Deutsche Politiker fordern Abschaffung der Kontenabfragen, doch die EU-weiten Abfragen nehmen laufend zu – was tun?

*von Andreas Niemack (http://www.interis.ch>www.interis.ch ), Betriebswirt (lic.oec. HSG), Finanzberater für Auslandsvermögen (Zürich) und Johannes Fiala (https://www.fiala.de>www.fiala.de ), Betriebswirt (MBA), Rechtsanwalt (München)
Das Bundesfinanzministerium hat es klar gemacht: 62.140 Kontenabfragen seien seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit getätigt worden, zwei Drittel davon von Polizeibehörden, über 10.000 von Finanzämtern. Sind damit Meldungen des Genossenschaftsverbandes Frankfurt über “mehrere Millionen Kontoabfragen im vergangenen Jahr” oder die Bekanntgabe einzelner Banken über “hunderttausende von Anfragen ” Makulatur? Wohl nicht, zählt doch das Ministerium das Forschen nach mehreren Konten eines bestimmten Bürgers als einzelne Abfrage, während die Banken jede Kontenabfrage als solche einzeln zählen.
Wie läuft eigentlich ein Kontenabruf in Deutschland ab? 1. Die Finanzbehörde muss zunächst den Steuerpflichtigen zur Aufklärung eines Sachverhaltes auffordern. Dabei muss sie ihn auf die Möglichkeit des Kontenabrufs hinweisen (vgl. Anwendungserlass zu den Konten-abrufregeln BMF vom 10.3.2005, Az. IV A4 – S 0062 – 1/05). 2. Führt dies nicht zur Aufklärung oder verspricht die Nachfrage keinen Erfolg, kann ein Kontenabruf ohne Information an den Steuerpflichtigen veranlasst werden. Folgende Daten werden dabei abgerufen: a) Name und ggf. Geburtsdatum des Inhabers und der Verfügungsberechtigten b) Name und Anschrift eines vom Kontoinhaber abweichenden wirtschaftlich Berechtigten c) Nummer des Kontos / Depots d) Tag der Errichtung und ggf. der Auflösung des Kontos / Depots (bis 3 Jahre zurück) 3. Weicht das Ergebnis des Abrufs von den Angaben des Steuerpflichtigen ab, so ist dieser mit dem Resultat zu konfrontieren und erneut zur Aufklärung aufzufordern. Wenn das Ergebnis der Abfrage und die Angaben übereinstimmen, ist der Betroffene über die Abfrage im Steuerbescheid zu informieren. 4. Das Finanzamt kann auch direkt und selbständig bei der Bank des Steuerpflichtigen Einsicht in Kontostände und -bewegungen nehmen, wenn der Betroffene nicht bei der Aufklärung mitwirkt oder eine Mitwirkung nicht erfolgversprechend ist. Sind Kontenabrufe in anderen Ländern als Deutschland möglich? Die Zeiten, in denen sich Anleger, die mit ihrem Geld nach österreich, Belgien und Luxemburg gegangen waren, weitgehend vor dem Zugriff des deutschen Fiskus sicher wähnten, sind vorbei. Seit Februar ist in Deutschland ein Gesetz in Kraft, das im Wesentlichen das Ziel verfolgt, hiesigen Strafverfolgungsbehörden zu ermöglichen, im europäischen Ausland parkierte Gelder aufzuspüren. Dabei ist Deutschland nicht alleine, sondern hat lediglich ein bereits aus 2001 stammendes Protokoll des europäischen Rates in nationales Recht umgesetzt. Neben Deutschland, österreich und Belgien haben noch zwölf weitere EU-Länder diesen Schritt getan. Auch die restlichen EU-Länder sind zur Umsetzung verpflichtet. Das bedeutet, dass auch Luxemburg den Strafverfolgungsbehörden beim Aufspüren von Schwarzgeld behilflich sein muss. Mit dem neuen Gesetz ist auch österreich kein sicheres Land mehr (aus Anlegersicht). Das automatisierte Kontendatenabrufverfahren funktioniert zwar nur in Deutschland, und eine länderübergreifende Abfrage läuft nicht per Computer, aber Strafermittler können nach Einleitung eines Verfahrens (was einfach ist) im EU-Staat anfragen, ob der Betroffene dort ein Konto unterhält. Das gilt nicht nur für eigene Konti, sondern auch treuhänderisch gehaltene. Nach der Identifikation der Konten können die Finanzbehörden dann Auskunft über sämtliche Kontenbewegungen bekommen. Dazu zählen auch Informationen über Empfängerkonten im In- und Ausland. All diese Informationen können heimlich, d.h. ohne Information an den Betroffenen abgefragt werden.
Ferner gilt seit dem 1. Juli 2005 die EU Zinsrichtlinie. Nach dieser verschicken die Banken in allen EU-Staaten Kontrollmitteilungen an das Bundesamt für Finanzen über Kontoinhaber mit Wohnsitz in Deutschland. Damit ist der europaweite Austausch über Zinserträge Wirklichkeit geworden und die deutschen Finanzämter erfahren, ob ein Bundesbürger Geld im EU-Ausland angelegt hat. Die Kontrollmitteilung über Zinserträge enthält: 1. Name, Vorname und Geburtsdatum des Kontoinhabers 2. Adresse in Deutschland 3. Zinszahlungen für das jeweilige Jahr Ausnahmen bilden die Länder Luxemburg, österreich, Schweiz, Liechtenstein und Belgien. Diese Länder verschicken keine Kontrollmitteilungen, wenn sie diese Anweisung vom Kunden erhalten haben, sondern behalten eine Quellensteuer ein. Der Umfang der Quellensteuer auf Zinsen beläuft sich in 2005 auf 15%, ab 2007 auf 20% und ab 2010 auf 35%. Diese Länder halten somit an ihrem Bankgeheimnis fest und erheben – wie die Schweiz – eine anonyme Quellensteuer auf Zinserträge. 75% der Einnahmen werden an den Heimatstaat des Anlegers weiter geleitet. In Kombination dieser beiden Gesetze gibt es in Zentraleuropa nur mehr zwei Länder, in denen das Bankgeheimnis noch integral intakt ist: die Schweiz und Liechtenstein, wobei für Liechtenstein anzumerken ist, dass es im Gegensatz zur Schweiz Mitglied des EWR ist. Dazu kommen, v.a. in der Schweiz, sehr professionelle Dienstleistungen der Banken und der Vorteil der Deutschsprachigkeit, was diese Länder ? und vor allem die Schweiz – zu einer attraktiven Alternative für Anleger macht, die dem Schutz des Bankgeheimnisses eine grosse Bedeutung beimessen. Nachdem führende Steuerpolitiker der Union den Kapitalabfluss aus Deutschland zur Kenntnis genommen haben (Experten sprechen von 350 Mio. Euro), fordern einige bereits die Abschaffung der automatischen Kontenüberwachung und plädieren für eine sog. Abgeltungssteuer auf Zinseinkünfte. Allerdings müsste gleichzeitig die abschreckend hohe Zinsbesteuerung von bis zu 50% auf auslandübliche 25-30% gesenkt werden Anlass dazu könnte ein Urteil des Bundesverfassungs�gerichts zu den Kontenabrufen geben, das für Herbst 2006 erwartet wird. Eine solche Abgeltungssteuer ist aber frühestens 2008 zu erwarten.

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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