– Warum der Verzicht auf volle BSV-Leistung zu Lasten der Arbeitsagentur nichtig ist –
Kurzarbeitergeld (KUG) ist eine Entlastung für Arbeitgeber – eine Unternehmenshilfe, um Beschäftigte für das rasche Hochfahren des Betriebs nach der Krise vorzuhalten. Ein Antrag darauf bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) wirkt auf den Monatsersten zurück.
Arbeitgeber, denen ein versicherungsvertraglicher Rechtsanspruch aus einer Betriebsschließungsversicherung (BSV) zusteht, brauchen kein KUG und bekommen es daher auch nicht.
Strafbarkeit durch Kurzarbeitergeld: Betrug, Subventionsbetrug,
Sind die gesetzlichen KUG-Voraussetzungen (vgl. § 95 SGB III) ab der Antragstellung nicht oder nicht laufend gegeben, wird die BA später einen Strafantrag stellen.
Ermittlungen wegen der Verwürfe des Betrugs (§ 263 StGB) und Subventionsbetrug (§ 264 VIII Nr.1 StGB) führen leicht zur späteren Bestrafung, weil bloße Leichtfertigkeit bei unvollständigen oder unrichtigen Angaben genügt.
Den Arbeitgeber treffen Erkundigungs-, Informations-, Prüfungs- und Aufsichtspflichten.
Hürden bis zur Leistung der eigenen Betriebsschließungsversicherung (BSV)
Manche Versicherer behaupten, dass die Betriebsschließung wegen Corona in der Police gar nicht versichert sei. Andere Versicherer regulieren komplett – oder es wird eine angebliche „Kulanzzahlung“ in Höhe von beispielsweise 10-15% angeboten, wenn man auf eine strittige volle Leistung verzichtet.
Kurzarbeitergeld durch Betriebsschließungsversicherung ausgeschlossen?
KUG ist eine subsidiäre, also nachrangige Sozialleistung des Staates. Es gilt das Sprichwort „Hilf dir selbst, so hilft dir Gott“. Wer eine BSV hat, benötigt für den versicherten Zeitraum kein KUG – die BA würde etwaige Leistungsansprüche aus dem Versicherungsvertrag verrechnen – selbst dann, wenn man diese zu Lasten der Arbeitsagentur nicht beanspruchen will.
Anders wäre es nur dann, meint die BA, wenn der Versicherer keine vertragliche sondern eine rein „freiwillige“ Leistung erbringt. Dies kann man leider nicht dem Inhalt der Vereinbarung zu den 10-15% „Kulanzleistung“ entnehmen – sondern muss es aus den Versicherungsbedingungen herauslesen.
Zur Vermeidung der Strafbarkeit muss der Arbeitgeber zweifelsfrei feststellen, dass eine „Corona-Betriebsschließung“ gar nicht versichert ist, er also daraus keine Ansprüche hat. Es reicht nicht, dass der Versicherer diese bestreitet, wenn er tatsächlich besteht.
Aus wirtschaftlichen Gründen statt der vollen Leistung die „Kulanzleistung“ zu wählen, weil dann mit KUG sogar mehr herauskommt, wäre ein schwerer Fehler.
Kurzarbeitergeld durch „Kulanzleistung“ der Betriebsschließungsversicherung ausgeschlossen?
Wer sich mit 10-15%-Leistung begnügt, jedoch vertraglich einen Anspruch auf 100% hat, erhält nicht 10-15% „freiwillig“ sondern verzichtet (mehr oder weniger freiwillig) auf den Großteil der vollen Leistung.
Damit wird die BA im ungünstigsten Fall, wovon auszugehen ist, den vollen 100% BSV-Leistungsanspruch anrechnen – selbst wenn am Ende „freiwillig“ lediglich 10-15 % vom Versicherer geleistet wird. Das geflügelte Wort in der Ausbildung lautet dazu: „Der Staat darf nichts verschenken“ – man nennt dies auch „Subsidiaritätsprinzip.“
Der Verzicht auf die volle Leistung zugunsten einer „freiwilligen Kulanzleistung“ zu Lasten des Staates verstößt gegen die guten Sitten – dies führt dann direkt zu seiner Nichtigkeit. Folge ist dann zunächst, dass der Staat den vollen Leistungsanspruch anrechnet, als hätte man ihn erhalten.
Jedoch wird auch der Versicherer sich auf die Verzichtsvereinbarung nicht berufen können, und daher dennoch 100 % zahlen müssen. Allerdings kann der Versicherer sich dann auf Obliegenheitsverletzungen berufen, etwa im Vertrauen auf Kulanzleistungen nicht eingehaltene Fristen.
Betriebsschließungsversicherung – im Zweifel erst prüfen, dann auf Versicherungsleitung klagen
Eventuelle abweichende Meinungsäußerungen von BA-Mitarbeitern werden sich mangels Rechtsgrundlage später als Grund für staatsanwaltliche Ermittlungen gegen Arbeitgeber erweisen; möglicherweise auch gegen den handelnden Beamten wegen Untreue im Dienst.
Arbeitgeber sind gut beraten, sich derartige Meinungen schriftlich geben zu lassen – bestenfalls als öffentlich-rechtlichen Vertrag. Sich einen Persilschein vom Steuerberater geben zu lassen wäre auch keine gute Idee, denn als Aussteller wäre er meist ungeeignet – etwa weil die bis zu mehr als ein Dutzend Urteile zum nötigen Inhalt von strafbefreienden Testaten und Gutachten unbekannt sind. Freilich hilft das nur, eine Strafe zu vermeiden – der Rückforderung des KUG kann man damit nicht entgehen.
von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm
veröffentlicht:
Deutsche Handwerkerzeitung am 27.04.2020 unter der Überschrift: Betriebsschließungsversicherung verhindert Kurzarbeitergeld
und
TextileNetwork.de am 27.04.2020 unter der Überschrift: Corona: Betriebsschließungsversicherung (BSV) verhindert Kurzarbeitergeld
und
Elektro.net am 29.04.2020 unter der Überschrift: Kein Kurzarbeitergeld bei Vorliegen einer Betriebsschließungsversicherung
und
cash.online am 29.04.2020 unter der Überschrift: Corona: Betriebsschließungsversicherung verhindert Kurzarbeitergeld
und
Eyecom veröffentlicht auf optik-mutmacher.de am 28.04.2020 unter der Überschrift: Corona: Betriebsschließungsvereinbarung (BSV) verhindert Kurzarbeitergeld
Link: http://optik-mutmacher.de/corona-betriebsschliessungsversicherung-bsv-verhindert-kurzarbeitergeld
und
www.radmarkt.de (veröffentlich am 07.05.2020 unter der Überschrift: Betriebsschließungsversicherung oder Kurzarbeitergeld?: Nur eines geht)
Link: https://radmarkt.de/nachrichten/betriebsschliessungsversicherung-kurzarbeitergeld-nur-geht
und
www.drogeriewarenzeitung.de (veröffentlicht am 03.05.2020 unter der Überschrift: Corona: Betriebsschließungsvereinbarung (BSV) verhindert Kurzarbeitergeld)
und
Ebooks.dasblatt.de (veröffentlicht am 08.05.2020, in „Das blaue Blatt“, Ausgabe Nr. 9, Seite 28/29 unter der Überschrift: Warum der Verzicht auf volle BSV-Leitung zu Lasten der Arbeitsagentur nichtig ist.)
und
Deutsche Molkerei Zeitung (veröffentlicht am 07.05.2020, 09/2020, Seite 41, unter der Überschrift: Betriebsschließungsversicherung (BSV) verhindert Kurzarbeitergeld)
und
Computern im Handwerk, (veröffentlicht in Ausgabe Mai 2020, Seite 5, unter der Überschrift: Betriebsschließungsversicherung (BSV) verhindert Kurzarbeitergeld)
und
www.submissoin.de (veröffentlicht im Mai 2020)
und
www.markt-intern.de (veröffentlicht am 29.04.2020)
und
www.lohn1x1.de (veröffentlicht am 30.04.2020)
Link:https://www.lohn1x1.de/News/Kein-Kurzarbeitergeld-bei-betriebsschliessungs-versicherung.html
und
Beck Verlag (veröffentlich in BC 06/2020)
Link: https://rsw.beck.de/cms/main?docid=429044
und
www.hm-infinity.de (Veröffentlich in Infinity-Magazin, Ausgabe 05/2020, Seite26 und 27)
und
www.der-bau-utnernehmer.de (veröffentlicht in Der BauUnternehmer Ausgabe 147, Juli 2020, Seite 6 unter der Überschrift: Versicherung gegen Betriebsschließung verhindert Kurzarbeitergeld für Arbeitgeber in Corona-Zeiten)
Link: http://daten.der-bau-unternehmer.de/DBU_07_2020_DT.pdf
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PhD, MBA, MM
Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilienwirtschaft, Finanzrecht sowie Steuer- und Versicherungsrecht. Die zahlreichen Stationen seines beruflichen Werdegangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganzheitlich beratend und im Streitfall juristisch tätig zu werden.
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