Optimierung der Witwenrenten bei Pflichtmitgliedern in Versorgungswerken

– Gestaltungsmöglichkeiten beim Altersvorsorgevermögens in Versorgungskammern –

 

Bereits das Oberverwaltungsgericht (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.05.2010, Az. 6 A 10320/10.OVG) wies die Klage eines Arztes ab, der festgestellt haben wollte, dass seiner Ehefrau später eine Witwenrente vom Versorgungswerk zusteht.

 

Versorgungswerke betreiben Versicherungsgeschäft

Die (Pflicht-)Mitglieder bezahlen an ihre Versorgungskammer Beiträge, aus denen eine Absicherung bei Alter, Tod und Invalidität durch Risikoübernahme finanziert wird. Neben der fürsorglichen genossenschaftlichen Versichertenrente (Versicherungsprinzip) gibt es regelmäßig ohne Zusatzbeitrag – aber natürlich nicht beitragsfrei – eine Hinterbliebenenversorgung (Angehörigenprinzip). Dabei werden jedoch „nachgeheiratete“ Witwen und Witwer oft von der Angehörigenversorgung ausgenommen (Risikobegrenzungsprinzip).

 

Versorgungslücken je nach Satzung der Versorgungskammer

Witwen und Witwern steht vielfach gar keine Hinterbliebenenversorgung durch eine Versorgungskammer zu, je nach Satzung. Ärzte, Apotheker, Zahnärzte, Steuerberater, Anwälte, Wirtschaftsprüfer, Architekten und Notare können bisweilen auswählen oder gestalten, welchem Versorgungswerk mit entsprechend inhaltlich unterschiedlicher Satzung sie angehören wollen.

Manche Witwen haben gar keinen Anspruch, wenn die Heirat z. B. nach Rentenbeginn erfolgt ist. Auch kann ein Anspruch erst nach einer gewissen Ehedauer entstehen. Der Freiberufler hat es auch selbst in der Hand, bereits zur Risikostreuung freiwillig oder aufgrund rechtzeitig beantragter Versicherungspflicht, bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine künftige Witwenversorgung sicherzustellen. Auch eine Risikolebensversicherung mit Umwandlung der Leistung in eine Hinterbliebenenrente kann sinnvoll sein.

 

Gestaltung durch Antrag auf Rente und Scheidung

Es kann sich also z. B. lohnen, den Rentenbeginn aufzuschieben, wenn eine Scheidung und Wiederverheiratung ansteht – zudem steigt die eigene Rente dadurch. Auch den Beginn der Berufsunfähigkeit kann es sich fallweise lohnen, aufzuschieben.

Umgekehrt: wenn die Witwe nichts oder wenig bekäme, kann es z. B. bei einer schweren terminalen Krankheit lohnen, sich egal ob vor oder nach Rentenbeginn scheiden zu lassen, weil dann ein Versorgungsausgleich stattfindet und die “Witwe” im Rahmen dessen gesetzlich dann mehr bekommen kann, als sie als echte Witwe nach Satzung bekäme.

 

Kapitalabfindung oder Kapitalübertragung

Manche Versorgungswerke sehen auch die Möglichkeit einer Kapitalabfindung vor, was sich bei schlechter Krankheitsprognose lohnen kann. Ggf. noch mehr, wenn vorher noch per Versorgungsausgleich geteilt wird.

Einige Versorgungswerke sind einer Übertragungsvereinbarung beigetreten, nach der das Kapital beim Umzug und Wechsel zu einem neuen Versorgungswerk so übertragen werden kann, dass die Einstufung beim neuen VW derart erfolgt, als habe man dort die Beiträge genau zum gleichen Zeitpunkt wie beim alten VW gezahlt – eine oft günstige Lösung.

Geht mit der späteren Heirat etwa einer thailändischen oder philippinischen Ehefrau auch ein Übertritt zum Islam einher, kann auch die sprichwörtliche Zweitfrau im Ausland versorgt werden.

 

Rechtliche und versicherungsmathematische Unterschiede

Versorgungswerke sind für ihre Mitglieder unterschiedlich rentabel, vor allem, wenn man dies auch noch auf bestimmte Teilleistungen bezieht. Dies gilt natürlich nicht erst, seitdem die Republik Österreich in ihrem Bundesgesetzblatt vom 31.07.2014 verkündet, dass 890 Mio. Euro Hippo-Happy-Halodria-Nachranganleihen nicht zurückbezahlt werden. Entsprechende Forderungen der Versorgungskammern erlöschen damit trotz vermeintlicher Staatsgarantie.

Auch ohne Betrachtung solcher Einzelinvestments lassen sich Versorgungswerke vergleichen, eingeschlossen die Frage, wie bei einem Wechsel gerechnet wird. Es gibt jeweils je nach Alter und sonstigen Umständen unterschiedliche Schwerpunkte, Höchstgrenzen, Anrechnungen (Höhe und Endalter) zum Beispiel auch bei Berufsunfähigkeit. Zudem existieren auch unterschiedliche Berechnungen der Anwartschaften – mehr oder weniger kapitalgedeckt oder per Umlage. Ein Wechsel kann also z. B. ab einem Alter lohnen, weil die Beiträge ab dann bei einem Versorgungswerk im Rahmen einer Mischkalkulation zu höheren Renten als beim anderen führen.

Beispiel einer Berufsunfähigkeitsversorgung: hier kann z. B. der Durchschnittsbeitrag ab Zugang zur Versorgungskammer zählen, der dann bis Alter 55, 60 oder 62 je nach Versorgungswerk und Zugang hochgerechnet wird. Wer also anfangs wenig eingezahlt hat und jetzt viel mehr, für den können sich die geringen früheren Jahre nachteilig auf den Mittelwert auswirken und sich ein Wechsel in ein anderes Bundesland lohnen, wo nur die höheren Beiträge ab dem Wechsel zählen. Der Wechsel lässt sich im Einklang mit dem Berufsrecht gezielt gestalten, nicht selten ganz ohne echten Umzug.

 

Tourismus kann auch im fortgeschrittenen Alter lohnen

Die meisten Versorgungswerke gehen davon aus, dass sie wegen der Zwangsmitgliedschaft keine Selektion fürchten müssen. Den Umstand eines möglichen Tourismus blenden sie wohl aus. Es gibt aber manchmal Erschwerungen für Zugänge in höheren Altern, was darauf hinweist, dass sie hier zu günstig sind, was (ggf. noch gerade rechtzeitig) ausgenutzt werden könnte. Andererseits stellt dies auch eine Option für den strategischen Ausstieg aus einem Beitragszwang dar.

 

Die „beitragsfreie“ Witwenrente ist beim Versorgungswerk nicht kapitalmäßig finanziert, sondern sozusagen im Umlageverfahren. Manche Versorgungskammern bieten aber eine höhere Rente, wenn der Berechtigte bei Rentenbeginn nicht verheiratet ist. Auch das mag ggf. einen Vorteil bringen, und ein Umzug sich lohnen.

 

Die Versorgungswerke rechnen die Witwenrenten nicht individuell kapitalgedeckt, sondern nehmen an, dass ein bestimmter Anteil mit 65 verheiratet ist und die Frau z. B. stets 6 Jahre jünger ist.

Würde in einer privaten RV eine Witwenrente eingeschlossen, dann müsste dafür je nach Alter selbst eine Zusatzprämie bezahlt werden, und wenn die Frau vorher stirbt, ist das Risiko entfallen und auch die Beiträge bei Wiederverheiratung müssten für das neue Risiko erneut bezahlt werden. Die Versorgungskammern hingegen funktionieren nicht derart individuell kapitalgedeckt, daher wird dort durch einschränkende Satzungsregeln eine zu starke Ausnutzung bei der Witwenrente zu Lasten der übrigen Mitglieder des Versorgungswerkes aufgefangen.

Eine Optimierung, die bis zu 6stelligen Eurobeträgen an Gewinn bringen kann, ist dennoch – nicht nur bei der Witwenrente – oft möglich. Als Kehrseite auch derart teurer Fehler, die oft rechtzeitig vermieden werden können. Oft wird erst eine Analyse der Situation und bundesweiten Möglichkeiten mit Hilfe eines versicherungsmathematischen Gutachtens die finanziell effizientesten Handlungsmöglichkeiten aufzeigen.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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