Umdeckung durch Finanzmakler und Versicherungsmakler oft ohne Aufklärung über Nachteile

Wann der Ersatz von Kapitalanlagen und Versicherungen geradewegs zur Haftung führt –

 

Durch Urteil vom 24.07.2015 entschied das OLG Köln (Az. 20 U 44/15), dass Kündigung und Verkauf von Lebensversicherungen typischerweise mit erheblichen Nachteilen verbunden ist. Nachdem dies jeder Versicherungsmakler weis, hat er auf die Nachteile hinzuweisen. Verletzt der Finanz- oder Versicherungsmakler eine beruflich elementare Hinweispflicht, die er kennen muss, ist er dafür nicht mal versichert.

 

Pflicht auf Nachteile hinzuweisen bei Lebensversicherung, PKV und Sachversicherung

Kommt es zur sogenannten Umdeckung verliert man bisherige Ansprüche beim bisherigen Vertrag, und gewinnt neue durch einen künftigen Vertrag. Dann hat der Versicherungs- und Finanzmakler über die Nachteile durch Verlust des bisherigen Vertrages deutlich zu beraten. Dies auch, wenn der neue Vertrag Vorteile gegenüber diesem hat. Die Pflichtverletzung kann nicht deswegen verneint werden, weil der neue Vertrag besser ist. Dies bedeutet allenfalls, dass vielleicht kein Schaden entsteht.

 

Wenn der Makler Glück hat, entsteht kein Schaden, weshalb die Pflichtverletzung für ihn folgenlos bleibt. Jedoch reicht es dafür nicht, nur nachzuweisen, dass bei Umdeckung kein Schaden absehbar war, oder unwahrscheinlich – die Pflichtverletzung bleibt dennoch bestehen.

 

Zum Tragen kommt dies, wenn dann ein Schaden tatsächlich eintritt. Aber auch, wenn ein Schaden sich als möglich oder für die Zukunft nicht unwahrscheinlich erweist, auch wenn er noch nicht eingetreten ist – kann der Kunde bevor Verjährung eintritt noch eine Feststellungsklage erheben.

 

Es kommt auch nicht darauf an, ob der Finanz- und Versicherungsmakler die Pflichtverletzung kannte oder vielleicht fahrlässig nicht kannte – das spielt nur für die Einstandspflicht seiner Haftpflicht eine Rolle.

 

Doppelte Beratungspflicht – zur Vertragsbeendigung sowie zum Neuabschluss

Die Beratungs- und Hinweispflichten betreffend nicht nur die Kündigung und den Verkauf bei bisherigen Finanzprodukten, sondern eben auch die Risiken betreffend einen neuen Ersatzvertrag. Dies betrifft nicht nur Lebensversicherungen, sondern auch die private Krankenversicherung (PKV) einschließlich den Tarifwechsel oder den Wechsel des Versicherers, aber auch Sachversicherung, einschließlich Kreditverträge und sonstige Kapitalanlagen. Beim Wechsel des Produktgebers und des Produkts oder Tarifes vervielfacht sich die Möglichkeit für Fehler wie unterlassene Hinweise.

 

Statistisch bald sicher mindestens ein Pflichtverstoß beim Umdecken

Einen Pflichtverstoß stellt es auch dar, wenn der Kunde als Entscheidungsgrundlage vor seinem Auftrag keine Beratungsdokumentation (bei Versicherungen) bzw. kein Beratungsprotokoll (bei Kapitalanlagen in Wertpapieren) erhalten hat, oder diese unvollständig, wenn nicht oberflächlich und nichtssagend sind. Dies ist im Bereich der Kreditinstitute bei mehr als 2/3 aller Beratungen zu beobachten – im Versicherungsbereich in mehr als 85% der Fälle. Typische Formulare zur Vertriebserleichterung, beispielsweise zum Ankreuzen, werden von Gerichten nicht anerkannt, weil sie nicht geeignet sich die konkrete Beratung im Einzelfall auch nur ansatzweise abzubilden.

 

Beweislast beim Berater und Vermittler

Im Haftungsfall kommt es gar nicht darauf an, ob die mündliche Beratung richtig gewesen war, wenn vollständige Dokumentation, Protokoll oder Prospekt nicht rechtzeitig vor dem Geschäftsabschluss übergeben worden sind. Denn Zweck der Dokumentation ist, dem Kunden zu ermöglichen, alle Fakten nochmals genau zu rekapitulieren, die er bei der mündlichen Beratung vielleicht nicht erfasst hatte.

Die Beweislast liegt beim Berater oder Vermittler – auch wenn er etwa einwenden möchte, der Kunde hätte sich gleichwohl zu seinem Nachteil entschieden. Die fehlende Dokumentation führt mindestens bis hin zur Beweislastumkehr. Doch wenn der Kunde die mangelhafte Dokumentation als Ursache seiner falschen Entscheidung beanstandet, ist dem Vermittler der Beweis, dass er doch wenigstens mündlich richtig beraten hätte, abgeschnitten.

Ohne unabhängige sachverständige Überprüfung wird man als Kunde kaum überblicken können, ob aus heutiger Sicht nicht von einem künftigen Schaden auszugehen wäre. Ergibt sich dann nur ein wahrscheinlich möglicher aber noch kein sicherer Mindestschaden, kommt zunächst eine Feststellungsklage gegen den Finanz- und Versicherungsmakler in Betracht.

 

Chancen bei Regressklagen überdurchschnittlich hoch

Manche Makler konzentrieren sich auf die Frage der Pflichtverletzung und übersehen die Möglichkeiten, trotz Pflichtverletzung den Schadenersatz zu vermeiden. Manche vermischen auch die Frage der Pflichtverletzung mit der, ob seinerzeit der Rat richtig und vertretbar war. Oft liegt dies daran, dass sie ggf. rechtlich, oft aber auch sachverständig gar nicht gut beraten sind.

 

Beispielsweise beim Verkauf von Lebensversicherungen kommt es häufig zur strafbaren Beihilfe des Vermittlers, wenn das Konzept des Händlers von gebrauchten Versicherungen oder Kapitalanlagen sich rechtlich als illegal herausstellt. Neulich landete ein Finanzmakler in Untersuchungshaft, weil er in eine Kreditabwicklung mit falschen Banknoten verwickelt war.

Nicht nur dann bietet die Haftpflichtversicherung des Vermittlers keine Deckung – weder für die Schadensabwehr noch für eine Kompensation als Schadensersatz. Im Fall des OLG Köln musste sich der Vermittler vom Gericht erklären lassen, dass die Vermittlung von Gold als Kapitalanlage in seiner eigenen Haftpflichtpolice gar nicht erst versichert war. Vielleicht hatte er selbst, sich auf einen Haftpflichtmakler ohne Sachverstand verlassen?

 

Die nur mündliche Beratung ist unzureichend und bedeutet einen Pflichtverstoß

In jedem Fall kommt dann beim Regress noch erschwerend hinzu, dass eine nur mündliche – sogar ggf. korrekte – Beratung nicht aus der Haftung hilft, wenn sie nicht auch vor Vertragsschluss dem Kunden entsprechend zumindest in Textform dokumentiert wurde, denn auch das ist ein Pflichtverstoß, dessen Folgen in die Haftung führen. Bei der Vermittlung von Geschlossenen Beteiligungen als Kapitalanlage sind regemäßig zwei Termine nötig – einer zur Prospektübergabe, und dann nach rund zwei Wochen an Überlegungsfrist ein Termin zur Unterschrift unter den Zeichnungsschein.

 

Der Vermittler hat sogar zu beweisen, dass er auf existente Prospektfehler und negative Presseberichterstattung über die Kapitalanlage und den Initiator hingewiesen hatte. Manche Vermittler wollen dem Produktgeber bei negativen Presseberichten eine „Unschuldsvermutung“ zugutehalten, solange dieser noch nicht rechtskräftig verurteilt ist. Sie verschweigen dann negative Presseberichte, damit der Anbieter nicht womöglich völlig unschuldig unter der Unverkäuflichkeit seiner Produkte leiden müsse – eine Ansicht, die geradewegs zur Haftung führt.

 

Denkbar wäre eine geringe Mitschuld, weil der Kunde beim Beratungsgespräch unaufmerksam war oder überfordert, alles rasch zu erfassen, eventuell aber den Schein erweckt hat, er könne folgen, und dennoch nicht auf einer genauen Dokumentation bestanden hat. Oder wenn er diese aufgrund Abgleich mit ihm zum Teil im Gedächtnis gebliebenen Fakten als offensichtlich unvollständig nicht beanstandet hat. Kommt es jedoch zum häufigeren Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften, wird ein Mitverschulden regelmäßig ausscheiden.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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