Genehmigungserfordernisse im Bereich der medizinischen Gesundheitsfürsorge

1.

  • 1904 BGB ärztliche Maßnahmen Nach § 1904 Abs. 1 ist die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff nur mit der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes wirksam, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute aufgrund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, also ohne sofortige Maßnahmen erhebliche gesundheitliche Nachteile wahrscheinlich wären. Nach § 1904 Abs. 2 gilt Abs. 1 auch für die Einwilligung eines Bevollmächtigten, die nur bei schriftlicher Erteilung wirksam ist und die in Abs. 1 Satz 1 genannten Maßnahmen umfassen muss.
  • 1904 regelt also besondere Fälle der Arzt-Patienten-Beziehung für den Fall, dass der Patient selbst nicht einwilligungsfähig ist und der Betreuer an seine Stelle tritt. Im Falle der Verhinderung des Betreuers kann auch ausnahmsweise das Vormundschaftsgericht in eine Maßnahme einwilligen oder einen Ersatzbetreuer bestellen, § 1846.

 

Voraussetzung ist die Einwilligungsbefugnis des Betreuers. Im Aufgabenkreis muss also die Einwilligung in die genannten Maßnahmen umschrieben sein. „Gesundheitsfürsorge“ oder „Personensorge“ oder Fürsorge für eine bestimmte Behandlung sind völlig ausreichend. Der Betreuer ist aber nur dann befugt, die Einwilligung anstelle des Betroffenen zu erklären, wenn dieser nicht selbst einwilligen kann. Ein Einwilligungsvorbehalt ist wegen des höchstpersönlichen Charakters der Einwilligung in Maßnahmen in die körperliche Unversehrtheit nicht statthaft.

Die Einwilligung des Betreuers richtet sich nur auf die medizinische Maßnahme und nicht auf den Behandlungsvertrag im Übrigen.

 

1.1. Die Einwilligung

Abs. 1 gilt auch für die Einwilligung eines Bevollmächtigten. Sie ist nur wirksam, wenn die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die in Abs. 1 Satz 1 genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. Für den gesetzlichen Vertreter ist wichtig zu wissen, in welchen Fällen seine Vertretungsmacht beginnt. Bei jeglichen Maßnahmen der Gesundheitsfürsorge ist auf die natürliche Einsichtsfähigkeit des Betroffenen abzustellen. D. h., kann der Betreute über den Grund, die Art, die Bedeutung, die Tragweite, die zu erwartenden Risiken und/oder alternative Behandlungsmöglichkeiten und Konsequenzen des intendierten Eingriffs oder der intendierten Untersuchung nach Aufklärung des Arztes sich eine Meinung bilden und seinen natürlichen Willen erklären, so ist seine Entscheidung verbindlich. Bei bestehender Einsichtsfähigkeit bedarf es keiner zusätzlichen Zuständigkeit des Betreuers. Muss der Betreute jedoch in diesem Sinne als einwilligungsunfähig angesehen werden, ist die Einwilligung des Betreuers/Bevollmächtigten erforderlich.

Dieser hat dann im Vertretungsfalle die Pflicht, sich über

– Wesen, – Zweck und – Dauer der Behandlung,

– die anzuwendenden Methoden im Verlauf der Behandlung,

– alternative Behandlungsarten,

– mögliche Schmerzen und Unwohlsein,

– mögliche Risiken, Nebenwirkungen und

– zu erwartende Vorteile der Behandlung zu informieren, dies kritisch zu prüfen und abzuwägen und sodann seine Entscheidung zu treffen .

Der gesetzliche Vertreter hat sich von der Einwilligungsfähigkeit persönlich zu überzeugen und sein Handeln demgemäß auszurichten. Er darf nicht ungeprüft den Wünschen und Vorstellungen Dritter (wie z. B. Ärzte, Pflegedienstleitungen, Heimleitungen) folgen und somit Gefahr laufen, das Wohl des Betreuten nicht mehr zum ausschließlichen Gegenstand seiner Entscheidungen zu machen. Ebenso hat sich der behandelnde Arzt von der Einwilligungsfähigkeit oder Unfähigkeit zu überzeugen Die Rechtswirksamkeit der Einwilligung des betroffenen Patienten ist also unabhängig von seiner Geschäftsfähigkeit , ebenso von der Anordnung einer rechtlichen Betreuung oder gar eines Einwilligungsvorbehaltes, da es nur auf die natürliche Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ankommt . Besitzt der Patient die nötige Einsichts- und Steuerungsfähigkeit, kann er also die Folgen und die Tragweite der ärztlichen Maßnahme, des ärztlichen Eingriffs, der Untersuchung oder der Heilbehandlung für Körper, Beruf und Lebensglück erkennen und seinen diesbezüglichen Willen erklären, ist seine Zustimmung oder Ablehnung verbindlich . Differenzierter sieht Amelung  den Begriff der Einwilligungsunfähigkeit, der darauf abstellt, dass der Betroffene wegen Minderjährigkeit, geistiger Behinderung oder psychischer Erkrankung nicht erfassen kann, – welchen Wert oder Rang die von der Einwilligungsentscheidung berührten Güter und Interessen für ihn haben; – um welche Tatsachen es bei der Entscheidung geht; – welche Folgen und Risiken sich aus der Einwilligungsentscheidung ergeben; – welche Mittel es zur Erreichung der mit der Einwilligung erstrebten Ziele gibt, die möglicherweise weniger belasten.

Die Vertretungsmacht des Betreuers/Bevollmächtigten beginnt somit erst, wenn die betreute Person bzw. der Vollmachtgeber einwilligungsunfähig ist. Insbesondere Ärzten wird somit zu raten sein, trotz des Bestehens einer rechtlichen Betreuung mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge in jedem Einzelfall zunächst zu prüfen, ob sein Patient nicht selbst in die konkrete Maßnahme einwilligen kann und mit der in Rede stehenden Maßnahme auch einverstanden ist. Der Arzt erfährt durch die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung allenfalls in der Weise eine Entlastung, als im Falle der Einwilligungsunfähigkeit sein der ärztlichen Kunst entsprechendes Handeln gerechtfertigt wäre.

Bestehen Zweifel, ob der Betreute einwilligungsfähig ist, kommt es auf die Entscheidung des mit der Aufgabe der Gesundheitsfürsorge betrauten Betreuers an; denn die Rechtswidrigkeit eines ärztliche Eingriffs ist nur ausgeschlossen durch die Einwilligung eines einwilligungsfähigen Patienten. Die Einwilligung des nicht zweifelsfrei einwilligungsfähigen Patienten reicht nicht aus. Im Übrigen ist die fehlende Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht nachholbar, da sich die Heilmaßnahme nicht rückgängig machen lässt. Für die überwiegende Zahl ambulanter und stationärer Maßnahmen und ärztlicher Konsultationen ist die Zustimmungspflicht des Vormundschaftsgerichts nicht gegeben, da es sich im überwiegenden Fall um reine Routineangelegenheiten der ärztlichen Fürsorgepflicht handeln dürfte. Vom Gesetzgeber intendiert war die weitestgehend mögliche Erhaltung des Selbstbestimmungsrechts des Betroffenen. Die Annahme von Schwab  , die Vorschrift sei aus einem Misstrauen gegenüber einem unkontrollierten Zusammenwirken von Betreuer und Arzt zu erklären, ist nicht von der Hand zu weisen .

Voraussetzung jeglicher Einwilligung ist die Aufklärung durch den behandelnden Arzt. Sie muss Informationen über die Gefahren des ärztliche Eingriffs, über mögliche dauernde oder vorübergehende Nebenfolgen enthalten, die sich nicht mit Gewissheit ausschließen lassen. Selbst wenn dem Patienten lediglich ein allgemeines Bild von der Schwere und Richtung des Risikospektrums geschuldet ist, kann die Aufklärung des Betreuers abweichen, da er Informationen benötigt, die für seine Entscheidung notwendig sind. Denn aufgrund dieser Information hat der Betreuer seiner Besprechungspflicht nach § 1901 Abs. 3 Satz 3 nachzukommen. Da der Betreute im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen Wünschen und Vorstellungen gestalten darf, kann der Betreuer sich über dessen Wünsche nicht schlichtweg hinwegsetzen. Lediglich unsinnige Vorstellungen des Betreuten bleiben außer Betracht.

Holt der Betreuer entgegen § 1904 keine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ein, ist umstritten, ob die medizinische Maßnahme rechtmäßig ist, wenn der Arzt seiner Aufklärungspflicht nachgekommen ist und die erforderliche Einwilligung eingeholt hat. Nach einer Ansicht, handelt es sich um eine Innengenehmigung, deren Fehlen keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen hat. Das Fehlen der Genehmigung betrifft danach nur die Pflichtwidrigkeit des Unterlassens des Betreuers. Nach anderer und wohl richtiger Ansicht hängt die Rechtmäßigkeit ärztlichen Handeln vom Vorliegen auch der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung ab. Dies ergibt sich bereits aus der eindeutigen Formulierung in §§ 1904, 1905, 1906 “bedarf der Genehmigung” bzw. “nur mit Genehmigung…zulässig”. Denn das Genehmigungserfordernis richtet sich nicht nur an den Betreuer, sondern auch an die behandelnden Ärzte. Sie müssen sich selbstverständlich von der sachgerechten Vorgehensweise des zuständigen Betreuers überzeugen.

Die Entscheidungen zwischen Betreuer und Betreutem durchaus konkurrieren. Nach einer Auffassung ist eine sog. „formelle Doppelkompetenz“ nach außen hin gegeben. Es besteht aber keine Doppelzuständigkeit, da es für die Einwilligung in einen ärztlichen Heileingriff auf die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen ankommt. Fehlt diese, ist dem Betreuer erst die Zuständigkeit für die genehmigungsbedürftige Einwilligung eröffnet. Materiell-rechtlich besitzen die Erklärungen und Entscheidungen des einwilligungsfähigen Betreuten Vorrang, d. h. die Entscheidung des einwilligungsfähigen Betreuten ist nicht nur für den Betreuer von bindender Wirksamkeit, sondern auch für behandelnde Ärzte. Entscheidungsrahmen ist das „subjektive Wertesystem“  des einwilligenden Betreuten und nicht ein nach außen hin vernünftig wirkendes Wertesystem Dritter oder der Allgemeinheit. Die „Autonomie“ der Willensentscheidung ist so lange zu respektieren, wie keine krankhafte oder krankheitsbedingte Veränderung des Betroffenen zu erkennen ist. Zu beachten ist, dass nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts  auch dem psychisch Kranken grundsätzlich “ein Recht auf Krankheit“ einzuräumen ist.

Folgende Fallkonstellationen kommen in Betracht:

– Betreuer und Betreuter willigen unisono in die erforderliche Maßnahme ein. Damit erübrigt sich die Feststellung der konkreten Einwilligungsfähigkeit des Betreuten.

– Beide verweigern die Einwilligung in die jeweilige Maßnahme.

Auch diese Entscheidung ist bindend, wenn der Betroffene einwilligungsfähig ist. Für den Fall, dass der Arzt zu einer gegenteiligen Einschätzung käme, wäre ihm zu raten, sollte er die Weigerung des Betreuers für unverantwortlich halten, beim Vormundschaftsgericht die Einschränkung des Aufgabenkreises des Betreuers anzuregen. – Der Betreute willigt ein, der Betreuer nicht: Durch den Arzt ist die konkrete Einwilligungsfähigkeit des Betreuten zu prüfen. Hält er den Betreuten für einwilligungsfähig, gilt dessen Entscheidung. Für die Zukunft ist zu überlegen, ob die Einschränkung des Aufgabenkreises des Betreuers bei Gericht anzuregen wäre. Hält der Arzt den Betreuten für nicht einwilligungsfähig, ist eine ablehnende Entscheidung des Betreuers dennoch bindend. Andererseits hat der Betreuer strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen sowie Vorwürfe von Seiten des Vormundschaftsgerichts zu befürchten, wenn der Betreute unversorgt geblieben ist und dadurch Schaden genommen hat. – Der Betreuer willigt ein, der Betreute nicht: kann der Betroffene seinen Willen nicht mehr kundtun, ist die Einwilligung des Betreuers ausreichend. Ist der Betreute einwilligungsfähig, gilt seine Entscheidung. Im Umgekehrte Fall die des Betreuers. Wehrt sich der Betreute gegen die Behandlung/Maßnahme, so ist die Einwilligungsfähigkeit gerade im Hinblick auf den Zwangscharakter der durchzuführenden Maßnahme hin zu prüfen. Unter Umständen ist auch hier ggf. zu überlegen, inwieweit der Aufgabenkreis des Betreuers im Einzelfall einzuschränken wäre, sofern der Betreuer die intendierte Maßnahme mit dem Betroffenen nicht oder unzureichend bespricht.

 

1.2. Die Gesundheitsgefahr

Der Betreuer bzw. Bevollmächtigte bedarf für riskante ärztliche Maßnahmen der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Patient hierbei zu versterben droht oder einen schweren und länger andauernden Gesundheitsschaden erleiden könnte. Ferner bei den Entscheidungen bezüglich der Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen. Für die Frage nach dem Grad der Gefährlichkeit enthält das Gesetz keine Entscheidungshilfen. Nach Wiebach  liegt die begründete Gefahr erst bei einer 20%igen Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts, weshalb die übliche Behandlung mit Psychopharmaka nicht genehmigungspflichtig sein soll. Nach Dose  müsse es sich um eine ernstliche und konkrete Erwartung von Schadensfolgen aufgrund des Einzelfalls handeln. Die Aufstellung irgendwelcher Listen ist ebenfalls problematisch. Auch Kriterien des § 226 STGB – Verlust des Sehvermögens auf einem oder beiden Augen, – Verlust des Gehörs – Verlust der Sprechvermögens – Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit – Verlust oder Unbrauchbarkeit eines wichtigen Gliedes des Körpers – Erhebliche dauernde Entstellungen – Siechtum – Lähmungen – Geistige Krankheit oder Behinderung als Maßstab  ist ungeeignet , da diese Aufzählung nicht erschöpfend sein kann.
Bei einem „länger andauernder Gesundheitsschaden“ ist in der Regel von der Dauer eines Jahres und mehr auszugehen. Bei außergewöhnlichen Schmerzen kommen kürzere Zeiträume in Betracht. Dies gilt insbesondere für die Behandlung mit Psychopharmaka. Gerade bei der Behandlung psychisch Kranker mit hochpotenten Neuroleptika und deren Einsatz im geronto-psychiatrischen Bereich (insbesondere bei die Vergabe von Haloperidol) ist besondere ärztliche Vorsicht geboten, da diese Medikamente mit erheblichen Nebenwirkungen bzw. nicht unerhebliche Beeinträchtigungen und Spätfolgen für den Betroffenen verbunden sind. Folgende Maßnahmen kommen nach § 1904 in Betracht: – Untersuchung des Gesundheitszustandes, gleichgültig, ob sie mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist; – Heilbehandlung, sie stellt auf Herstellung der Gesundheit, Linderung der Krankheit bzw. Krankheitsfolgen sowie auf Verhütung von Krankheit und ihrer Verschlimmerung ab; – ärztliche Eingriffe, sie fallen grundsätzlich unter den Begriff der Heilbehandlung, die aber bei Schönheitsoperationen oder beim Schwangerschaftsabbruch medizinisch nicht indiziert sein müssen. Die Unterlassung einer Maßnahme fällt dagegen nicht unter § 1904. Nicht jede Maßnahme fällt unter § 1904, sondern nur eine riskante. Hier muss eine begründete Gefahr für Leben oder Gesundheit vorliegen. Das Risiko muss also über das Durchschnittsrisiko medizinischer Behandlungen hinausgehen. Die Formulierung “ernste und konkrete Erwartung einer Gesundheitsgefahr” in der amtlichen Begründung  legt den Ausnahmecharakter der Vorschrift nahe. Entscheidend ist, dass es für die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit nicht darauf ankommt, ob die Maßnahme im Hinblick auf die Schwere der Krankheit notwendig ist oder nicht; dies ist erst für die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts relevant.

Schwangerschaftsabbruch Die Frage der Einwilligung des Betreuers in einen Schwangerschaftsabbruch bei seiner einwilligungsunfähigen Betreuten ist nicht geregelt. Es gelten daher die allgemeinen Grundsätze unter Berücksichtigung der übrigen Erfordernisse der Straflosigkeit nach § 218 a StGB. Daher kann der Betreuer in einen auch nicht medizinisch indizierten Schwangerschaftsabbruch bei seiner einwilligungsunfähigen Betreuten einwilligen. Dies ist sehr umstritten, weil eine einwilligungsunfähige Schwangere den Schwangerschaftsabbruch nicht wirksam verlangen kann und eine Stellvertretung nicht die Frage beantworten kann, wie die Schwangere selbst ihre Lage einschätzt. Dies führt zwangsläufig zu Konflikten, die lediglich juristisch lösbar sind.

Organspende Da die Organspende nicht dem Betreuten zugute kommt, scheidet die Einwilligung des Betreuers im Hinblick auf das Betreutenwohl aus.

Erprobung von Arzneimitteln und Medizinprodukten Nach § 40 Abs. 2 Nr. 2 AMG kann der Betreuer nicht für den Betreuten in die klinische Prüfung von Arzneimitteln einwilligen. Davon ist der Heilversuch bei Einwilligungsunfähigen nach § 41 AMG zu unterscheiden. Hierin kann der Betreuer einwilligen, wenn er hinreichen aufgeklärt worden ist. Die klinische Prüfung darf aber nur durchgeführt werden, wenn die Anwendung des zu prüfenden Arzneimittels nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft angezeigt ist, um das Leben des Probanden zu retten, seine Gesundheit wiederherzustellen oder sein Leiden zu erleichtern. Gleiches gilt nach §§ 17, 18 MPG für den Einsatz von Medizinprodukten wie Instrumenten, Apparaten, Vorrichtungen, Stoffen, Zubereitungen und sonstigen Gegenständen, die der Behandlung diesen sollen.

Sterbehilfe Aktive Sterbehilfe ist die Lebensverkürzung auf Verlangen des Patienten; sie ist strafbar. Passive Sterbehilfe ist das Unterlassen bzw. der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen. Indirekte Sterbehilfe ist die ärztlich gebotene schmerzlindernde oder bewusstseinsdämpfende Medikation bei einem tödlich Kranken mit der unbeabsichtigten aber unvermeidbaren Lebensverkürzung. Zu unterscheiden ist die Sterbebegleitung als Unterstützung des Sterbeprozesses, soweit er irreversibel vorangeschritten ist; sie ist grundsätzlich straffrei. Passive und indirekte Sterbehilfe sind dann straffrei, wenn nach dem wirklichen oder mutmaßlichen Patientenwillen auf eine Ausschöpfung medizinischer Technologie verzichtet wird, um dessen Recht auf würdevolles Sterben nicht zu verletzen. Besteht eine dementsprechende Patientenverfügung, ist die Einwilligung des Betreuers überflüssig. Besteht keine Entscheidung des Betroffenen, kann die Entscheidung über die Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen nicht auf den Betreuer übertragen werden. Problematisch sind solche Fälle dann, wenn eine Entscheidung des Betroffenen fehlt und die Frage nach dem Abbruch der Ernährung auftaucht. Es versteht sich von selbst, dass kein Dritter den Betroffenen verhungern lassen kann.

Wie bereits eingangs dargestellt, hat zunächst der Betreuer des einwilligungsunfähigen Betroffenen selbst zu entscheiden, ob er in ärztliche Maßnahmen einwilligt oder nicht. Seine Güterabwägung hat er nach den Wertvorstellungen des Betreuten, seinen Wünschen, sowie der Güterabwägung zu treffen, unter Einbeziehung sämtlicher Risiken und der Abwägung eventuell auftretender oder bereits erkennbarer schwerwiegender Nebenwirkungen sowie bei fehlendem Heilungserfolg. Im letzteren Falle sind Maßnahmen weder einwilligungs- noch genehmigungsfähig, wenn eine nachhaltige Besserung oder gar Heilung offensichtlich nicht zu erreichen sein dürfte, anderseits aber die erhebliche Gefahr von schwerwiegenden Nebenwirkungen durch die Behandlung besteht. Ein Behandlungserfolg würde somit nicht aufgewogen werden. Der Betreuer darf in ärztliche Behandlungen somit nur dann einwilligen, wenn begründete Aussichten auf konkrete Erfolgschancen bzw. Heilungschancen bestehen und die Risiken nicht die Chancen der deutlichen Besserung des Gesundheitszustandes bzw. Heilungschancen überwiegen.

 

1.3. Verfahren

Vor der Entscheidung des Vormundschaftsgerichts ist der Betreute persönlich zu hören, § 68 Abs. 1 FGG und ein Gutachten eines Sachverständigen, der nicht mit dem ausführenden Arzt personengleich sein soll, einzuholen, § 68 d Abs. 2 i.V.m. § 68 a Satz 3 und 4FGG. Die Anhörung des Betreuten kann unterbleiben, wenn hiervon erhebliche Nachteile für die Gesundheit des Betreuten zu befürchten sind, § 68 Abs. 2 FGG. Ebenso hat das Gericht die Angehörigen zu hören, § 68 a FGG. Kann der Betreute aufgrund seiner Krankheit überhaupt nicht gehört werden, ist ein Verfahrenspfleger zu bestellen, § 67 FGG. Die Entscheidung ist dem Betreuten bekannt zu machen, § 69 a Abs. 1 FGG und wird mit Bekanntmachung an den Betreuer wirksam, § 69 a Abs. 3 FGG. Funktional zuständig ist der Richter, § 14 Nr. 4 RPflG.

 

von Dr. Johannes Fiala

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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