Systematische Umdeckung beim Statuswechsel vom Versicherungsagent zum Makler

– Wie auch anwaltliche Begleitung nach Hausdurchsuchung strafmildernd wirkt ? –

 

Ein Versicherungs-Ausschließlichkeitsagent darf sich von einer Unternehmensberatung beraten lassen, etwa seine Bestände analysieren, um seinen Vertrieb zu verbessern – vorausgesetzt die Regelungen zum Datenschutz und zum Berufsgeheimnis werden beachtet, § 203 StGB.

Kreative Maklerverbünde bzw. Maklerpools haben die Idee einer “Unternehmensberatung” aufgegriffen. Sie versprechen eine Analyse für den Agenten – der Makler werden will – „seiner“ Bestände (also eigentlich die des Versicherers) zusammen mit anderen Versicherern daraufhin, wie diese nach Wechsel in den Maklerstatus umgedeckt werden können, mit fertigen Angeboten inklusive neuen Prämien mit auf die Umdeckung abgestellten Sonder-Rabatten, zu denen sich der Noch-Agent dann noch vor seiner Agentur-Kündigung entscheidet.

 

Schnelle Lösung durch gewisse Umdeckungskonzepte

Es werden verbesserte Bedingungswerke und neue Versicherungsverträge für die Kunden versprochen. Bisweilen auch eine Übergangsfinanzierung, zu „spannenden“ Konditionen. Ob dann die durch Umdecken geschaffenen Bestände dem Pool bzw. Verbund gehören oder dem Makler, steht auf einem anderen Blatt. Zudem kann eine Zusatzvergütung im Raum stehen; als Motivation zum Beginn der Zusammenarbeit mit dem Maklerverbund oder besonderen Pool. Und nicht zuletzt wird auch auf die Kooperation mit einer damit bereits sehr erfahrenen Anwaltskanzlei verwiesen, wenn es dann Probleme mit dem bisherigen Versicherer gibt. So kann zur Not sicher noch eine Strafmilderung von Rädern, Vierteilen und Hängen auf Hängen, Rädern und Vierteilen erreicht werden.

 

Wenn die Kripo zweimal klingelt

Erfährt der bisherige Versicherer (VR) vom (ggf. nur vermeintlich) illegalen Umdecken, wird zunächst eine Freistellung ausgesprochen mit Entzug jeglichen Zugangs zu den bisherigen Kundendaten. Zudem erfolgt  – unter Berufung auf Gegenansprüche mit Zurückbehaltungsrecht – eine Beendigung der ratenweisen Auszahlung des Ausgleichsanspruchs für geworbene Kunden – oder der betrieblichen Altersversorgung, § 89 b HGB: Der VR kündigt dann auch noch seinerseits fristlos – bisweilen unwirksam – mit dem Ziel die Abfindung komplett einzusparen.

Zudem wird fast immer auch noch eine Unterlassungserklärung verlangt – strafbewehrt versteht sich. Nicht selten erfolgt parallel eine Strafanzeige – woraufhin die Kavallerie des Staates ausrückt, für die Sicherstellung oder Beschlagnahme von Akten und Daten.

Sodann wird der VR noch Klage erheben, denn man möchte ja rechtliche Klarheit schaffen – sowie Schadensersatz für den entgangenen Gewinn aus den illegal abgeworbenen Beständen, wegen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Versicherungswirtschaft, § 9 UWG. Auch verklagte Agenten von Strukturvertrieben empfinden derartige Erlebnisse im zeitlichen Verlauf rückblickend als gezielt versuchte Existenzvernichtung.

 

Grenzen legalen Umdeckens – Abwerben von Kunden eines Mitbewerbers ist generell zulässig

Wettbewerb gehört zum Wesen kaufmännischer Tätigkeiten. Unzulässig wäre es für den Noch-Agenten, sich dabei wegen der an den Versicherer vermittelten Kunden auf mehr zu stützen, als das eigene Gedächtnis, insbesondere illegal kopierte Kundendaten (BGH, Urteil vom 14.01.1999, Az. I ZR 2/97). Auch Versicherer, die vielleicht selbst gerne weggesehen haben, wie der Agent seinerzeit die Bestände zu ihnen umgedeckt hat, sind geschützt – auch wenn der Agent vielleicht meint, sie müssten jetzt klaglos ertragen, wenn es ihnen ebenso ergeht.

Sinnvoll ist auch ein behutsames Umdecken; möglicherweise nicht auf eigenem Briefpapier mit Kundenvollmacht, und jedenfalls nicht auf einmal als größere Abwerbeaktion (OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.03.1986, Az. 4 U 235/85). Es wird auch auffallen, wenn die sukzessive eingehenden Kündigungsschreiben alle ziemlich gleich aussehen. Nicht wenige Kunden geben auch einem vom bisherigen Versicherer geschickten Beauftragten bereitwillig Auskunft über die Einzelheiten der Umdeckungen, nicht nur wenn sie sich dabei schlecht beraten fühlen. Einzelne beschweren sich auch beim (Landes)Datenschutzbeauftragten, der Versicherer müsse wohl ihre Daten unerlaubt weiter gegeben haben, was dann auch Reaktionen erzwingt.

Abzuwerbende Kunden bei der Vertragsbeendigung nach vertraglichen oder gesetzlichen Fristen zu unterstützen ist erlaubt (OLG München, Urteil vom 01.03.2012, Az. 23 U 3746/11). Dem Kunden bessere Konditionen etwa beim Bedingungswerk bzw. der Prämienhöhe zu verschaffen ist schließlich eine Kernpflicht des Versicherungsmaklers, und auch Agenten nicht verboten.

Nach dem Statuswechsel, also dem Berufswechsel vom Agenten zum Versicherungsmakler, werden die sogenannten Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft bedeutungslos – sie gelten nachgerade nicht für Makler, sondern für Agenten (OLG Schleswig, Urteil vom 16.07.1999, Az. 6 U 28/99).

Damit das eigene Verhalten später gerichtsfest als legal anerkannt wird, bedarf es häufig einer kleinen Pflichtübung – einer deutlich erweiterten Dokumentation; für die eigene Akte. So wie ein Rechtsanwalt vor Jahrzehnten meinte „Der kluge Kaufmann hat seine Akte jederzeit fertig für den Prozess“ – und bestenfalls auch für den Staatsanwalt – für die Einstellungsverfügung, nicht für die Anklageschrift.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.experten.de (veröffentlicht am 17.01.2020)

Link: https://www.experten.de/2020/01/17/systematische-umdeckung-beim-statuswechsel-vom-versicherungsagent-zum-makler/?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=20201017+experten+Report+NL+weekly+2020

 

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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