Finanzvertrieb ohne Zulassung und ohne Aufsicht?

Spätestens 2007 wurde bei uns begonnen, die freie Vermittlung von Finanzprodukten verstärkt zu regulieren. Guter Leumund, eine Haftpflichtversicherung, nachgewiesene Sachkunde, die Pflicht zu umfangreicher Information und Dokumentation gehören zum Standard. Einige „alte Hasen“ haben sich noch ohne Sachkundenachweis in die neue Zeit gerettet. Seit diesem Jahr werden auch Finanzanlagenvermittler reguliert. Dies schränkt die Möglichkeiten weiter ein, ohne Zulassung tätig zu sein.

 

Problem:

Aller Regulierung zum Trotz kommt Finanzvertrieb ohne Zulassung aber immer noch vor, auch bei Versicherungen.
So kann ein Verein seinen Mitgliedern Finanzprodukte anbieten – ein Gewerbe ist dies nicht, weil sich das Angebot an den beschränkten Kreis der Mitglieder richtet und kein direktes Auftreten am Markt stattfindet. Der Verein selbst darf öffentlich auftreten. Beworben wird dies dann als Nettotarif, Sonderkondition oder Angebot frei von Ausgabeaufschlägen – also oft als Produkt ohne Vergütung. Für Produktanbieter ist dies höchst effizient.

Falls dann – was selten genug der Fall ist – zusätzlich auch Beratung gewünscht wird, darf der Kunde dies eigentlich nicht im Verein bekommen. Der richtige Weg: Er sucht sich einen zugelassenen Vermittler oder Honorarberater und bezahlt dessen Dienstleistung selbst. Meist läuft es jedoch anders: Der Versicherer bietet dem Verein doch irgendwo Provisionen, weil es kein Nettoprodukt gibt. Die Vergütung bekommt ein zugelassener Vermittler oder ein Treuhänder. Dafür erhält das Vereinsmitglied dann „Gutscheine für Beratung auf Abruf“ beim Berater oder Vermittler.

Oder vom Berater oder dem Verein später ohne Beratung die Provision erstattet. Rein rechtlich muss sich dann die Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) dafür interessieren und vielleicht sogar eine Geschäftsabwicklung anordnen, weil es dem Verein an der Zulassung zum Einlagengeschäft fehlt. Oder an der Zulassung für Finanztransfergeschäfte. Trotzdem nutzen namhafte Versicherer Vereine genau zu diesem Zweck und kreieren damit oft Vertrieb ohne Zulassung – eigentlich ein Skandal.

Genutzt wird dies in zahlreichen Vereinen: beim Verbraucherschutz, Förderung der Altersversorgung, Unterstützung bestimmter Berufsgruppen oder Hobbys. Gelegentlich schließt dann der Verein auch Rahmenverträge mit Versicherern ab und gibt sich selbst als Versicherungsnehmer aus.  Somit darf er zulassungsfrei sein eigenes Angebot an die Mitglieder vermitteln, die lediglich versicherte Personen werden.

Selbst wenn dies ohne Vergütung geschieht, ist es ohne Zulassung eigentlich verboten. Ob etwa Verbraucherzentralen eine Registrierung als Versicherungsberater benötigen, ist gerichtlich noch nicht geklärt. So stehen sie außerhalb des Gesetzes.

 

Ein zweites Problemfeld:

Wer den Abschluss neuer Versicherungen vermittelt, benötigt eine Zulassung. Dagegen ist für die Vermittlung gebrauchter Policen keine Zulassung nötig. Bei gebrauchten Policen kann der Versicherer später beliebige Finanzinstrumente für den neuen Versicherungsnehmer erwerben. Im Grunde genügt dafür zunächst eine „1-Euro-Police mit Tageszulassung“. Bei derartigen Modellen entfallen Prospekte, Genehmigungen für den Vertrieb und Vermittlerzulassung. So lassen sich ohne aufwendige Beratung und Zulassung alle regulierten Finanzprodukte als Fondspolice an den Kunden bringen.

 

Eine dritte Ungereimtheit:

Nicht nur die Banken und Vermögensverwalter dürfen Family-Office-Lösungen zur Verwaltung größerer privater Vermögen anbieten, sondern  – ohne Zulassung – auch der Kunde selbst, wenn er seine eigene Vermögensverwaltungsfirma gründet. Werden dann Experten, die das Vermögen ihres „Arbeitgebers“ in Finanzinstrumenten verwalten, angestellt, benötigen sie keine Erlaubnis.
Der Kunde betreibt, handelnd durch den Angestellten, nach der Ausnahmeregelung des Paragrafen 2 im Kreditwesengesetz erlaubnisfreie Eigengeschäfte.

 

Fazit:

Es  könnte durchaus sein, dass der Gesetzgeber in den nächsten Jahren noch eine dritte Regulierungswelle auslöst.

 

von Dr. Johannes Fiala

mit freundlicher Genehmigung von

www.portfolio-international.de

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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