Betriebliche Altersversorgung: Versicherungsmakler besticht Betriebsräte

– Entgeltumwandlung: Tausende Mitarbeiter durch Abschlusskosten/Zillmerung geschädigt –

 

Ein Bestechungs-Skandal mit langjähriger Tradition

Seit vielen Jahren pfeifen es die Spatzen von den Dächern:

Betriebsräte, Personalleiter und Firmenchefs lassen sich vom Vermittler/Versicherungsmakler gerne einen Teil der Provisionen abgeben. Da gibt es die renommierte X-Unternehmensberatung in Süddeutschland – der Personalchef hat sich bei Einrichtung von Direktversicherungen ein hübsches Zubrot verdient.

Oder man denke an den geschäftstüchtigen Leiter einer exklusiven Klinik, der seine Tochter gebeten hat, doch gleich ein Versicherungsvermittlungsbüro zu eröffnen – denn „dann bleibt wenigstens die Provision in der Familie“. Aber auch Betriebe, die sich maßgeblich in staatlichem Besitz befinden, sind nicht immer frei von bösen Gerüchten.

 

Sechsstelliges Bestechungsgeld – über 2000 Mitarbeiter

In einem solchen Fall ermittelt nun die Staatsanwaltschaft Ulm. Die Südwest-Presse berichtet, dass der Betriebsratsvorsitzende gestanden habe – die Rolle einer Versicherungsgesellschaft aus Nordbayern sei noch „unklar“. Unbekannt ist jedenfalls, ob und was der Versicherer bisher zur Sanierung der Versorgung unternommen hat.

 

Provisionsabgabe oder Bestechung?

Die Abgabe von Provisionen ist jedem Vermittler gesetzlich verboten – ein Fall für die Aufsicht, also die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), welche derartige Fälle immer wieder verfolgt, wie aus den Geschäftsberichten regelmäßig zu entnehmen ist. Auch steuerlich wird es heikel, denn Bestechungsgelder sind im Inland seit Jahren nicht mehr von der Steuer absetzbar – aber zum Verdecken solcher Tatsachen kann man ja auch etwas anderes auf die Quittung schreiben, und dann kommt Urkundenfälschung und Steuerhinterziehung dazu:

In der Folge ist der Versicherungsmakler mindestens vorbestraft – und seine schöne Zulassung wegen „Unzuverlässigkeit“ los. Neben Bestechung kommt vorliegend auch Untreue in Frage – der strafrechtliche Vorwurf kann auch Beihilfe des Maklers umfassen.

 

Schädigung der Mitarbeiter

Geschädigt sind natürlich auch die Mitarbeiter, denn der Makler konnte offenbar gemeinsam mit dem Betriebsrat gezillmerte oder ungezillmerte Tarife auswählen, Versicherungsverträge mit oder ohne Abschlusskosten.

Auch der betroffene Versicherer dürfte eine reichhaltige Produktpalette anbieten, um den Schaden der Mitarbeiter mehr oder weniger groß ausfallen zu lassen. Denn bei betrieblicher Altersversorgung kann es vorkommen, dass ein Mitarbeiter in den ersten Jahren zwar viel Geld über seinen Arbeitgeber einbezahlt, dafür auf Lohnauszahlung verzichtet, aber eben kaum ein Rückkaufswert vorhanden ist.

Will der Makler gut leben und dazu noch das Bestechungsgeld an die beim Arbeitgeber oder Betriebsrat Verantwortlichen zahlen, so wird er einen Tarif mit besonders hohen Abschlusskosten auswählen, bei dem vom umgewandelten Entgelt der Arbeitnehmer möglichst wenig übrig bleibt. So landet das umgewandelte Entgelt erst einmal für die ersten Jahre in den Taschen des Maklers, des Betriebsrats oder sonstiger Verantwortlicher.

So etwas pflegen „Versicherungsjuristen“ dann als „wertgleiche“ Umwandlung des Entgelts in eine Versorgung des Arbeitnehmers zu bezeichnen.

 

Sanierung maroder Altersvorsorge?

Versicherungen kostet Geld Natürlich wird der Versicherer jetzt alles unternehmen, damit das Geld im Hause bleibt – eigentlich haben Geschäftsleitung und Mitarbeiter die Option einer Rückabwicklung, einschließlich Ersatz der dann entgehenden Steuervorteile und des Anlageschadens.

Der Arbeitgeber steht in der Erfüllungshaftung – verjähren würden Ansprüche auf betriebliche Versorgung erst in 30 Jahren. Insofern müssten wohl auch die Bilanzen rückwirkend berichtigt werden – zumindest könnte ein besserer Versicherungstarif ausgewählt werden. Wenn aber, wie hier, der „kriminelle Umsatz“ bereits durch die Staatsanwaltschaft abgeschöpft wurde, stellt sich der Versicherer die Frage, ob er die zu hohen Provisionen jemals wieder bekommt – nach einer Tarifumstellung.

Und dann überlegt sich der Arbeitgeber auch, ob er die Kosten des „Bestechungs-Tarifes“ erst mal bezahlt und sich danach beim Vermittler oder Versicherer einen Teil erstatten lässt.

 

Typischer Einzelfall:

Heide Hitzelmüller (Name redaktionell geändert) vereinbarte eine Entgeltumwandlung über monatlich 200 EUR ab 2003. Nach zwei Jahren schied sie bei diesem Arbeitgeber aus. Der Rückkaufswert war „null“ – der Versicherer teilte der Mitarbeiterin mit, ihr Vertrag sei „ohne Wert erloschen“. Verkauft worden war ihr diese Vorsorge für das Alter als „rabattierter Einzeltarif“ – angeblich mit besonders günstigen Konditionen.

 

4.800 EUR und Null können auch wertgleich sein?

Nach dem Gesetz muss die Entgeltumwandlung wertgleich sein – offenbar stellen sich viele Versicherer auf den Standpunkt, dass 4.800 EUR umgewandeltes Entgelt auch einmal im Wert gleich Null sein können. Oder es wird argumentiert, dass sie ja für dieses Entgelt doch etwas Wertgleiches bekommen hat – nämlich eine Beratung, die 4.800 EUR wert war.

Tatsächlich bleibt ihr ja auch dauerhaft eine entsprechend teure Erfahrung und nicht etwa gar nichts für das wertgleich umgewandelte Entgelt. Der Versichereranwalt erklärt dann dem Richter, dass ja wohl kein Arbeitnehmer glauben kann, dass die Berater umsonst aus reiner Menschenfreundlichkeit arbeiten oder der Arbeitgeber etwa für die Beratungskosten für die Entgeltumwandlung aufkommt.

Sicher wird sich auch eine Erklärung dafür finden lassen, weshalb auch der Betriebsrat, Personaler oder Firmenchef aus dem umgewandelten Entgelt auch aller anderen Arbeitnehmer eine Kleinigkeit in 6stelliger Höhe behalten darf – schließlich hat er ja diese Entgeltumwandlung erst möglich gemacht und sich darum gekümmert, dass der Arbeitnehmer eine gut honorierte Beratung erhält. Allerdings vermag manches Arbeitsgericht sich dieser Einschätzung nicht anzuschließen, was aber von Versichererseite auf gewisse Verständnisprobleme von Arbeitsrichtern zurückgeführt wird.

Schließlich waren die hohen Abschlusskosten ja nach dem allgemein anerkannten versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip von einem leibhaftigen Versicherungsmathematiker eines zugelassenen und staatlich beaufsichtigten Versicherungsunternehmens in die Prämien eingerechnet – sprich mit dem umgewandelten Entgelt der ersten zwei Jahre verrechnet – worden. Wenn so ein Versicherungsmathematiker etwas mit einem Äquivalenzprinzip verrechnet, kann es eigentlich nur noch äquivalent und damit schon dem Namen nach nur noch wertgleich sein – ist die stets wiederholte und bis heute gern geglaubte Argumentation.

Bedauerlich nur, dass Richtern für solche Notwendigkeiten immer mehr das Verständnis fehlt und die Versicherer sich über ein langsames Abbröckeln jahrzehntelang aufgebauter Überzeugungen beklagen müssen.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

mit freundlicher Genehmigung

von www.experten.de (veröffentlicht am 01.10.2008)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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