BGH: Vermittelte Lebensversicherungen müssen Bedarf und Leistungsfähigkeit des Kunden entsprechen

Bei jedem zweiten Lebensversicherungskunden Anspruch auf Schadensersatz möglich – neue Milliardenhaftung für die Versicherungswirtschaft? Kapitallebensversicherung – legaler Betrug ?: Bereits seit dem Urteil vom 03.06.1983 (Az. 74 O 47/83) des Landgericht Hamburg wurde die Bewertung der Kapitallebensversicherung als „legalen Betrug“ gerichtlich abgesegnet. Professor Michael Adams (Univ. Köln) legte 1997 durch seinen Aufsatz „Die Kapitallebensversicherung als Anlegerschädigung“ nach. Versicherungsvermittlerhaftung nach den Grundsätzen des BOND-Urteils: Weitere fünf Jahre später belegte eine Dissertation, dass auch bei Lebensversicherungen als Kapitalanlage der Vermittler das BOND-Urteil (Az. XI ZR 12/93) des BGH zur Anleger- und objektgerechten Beratungspflicht zu beachten hat. Nachdem nur etwa jeder vierte langfristige Lebensversicherungsvertrag bis zum Ende vom Anleger durchgehalten wurde, lag der Verdacht nahe, das Kapitalanlegern massenhaft nicht geeignete Verträge vermittelt wurden. Neues Machtwort des Bundesgerichtshofs ! Dies greift der BGH in seiner neuen Entscheidung (Urteil vom 14.06.2007 (Az. III ZR 269/06) inhaltlich auf, in dem er darauf hinweist, dass ein Versicherungsmakler zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er eine Lebensversicherung an einen Kunden vermittelt, die nicht „seinem Bedarf und seiner finanziellen Leistungsfähigkeit entsprach“. Läuft der „Sparvertrag“ in der Form einer Lebensversicherung lediglich ein Jahr, so bekommt der Anleger nach einer Untersuchung von Prof. Adams im Mittel nicht einmal zwei Prozent seiner Einzahlungen zurück – eine Negativrendite von über 98%. Schadensersatz selten verjährt? Während zahlreiche Kunden bei gekündigten Lebensversicherungen auf eine Neuabrechnung hoffen, mit im Schnitt nur vergleichsweise minimalen Nachzahlungen aus vertragsrechtlichen Ansprüchen gegen den Versicherer, liegt der gewichtigere Anspruch im Bereich der Falschberatung: Anleger können hier neben den einbezahlten Beiträgen auch eine ordentliche Kapitalmarktverzinsung als entgangenen Gewinn verlangen. Noch haben Anleger die Möglichkeit, den Schadensersatz aus Ansprüchen der letzten 30 Jahre einzufordern: Denn nach den seit 1.1.2002 geltenden Verjährungsregeln haften Vermittler (gerechnet ab 1.1.2002) für längstenfalls noch 10 Jahre. Vielfältige Fälle von Falschberatung Hierunter fallen nicht nur die Abschlüsse, bei denen es von vornherein fraglich war, ob der Kunde die festen Beiträge überhaupt längerfristig aufbringen konnte. Oft wäre eine kürzere Vertragslaufzeit (12 bis 15 Jahre statt 25 bis 40 Jahre) für den Kunden bei frühzeitiger Kündigung weniger nachteilig gewesen, während die lange Laufzeit auch bei Durchhalten bis zum Ende keine Vorteile gebracht hätte. Nicht selten haben Versicherer ihren Kunden „unverbindliche Beispielsrechnungen“ mit hohen Renditen beim Vertragsabschluß vorlegen lassen – mehrere Urteile bzw. Hinweise der Aufsichtsbehörde und äußerungen von Ratingfirmen zeigen, dass derlei Prognosen teilweise auf fehlerhafter Grundlage unrealistisch hohe Renditen, Ablaufleistungen, Kapitalabfindungen oder Rentenzahlungen ausgewiesen haben. Dies kann nach einigen Urteilen dazu führen, dass der Versicherer die überschüsse später nicht herabsetzen darf (Erfüllungsanspruch) oder aber der Vertrag unter Rückzahlung von Beiträgen samt Zinsen rück abzuwickeln ist. Oder es wurde gleich eine falsche Rendite angegeben, weil sie nicht auf die eingezahlten Beiträge, sondern nur auf den Sparanteil nach Kosten und Risikobeiträgen bezogen wurde – oft dann noch zur Verwirrung als „Netto“Rendite bezeichnet. Rentenversicherungen wurden nicht selten als Renditeprodukte verkauft, insbesondere wenn ihre Kapitalabfindung mangels Todesfalleistung erhöht war. Dass die „Rendite“ zum Teil aus der „Wette“ aufs überleben stammte und damit bezahlt wurde, dass es im Todesfall gar keine Leistung gab, wurde dann in der Beratung verschwiegen. Umgekehrt enthalten Policen oft unnötig hohen Risikoschutz, der die Rendite weiter schmälert. Angeblich wollte der Kunde dann gar keine Kapitalanlage, sondern eine Risikoabsicherung. Beliebt zur Provisionsmaximierung und durch die hohen Abschlusskosten und Risikobeiträge besonders nachteilig sind auch die sogenannten Methusalem-Policen mit Beitragszahlungsdauern bis Alter 85. In Beispielrechnungen wurde dann in Aussicht gestellt, dass im Alter 60 bis 65 über die Leistung ohne Abzüge verfügt werden kann, weil dann Deckungskapital und überschüsse zusammen die Versicherungssumme erreichen. Auf das Risiko zurückgehender überschüsse und immer weiter (bis über Alter 75!) sich ins Rentenalter verschiebender Auszahlung wurde meist nicht aufgeklärt. Was ist zu tun? Damit der Kunde weiss, welche Art von Vertrag – mit Kosten, Risikobeiträgen, überschussmodell und sonstigen versicherungsmathematischen „Konditionen“ – er abgeschlossen hat, sollte zunächst eine versicherungsmathematische Begutachtung erfolgen. Damit werden die Diskrepanzen zum ursprünglichen „Bedarf“ des Kunden erkennbar, also das Ausmaß der nicht bedarfsgerechten Beratung. Gleichzeitig kann damit versicherungsmathematisch der Schaden – als Unterschiedsbetrag zum Ergebnis bei Abschluss eines bedarfsgerechten Produktes – ermittelt werden, wenn nicht gar die komplette Rückabwicklung des Vertrages mit Rückzahlung aller Beiträge zuzüglich Zinsen sinnvoller ist. Dies bedarf – auch wegen der Frage der Verjährung – und auch wegen der rechtlichen Erfolgsaussichten einer Prüfung durch einen damit erfahrenen Rechtsanwalt. Nebeneffekt dieser Prüfung: gar nicht so seltene Fehler bei der Ermittlung von überschüssen, Ablaufleistungen, Rückkaufswerten oder früheren Vertragsänderungen werden erkennbar. *von Dr. Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), MBA Finanzdienstleistungen (Univ.Wales), MM (Univ.), Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Lehrbeauftragter für Bürgerliches und Versicherungsrecht (Univ. of Cooperative Education), Bankkaufmann (www.fiala.de) und Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik (Diethardt), Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versiche-rungsmathematik in der privaten Krankenversicherung (www.pkvgutachter. de).
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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