Hohe Rendite, kein Risiko, null Kosten, viel Vertrauen

Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm über die vorprogrammierte Anlegerpleite

 

Am Bankschalter erscheint eine 80-jährige Unternehmerswitwe mit ihrem Sparbuch. „Junger Mann, ich möchte abheben“. Auf Rückfrage: „Alles!“. Die Vorschusszinsen waren ihr egal. 15 Minuten später kommt sie zum Kassenschalter zurück. „Junger Mann, ich möchte es wieder anlegen – alles.“ Dann erklärte sie: „Wissen Sie, ich wolle nur mal nachsehen, ob mein Geld noch da ist.“ Deutsche Bundesbank: Schuld hat der Anleger durch sein Verhalten?

 

Bei Kapitalanlagebetrug und anderen Beratungsfehlern verteidigen sich Finanzhäuser gerne mit dem Hinweis „Schuld hat immer der Kunde“. Auf dieser Linie liegt offenbar auch die Deutsche  Bundesbank im Monatsbericht vom Januar 2011. Das neue Allheilmittel gegen Fehlbewertungen  schwer erkennbarer Risiken sei ein „Produktinformationsblatt“ – ganz nach dem Entwurf des Gesetzgebers aus 2010 zur Verbesserung des Anlegerschutzes.

 

Mutlosigkeit des Gesetzgebers oder pure europarechtliche Absicht?

Ein Sprichwort erfahrener Personalchefs besagt: „Einmal einen Fehler zu begehen ist fahrlässig, Zweimaligkeit ist Dummheit, Dreimaligkeit ist Sabotage.“ Bereits seit 01.07.2008 hat der Gesetzgeber für die Versicherungsvermittlung durch die Informationspflichtenverordnung zwingend ein „Produktinformationsblatt“ vorgeschrieben. Auch diese Umsetzung europarechtlicher Vorgaben führte dazu, dass Versicherungsvermittlung einem Bürokratiemonster ähnelt. An der Beratungsqualität hat sich jedoch mitnichten viel geändert, denn nach wie vor dürfen auch fachlich überforderte Vermittler an der Beratung mitwirken.

 

Das Finanzwissenschafts-Märchen vom risikolosen Zins und der Wertaufbewahrung

Wer seine Ersparnisse anlegt, etwa in Staatsanleihen oder Beteiligungen, verbindet damit die Hoffnung, dass später irgendwer das Geld zurückbezahlt – möglichst mit Zinsen oder einer Wertsteigerung. Insofern macht es erst mal keinen Unterschied, ob das Geld kapitalgedeckt oder im Umlageverfahren des Generationenvertrages zur Altersversorgung angelegt wird – es ist erst mal weg, die Rückzahlung ungewiss. Das Kapitalvermögen des einen sind die Schulden des anderen. So genannte Kapitaldeckung aufbauend auf durch künftige Steuerzahler zu verzinsende und zu tilgende Staatsschulden ist nicht sicherer als die Hoffnung, dass künftige Beitragszahler an einem Umlageverfahren teilnehmen – in beiden Fällen werden sie vom Staat dazu gezwungen.

 

Den Lebensstandard im Alter sichern

Die Briten haben das Rentenalter gleich ganz aufgehoben, denn dies führte zu weniger Protest als eine Heraufsetzung auf Alter 75. Diese britische Maßnahme soll auch jene Altersarmut  Vermeidenhelfen, die durch das Sozialisieren der Bank(st)er-Casinoverluste vorprogrammiert scheint.  Spötter behaupten, dass nicht nur die „gefühlte“ Inflation dafür sorgen wird, dass die Zahl der Millionäre noch sprunghaft ansteigen wird.

Wer sich heute einschränkt und vermeintlich gegen die Altersarmut vorsorgt, hat zumindest einen Vorteil: Er hat schon heute das Sparen gelernt und ist damit im Alter eher in der Lage, künftige Steuer- und Soziallasten zu tragen. Wenn zunehmend Arbeitskräfte fehlen, ist es der Zwangsarbeit immer noch vorzuziehen, wenn 70-Jährige freiwillig arbeiten, um sich die Butter aufs Brot leisten zu können. Die  Bundeswehrreform alleine hilft hier kaum, auch wenn ehemals Wehrpflichtige durch Gurkha-Krieger ersetzt werden.

 

Geschäftsmodell blinden Vertrauens: Kaum Fachwissen – keine Kontrolle

Es ist unter Finanzberatern ein offenes Geheimnis, dass ein Schlüssel für den beruflichen Aufstieg darin besteht, dass die Kunden ihrer kostenlosen Beratung möglichst blind vertrauen. Besonders prädestiniert ist dafür der Mittelstand – auffällig häufig trifft es ärzte und Vorstände. Gemeinsam ist vielen, dass sie selbst kaum jemals etwas selbst entscheiden mögen und dies daher dem Berater überlassen. Erstaunlich ist, dass die Deutsche Bundesbank nicht mal ansatzweise erkannt hat, dass es offenbar kaum Berater gibt, die Anlage- Produktrisiken erkennen können, weil ihnen das Fachwissen fehlt und sie selbst lediglich bunte Prospekte aus dem Marketing  kennen. Hat die Bundesbank tatsächlich noch nicht erkannt, dass zahlreiche Finanzhäuser auf Kompetenz und Fortbildung ihrer Mitarbeiter seit Jahren kaum noch Wert legen? Fachwissen ist verkaufsschädlich – ohne dieses kann man eher reinen Gewissens verkaufen. Die Eignung und Unschädlichkeit der Produkte haben dann angeblich andere schon geprüft.

 

No brain – No pain

Dem gegenüber setzen Multimillionäre zunehmend eigene, selbst bezahlte Honorarberater und Controller ein, um Irrtümer und Täuschungen zu vermeiden. Denn was nutzen 25 Prozent Steuerersparnis, wenn die Anlage 150 Prozent überteuert ist, und man die Risiken nicht kennt? Oder wie soll man ohne Blick in Vertragsbedingungen und Gesetzbücher erkennen, dass Banken und Versicherungen gerne „Garantieprodukte“ bewerben, die sich hernach als ganz legal herabsetzbar darstellen können?

Hier gibt es nur eine Garantie, nämlich die Wette darauf, dass wohl über 99 Prozent der Finanzberater dies nicht wissen, die Produkte ganz anders verkaufen. „Je dümmer der Produktverkäufer, desto glücklicher der Vertriebsvorstand“? Ganz leicht werden massenweise Produkte abgesetzt, die es dem Anbieter gestatten, ganz nach eigenem Gutdünken laufend seine kalkulatorischen Kosten in beliebiger Hö – he von der Investition einzubehalten. Oft erst am Ende fragt sich der Investor, wo das Geld geblieben ist, und warum dies erlaubt und vereinbart war.

Ganz typisch scheint, dass Vermögensberater ihre Kunden grundlos glauben machen, dass man EDV-Werkzeuge besitzt, um Risiken zu beherrschen. Indes liefert bis heute kein Finanzhaus seinem Kunden eine „Risikobilanz“, denn dies würde zu sehr erschrecken. Gerne wird auch mit der bescheinigten Finanzstärke des Anbieters geworben – ohne dass jemand bemerkt, dass diese in der Fähigkeit des Anbieters besteht, jederzeit seine Verpflichtungen gegenüber den Anlegern herabsetzen zu können.

 

Am Anfang einer Fehlberatung steht der Irrtum

In Russland hat man eine Umfrage gemacht: Danach glauben 60 Prozent der Menschen, dass die Sonne sich um die Erde dreht, 40 Prozent, dass Radioaktivität eine menschliche Erfindung sei und 30 Prozent, dass die Menschen schon zur Zeit der Dinosaurier gelebt haben. Zahlreiche Anleger glauben, dass Finanzhäuser ihr Geld in Tüten mit ihrer Namensaufschrift auf Regalfächern im Tresorraum kostenfrei aufbewahren oder die eingezahlten Beiträge jedenfalls immer noch da seien – dann macht auch eine qualifizierte Beratung keinen Sinn. Nicht wenige interessiert gar nicht, was im Informationsblatt über die Kosten steht, weil sie davon ausgehen, dass diese ein anderer als sie selbst trägt. Und in der Regel werden auch die seitenweise Hinweise  auf das Totalverlustrisiko und ähnliches bedenkenlos unterschrieben, wenn nur jemand sagt, dass man dies nur aus gesetzlichen Gründen so schreiben muss, alles aber in Wirklichkeit so sicher wie ein Sparbuch sei.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.network-karriere.com (veröffentlicht in Network Karriere 05/2011, Seiten 34)

und

www.handwerke.de (veröffentlicht in Computern im Handwerk 05/2011, Seiten Seiten 6-7 unter der Überschrift: Vorprogrammierte Anlegerpleite: Hohe Rendite, kein Risiko, null Kosten, viel Vertrauen)

und

www.kompetenznetz-mittelstand.de (veröffentlicht am 04.03.2011 unter der Überschrift: Vorprogrammierte Anlegerpleite: Hohe Rendite, kein Risiko, null Kosten, viel Vertrauen)

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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