Clean-Diesel-Auto-Legende durch gesetzlich verordnete Fehlmessung?

Wie FIFA, Microsoft, WPs, BP und die Mafia nach dem gleichen Gesetz verklagt und durch die amerikanische Brille an den Pranger gestellt werden, erklären Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm in einem mehrteiligen Beitrag.

 

Im ersten Teil ging es um den „Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act“, ein US-Bundesgesetz, das diese Art der Rechtsprechung ermöglicht. Im zweiten Teil wird die Directors-and-Officers-Versicherung unter die Lupe genommen. Der dritte Teil fokussierte das Thema Vorsatzlosigkeit – und zwar trotz Geständnis. Im Vierten wird Risikomanagement groß geschrieben. Und der Fünfte beschäftigt sich nun mit “gesetzlich verordneten Fehlmessungen”:

 

Existenz der Clean-Diesel-Auto-Legende durch gesetzlich verordnete Fehlmessung?

Der Gesetzgeber verpflichtet seit 1993 zur Abgas-Untersuchung (AU), durch Geräte mit Eignung seit 1965 zur Feststellung der Rauchgastrübung, also ob der Diesel qualmt – nicht jedoch zur Feststellung von noch gefährlicherem ultrakleinem Feinstaub (Frontal21, Sendung vom 25.11.2008). Bereits in den 90er-Jahren haben dann die Werkstätten für die AU den Motor so eingestellt, dass der Test bestanden wurde – anschließend wieder so, dass das Auto optimal fuhr. Vielleicht sollte sich der Finanzminister fragen, welche Dieselfahrzeuge aktuell in der Kfz-Steuertabelle unzutreffend einsortiert wurden?

Die EU plant genauere Messungen offenbar erst ab 2021, während in den USA das Diesel-Auto nun medial generell zur Disposition gestellt wurde.

Die Werbung für „Clean Diesel“ verschwand, seitdem die US-amerikanische Environmental Protection Agency (US Umweltschutzbehörde) je Diesel-Fahrzeug eine Strafe von $37,500 (bei 482,000 Fahrzeugen bereits möglicherweise bis zu mehr als $18 Mrd.) in den Raum gestellt hatte, insbesondere wegen Verstoßes gegen den Clean Air Act.

Nach unserem Rechtsverständnis darf es auf der Straße höhere Werte geben: Denn die Normwerte müssen ja nur im definierten Normbetrieb eingehalten werden, und selbst bei diesem nicht immer. Also wenn z.B. im Hochlastbetrieb, bei hoher Kühlmitteltemperatur u.a. die Emissionsminderung um den Motor zu schonen ausgeschaltet wird und bei niedrigerer Last verstärkt wird, ist dies sinnvoll. Es handelt sich damit nicht um gezielte Manipulation für den Testbetrieb.

 

Freilich könnten Techniker auf die Idee kommen, gezielt die Software zur Erreichung vorgeblich anderer Ziele so zu programmieren, dass im Ergebnis gerade im Testbetrieb die besten Resultate erzielt werden. Richtig gemacht lässt sich das eigentlich kaum nachweisen. Wenn angebliche Experten von Manipulation sprechen, so ist dies Stimmungsmache und schwer nachweisbar.

Es kann doch sein, dass dies ein zum Zwecke bestmöglicher Leistung effizientes Verhalten ist. Möglicherweise folgt die betriebszustandsabhängige Emissionsminderungssteuerung in USA dem legalen EU-Vorbild, aber die weichen Grenzen zur Manipulation wurden gezielt für Testumgebungen überzogen. Gegebenenfalls, ohne dass man sich des Überschreitens der Grenzen bewusst war?

So macht es Sinn, dass während jemand im Schnee feststeckt die Vorderräder beim Gasgeben durchdrehen, aber die Hinterräder nicht von der Stelle kommen – und derjenige nicht durch angesaugte Schadstoffe geschädigt wird. Dafür kann eine besonders gründliche Schadstoffreinigung programmiert werden. Und ebenso die Abschaltung der Klimaanlage, um das Ansaugen der Abgase zu vermeiden. Wenn dann auf dem Prüfstand die Steuerung die gleiche Situation antrifft, wird sie auch genauso reagieren, aber eben nicht – was nur besonders Böswillige vermuten könnten – gezielt wegen der Testsituation.

 

Richtlinie 2001/27/EG der EU-Kommission vom 10. April 2001

Eine Emissionsminderungsstrategie, bei der technisch die Emissionsminderung bei bestimmten Betriebsbedingungen verändert oder ein- oder ausgeschaltet wird, ist grundsätzlich zulässig, technisch erforderlich und erwünscht. Hingegen: Die Verwendung einer Abschalteinrichtung oder der Einsatz anormaler Emissionsminderungsstrategien ist untersagt.

Eine Einrichtung, die unter definierten Bedingungen die Emissionsminderung abschaltet, ist aber nur deshalb noch keine verbotene Abschalteinrichtung. Eine stärkere Reinigung unter bestimmten Voraussetzungen ist auch im Normalbetrieb erlaubt. Zudem wird auch der Motor dadurch geschont. Es ist in der EU erlaubt, dass die Emissionsminderung in bestimmten Betriebssituationen ausgeschaltet oder vermindert wird, in anderen dagegen, wenn möglich, gesteigert. Alles also ein sinnvoller Einsatz der Steuertechnik.

 

Das Auto: EU-Recht erlaubt übliche Abschalte-Einrichtungen

In der „Richtlinie 2001/27/EG der Kommission vom 10. April 2001“ heißt es:

„Mit der Richtlinie 1999/96/EG wurden neue Emissionsmesszyklen und Bestimmungen eingeführt, um dem Einsatz von Abschalteinrichtungen und anormalen Emissionsminderungsstrategien vorzubeugen. Es ist nunmehr angebracht, dieser Richtlinie mehr Wirkung zu verleihen und Behörden ein Instrument an die Hand zu geben, mit dem sie feststellen können, ob unter üblichen Betriebsbedingungen Abschalteinrichtungen oder anormale Emissionsminderungsstrategien zum Einsatz kommen, um die Motorleistung unter Inkaufnahme eines höheren Schadstoffausstoßes zu manipulieren.

“Abschalteinrichtung” eine Einrichtung, die Betriebsgrößen (Fahrzeuggeschwindigkeit, Motordrehzahl, eingelegten Gang, Temperatur, Unterdruck im Ansaugtrakt oder andere) misst oder erfasst, um die Funktion eines beliebigen Teils der emissionsmindernden Einrichtung zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, so dass die Wirkung der emissionsmindernden Einrichtung unter üblichen Betriebsbedingungen verringert wird, es sei denn, die Bedingungen, unter denen das geschieht, sind in den angewandten Verfahren für die Zertifizierungsprüfung ausdrücklich vorgesehen; “anormale Emissionsminderungsstrategie” eine Strategie oder Maßnahme, durch die die Wirkung der emissionsmindernden Einrichtung unter üblichen Betriebsbedingungen auf weniger als das im jeweiligen Emissionsprüfverfahren geforderte Maß verringert wird […].”

6.1.2.1. Die Verwendung einer Abschalteinrichtung oder der Einsatz anormaler Emissionsminderungsstrategien ist untersagt […].

6.1.4. Um zu prüfen, ob eine Strategie oder Vorkehrung als Abschalteinrichtung im Sinne von Nummer 2.28 oder als anormale Emissionsminderungsstrategie im Sinne von Nummer 2.30 anzusehen ist, kann die Typgenehmigungsbehörde eine zusätzliche NOx-Messung nach dem im ETC-Prüfzyklus vorgesehenen Verfahren verlangen; sie kann zusammen mit der Typgenehmigungsprüfung oder der Prüfung der Übereinstimmung der Produktion vorgenommen werden.

 

on Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.experten.de (veröffentlicht am 04.07.2017)

 

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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