten und Gebühren in den Einzelinvestments versteckt sein, etwa bei „Alternativen Investments, Spread-Investments, Venture-Capital, Hedge-Fonds, oder Derivaten“. Bestimmte Kreditinstitute erstatten ihren Kunden bis zu mehr als 90% der von den Fondsanbietern berechneten Verwaltungskosten. In den Bilanzen der Versorgungswerke sucht man solche alljährlich bezahlten Kickbacks vergebens?

 

Todesstoß für Versorgungswerke durch das Bundessozialgericht ?

Dass insbesondere angestellte Ärzte und Syndikusanwälte regelmäßig der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen, stellt das Bundessozialgericht durch Urteil
vom 03.04.2014 (Az. B 5 RE 13/14 R) fest. In der Versicherungsmathematik nicht ausgebildete Kammerfunktionäre sind der Ansicht, dass es das Beste wäre, wenn das abschmelzende Vermögen durch möglichst viele junge Beitragszahler, also auch angestellte Kammerberufler analog einem modifizierten Schneeballsystem kompensiert würde. Versorgungswerke einiger Kammerberufe stellen
hingegen nun von der Kapitaldeckung auf das sogenannte offene Deckungsplanverfahren um. Dies ist ein Schritt in Richtung des Umlageverfahrens. Es zeigt, dass das bisher praktizierte reine Anwartschaftsverfahren einem Verfahren mit Umlageelementen unterlegen ist.

 

Märchen von einer Überlegenheit der Altersversorgung auf Basis der Kapitaldeckung

Es gab einmal die Idee, dass der Kapitalmarkt mit Zinseszins für den gleichen Beitrag viel höhere Renten leisten könnte als ein Umlageverfahren. Dies wird mit Desinformation seit
Jahrzehnten aufrecht erhalten, bis es jetzt nicht mehr geht, sich der Realität zu verschließen.

 

Es gibt nun Rentenpunkte statt fester Rentenanwartschaften – wie viel Rente ein Punkt wert ist, kann dann später festgelegt werden, nach zu jener Zeit vorhandenen Finanzmitteln und Zahl
der Rentenanspruchsteller.

Dabei wird auch klargestellt, dass damit nicht etwa die früheren Anwartschaften geschützt werden sollen, da eine “Generationengerechtigkeit” d.h., keine Quersubventionierung gefordert wird. Die Versorgungswerke laufen mit ihrem eigenen Anwartschaftsmodell für die bisherigen Beitragszahlungen weiter, und können – was klar gesagt wird – auch diese Rentenansprüche absenken, wenn diese Anwartschaftsfinanzierung nicht mehr aufgeht, einschließlich der laufenden Renten, insbesondere wenn die kalkulierten Zinsen nicht mehr erwirtschaftet werden können. Wenn seit bis zu mehr als 10 Jahren der risikolose Kapitalmarktzins gegen null und weniger tendiert, dann ist allein deshalb zu erwarten, dass sich die Versorgung auf bis zu weniger als die Hälfte früherer Prognosen reduziert.

 

Kein Versorgungswerk wird von Insolvenz bedroht sein

Bei der Versorgungskammer verhält es sich so, wie es einst über die Bundesversicherungsanstalt hieß „Die Rente ist sicher“. Niemand muss sich Sorgen machen, dass das Versorgungswerk wegen
der Rentenzahlungen pleite geht. Es werden vielmehr nur soviel Renten gezahlt, wie das Versorgungswerk sich leisten kann, und zur Not die bisherigen laufenden sowie Anwartschaftsrenten gekürzt, oder der künftige Rentenwert eines Rentenpunktes so festgelegt, wie es finanzierbar ist. Einzelne Kenner der Materie meinen bereits bisher vereinzelt entdeckt zu haben, dass die
heute laufenden Renten einschließlich ihrer Steigerungen seit Jahren teilweise aus der Substanz bezahlt werden würden, oder zu Lasten neuer Beitragszahler.

 

Die durch Umstellung in Richtung auf das Umlageverfahren mögliche Flexibilität gegenüber einem Lebensversicherer lässt erwarten, dass das Kapital riskanter und damit langfristig ertragsreicher angelegt werden kann. Es zeigt sich hier die Überlegenheit des Versorgungswerkes. Allerdings spielen nun auch verstärkt Umlageelemente und die Bestandsentwicklung eine Rolle, wohingegen die Abhängigkeit der Entwicklung vom Kapitalmarkt reduziert wird.

 

Gesicherte Erwartung einer Versorgungslücke im Alter

Einige Versorgungswerke haben das nun vermehrt vorgesehene offene Deckungsplanverfahren nie ganz aufgegeben. Ob es sich beim Anwartschaftsdeckungsverfahren für das Versorgungswerk wohl
um ein neueres nachträglich eingeführtes Experiment handelte, das nun gescheitert ist? Ähnliches fragt man sich bereits öffentlich bei der zulagengeförderten Riesterrente, deren Kapitaldeckung mitnichten hinreicht, die Absenkung der gesetzlichen Rente auch nur annähernd zu kompensieren.

 

Der Hebel des Zinseszinseffekts bei Kapitaldeckung geht seit 2001 nach unten. Bei im Jahr 2000 per Einmalbeitrag abgeschlossenen privaten Rentenversicherungen mit Rentenbeginn ab 2005
wurden die prognostizierten Renten ab 2002 bis zum Rentenbeginn bereits in rascher Folge bis auf weniger als die Hälfte reduziert, alleine wegen des Zinsrückgangs von angenommenen 7,5 %
auf noch gut 4 %. Seitdem sind die Zinsen und damit die kapitalgedeckten Renten weiter gefallen. Bei Kapitaldeckung liegen die Renten nicht etwa bereits in Tüten abgezählt im Tresor des Versicherers, sondern sie müssen erst noch aus den Beitragseingängen und den daraus erwirtschafteten Zinsen finanziert werden. Ein Großteil der in Aussicht gestellten Renten bei
Kapitaldeckung hängt an erst noch über künftige Jahrzehnte zu verdienenden Zinsen. Inwieweit dies aufgeht, ist bis zuletzt völlig offen.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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