Ein Recht auf Beratung

Mit dem ab Mitte 2007 geltenden Rechtsdienstleistungsgesetz bekommt das Thema Rechtsberatung durch Finanzdienstleister eine neue Bedeutung.
Winkeladvokaten nennt man heute in der Regel Anwälte, die ihren Job eher schlecht als recht erledigen, ursprünglich wurden damit hingegen nur Personen bezeichnet, die Rechtsberatung (etwa im hintersten Winkel von Gaststuben) verkauften, ohne die dafür nötige Qualifikation und Zulassung zu haben. Dass es die Bezeichnung überhaupt gibt, ist ein klarer Hinweis darauf, dass es seinerzeit eine beträchtliche Anzahl dieser „Nebenerwerbsanwälte“ gegeben haben muss. Er dürfte aber auch darauf zurückzuführen sein, dass sich die – zugelassenen – Anwälte zu allen Zeiten massiv und mit allen Mitteln gegen derlei Anmaßungen gewehrt haben. Und das ist ihnen tatsächlich außerordentlich gut gelungen. Im Rechtsverständnis der breiten öffentlichkeit herrscht nämlich bis heute mehrheitlich die Annahme vor, dass Nicht-Anwälte niemals Rechtsauskünfte erteilen dürfen, obwohl das keineswegs so ist. Sogar der Lübecker Allfinanzdienstleister Dr. Klein & Co. AG, der vor dem Oberlandesgericht Hamburg ein Verfahren gewonnen hat, in dem es genau um dieses Thema ging (siehe Kasten), scheint bis zuletzt gedacht zu haben, dass nur Rechtsanwälte eine rechtliche Beratung vornehmen dürfen. In einer Presseaussendung mit dem Titel „Dr. Klein erstreitet Recht auf Beratung“ erklärt das Unternehmen: „Bisher durften ausschließlich Rechtsanwälte eine rechtliche Beratung von Privatpersonen vornehmen – nicht jedoch Kreditvermittler.“ Das allerdings entspricht nicht ganz der schon seit längerem geltenden Rechtsprechung. Bereits in den neunziger Jahren hat das Bundesverfassungsgericht erstmals wesentlich umfassendere Möglichkeiten zur Rechtsberatung geschaffen – auch für Finanzdienstleister. Die Frage ist nur: Wie viel Rechtsberatung ist dem Finanzdienstleister erlaubt? Zum Hintergrund: Das Rechtsberatungsgesetz verfolgt im Wesentlichen zwei Zwecke: zum einen den Schutz der Verbraucher und zum zweiten die Förderung und Funktionssicherung einer reibungslosen Rechtspflege, indem fachlich ungeeignete und unzuverlässige Personen von der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ferngehalten werden sollen. Dem entsprechend hat das Bundesverfassungsgericht daraus abgeleitet, dass nur noch dann eine verbotene Rechtsberatung vorliegt, wenn „im Kern und Schwerpunkt“ eine Rechtsdienstleistung, also zum Beispiel eine Beratung oder eine Vertretung, erbracht wird. Und damit sind zahlreiche Tätigkeiten schon seit langem nicht mehr allein den Anwälten vorbehalten. Ein dritter Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes – der so genannte Erhalt einer leistungsfähigen Berufsgruppe (Rechtsanwälte und Rechtsbeistände) – hat in der Bedeutung abgenommen. Aufgrund des verfassungsrechtlichen Ziels eines „Rechtsstaates“ nach Artikel 19 IV, 20, 103 des Grundgesetzes können jedoch die Rechtsdienstleistungen nicht komplett für Jedermann freigegeben werden. In anderen europäischen Verfassungen findet sich eine derartige Einschränkung übrigens nicht. Der Bundesgerichtshof (BGH) legt das Rechtsberatungsgesetz übrigens deutlich weiter aus, indem er auf die Frage abstellt, ob ein Kunde „eine besondere Rechtsprüfung ausdrücklich wünscht oder erkennbar erwartet“. Die Antwort auf diese Frage hängt zum einen davon ab, welche Person die Beratung durchführt und wie qualifiziert sie ist. Zum anderen kann es anhand „verkehrstypischer Gepflogenheiten“ oder „objektiven Maßstäben des jeweiligen Geschäfts“, wie es die Juristen ausdrücken, entschieden werden. Danach könnten sich Gerichte faktisch noch immer über den Willen der Parteien eines Dienstleistungsvertrags hinwegsetzen und so manche Dienstleistung kurzerhand als verboten einstufen. In solchen Fällen, kommt es dann auf den Auftragsinhalt und die „Kriegskasse“ an, denn das Verfassungsrecht wird im Zweifel für die Freiheit sprechen, also dafür, dass das Verbot einer Rechtsdienstleistung sehr eng auszulegen ist und deshalb nicht mehr eingreift. Wer also entsprechende Dienstleistungen anbieten möchte, sollte zumindest darauf vorbereitet sein, „sein Recht“ im Zweifel bis vor eben das Verfassungsgericht durchstreiten zu müssen. Nachdem in den Vermögensschadenhaftpflicht- Policen von Finanzdienstleistern und Unternehmensberatern bis heute keine Rechts- und Steuerberatung versichert wird, liegt es natürlich nahe, entsprechende Sachverhalte an einen Rechtsbeistand, einen Steuerberater oder einen Anwalt als Kooperationspartner zu delegieren. übrigens darf eine solche Kooperation seit Mitte 2005 auch ganz offen bekannt gemacht werden. Für den Finanzdienstleister entsteht hier keine Konkurrenzsituation, denn im Grundsatz dürfen weder Rechtsanwälte noch Steuerberater für die Mandanten Finanzdienstleistungen gegen Provisionen erbringen. Rechtsdienstleistung für alle Mit dem neuen Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) ab 1. Juli 2007 wird sich diese Situation noch einmal erheblich verändern. Steht die Rechtsdienstleistung nämlich nicht im Mittelpunkt des Angebots, kann ein Finanzdienstleister künftig so gut wie jede Rechtsberatung mit übernehmen. Das neue Gesetz nennt zahlreiche Beispiele wie etwa die Streitschlichtung, die Fördermittelberatung und die Testamentsvollstreckung. Einfache Rechtsdienstleistungen werden dann sogar jedermann erlaubt sein. Ein Bei spiel wäre die Geltendmachung von Haftpflichtansprüchen durch eine Kfz-Werkstatt. Auch die Mitwirkung bei Vertragskündigung und -abschluss soll dann jedem gestattet sein, so etwa die Mitwirkung bei der Kündigung und dem Neuabschluss eines Energieversorgungsvertrags durch einen Energieberater. Insgesamt betrachtet wird dies künftig als so genannte „Nebenleistung“ möglich sein und damit vermehrt „Leistungen aus einer Hand“ ermöglichen. Die rechtliche Beratung als typische Nebenleistung wird damit auch einem Insolvenz- oder Sanierungsberater bezüglich der Insolvenzordnung möglich sein genauso wie einem Architekten in baurechtlichen Fragen. Im Finanzdienstleistungssektor wird ein Kreditinstitut seine Kunden auch im Hinblick auf die Vermögens- oder Unternehmensnachfolge beraten können, und ein Erbenermittler wird bei der gerichtlichen Beantragung eines Erbscheins tätig werden können. Als Voraussetzung ausreichend wird dann sein, dass die Rechtsdienste zum Berufsbild oder den vertraglich übernommenen Pflichten des rechtlich Beratenden gehören. Teilweise sind derartige Tätigkeiten laut Bundesverfassungsgericht bereits heute jedermann erlaubt. Andererseits greift das RDG die Linie des BGH auf, indem solche Prüfungen verboten sein sollen, bei welchen ein Einzelpunkt eine vertiefte Rechtsprüfung erfordert. Damit eröffnet sich ein rechtlich unsicherer und unbestimmter Bereich, zu dem sich eine neue Rechtsprechung erst noch entwickeln muss. Das wirtschaftlich bedeutendere Risiko liegt beim Verbraucher und beim Gewerbetreibenden gerade dort, wo fahrlässig verursachte Schäden durch Fehler nicht versichert beziehungsweise nicht versicherbar sind. Einziger Ausweg ist hier das Teamwork beziehungsweise die Kooperation, beispielsweise zwischen Rechtsanwälten und Finanzdienstleistern.
(FONDS professionell 4/2006, 188)
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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