Ist Ihre angestellte Ehefrau auch betroffen?

Trotz jahrelanger Einzahlung kein Arbeitslosengeld und keine Rente?
von RA Dr. Johannes Fiala*
MüNCHEN – Das Rechtssystem wird von Jahr zu Jahr komplizierter, auch in der Sozialversicherung. Der Bereich von Lohnsteuer und Sozialversicherung dürfte heute etwa so komplex sein wie die Besteuerung der GmbH. Fachleute fragen sich, ob die Komplexität das Rechtssystem bereits bis zur Grenze der Verfassungswidrigkeit geführt hat.
Beiträge bezahlt, dennoch keine Leistung
Wer Sozialversicherungsbeiträge bezahlt, ist weder sicher vor den Risiken geschützt, für welche Beiträge bezahlt werden, noch ist gewiss, dass im Notfall auch Leistungen bezahlt werden. Aus der Sicht des Bürgers handelt es sich oft um die Pflicht, Beiträge zu bezahlen – aber der Staat schützt den Bürger nicht vor Irrtümern und Enttäuschungen. Fachleute schätzen die „nicht anspruchberechtigten“ Beitragszahler auf 1,5–1,8 Mio. Arbeitnehmer.
Ein typischer Fall
Die gelernte Zahnarzthelferin S. arbeitet seit vielen Jahren in der Praxis ihres Ehemannes mit. Als sie geschieden und damit arbeitslos wird, verweigert ihr die Arbeitsagentur die Leistungen. Sie steht ohne Versorgung für den Notfall einer Arbeitslosigkeit da. Erstaunlich findet sie, dass jahrelang die Beiträge kassiert wurden und auch bei Betriebsprüfungen in der Praxis alles in Ordnung war.
Ist die Rechtsprechung überhaupt noch sozial?
Das Bundessozialgericht hat durch seine Entscheidung vom 28.4.1987 (Az. 12 RK 47/85) die Leitlinie vorgegeben, welche der Arbeitnehmer als wenig fürsorglich empfindet: Die Sozialversicherung bildet sich dann eine Meinung, ob der Arbeitnehmer „richtig“ versichert war, sobald der Notfall eingetreten ist – dann kann die Leistung verweigert werden. Der Mitarbeiter hat dann (oft erst auf weiteren Antrag) allenfalls einen Anspruch auf Beitragserstattung – jedoch nur für nicht bereits verjährte Ansprüche. Auch an die Feststellungen der üblicherweise alle 4 Jahre in der Praxis stattfindenden Steuerprüfungen ist die Sozialversicherung nicht gebunden. Es gibt also keinen Vertrauensschutz und keine faktische Härteklausel. Die oder der Angestellte gerät im Leistungsfall auch leicht zwischen die Fronten: So ist es denkbar, dass die gesetzliche Krankenkasse eine andere Einschätzung als Rechtsmeinung vertritt als die Deutsche Rentenversicherung Bund. Dies kann nicht nur generell der Fall sein, sondern auch hinsichtlich der Frage, seit wann ein Mitarbeiter sozialversicherungspflichtig oder eben nicht ist bzw. war. Damit nicht genug, denn wenn etwa durch einen Wechsel der Krankenversicherung unterschiedliche Zeitabschnitte zu beurteilen sind, können verschiedene Krankenkassen ebenso verschiedene Entscheidungen zur Beitragspflicht oder hinsichtlich eines Antrags auf Erstattung von Beiträgen mitteilen.
Es geht um viel Geld
In Erstattungsfällen können durchaus 100 bis 300 TEUR an bereits von Praxisinhaber (Arbeitgeber) und Mitarbeiter gemeinsam bezahlte Beiträge auf dem Spiel stehen. Die Praktiker beklagen, dass die Verfahren zum Teil „ewig“ dauern. Dabei gibt es zahlreiche Fallen für die Berater, denn die Verhältnisse können sich unter dem Jahr ändern – dann kann auch für den einmal befreiten Mitarbeiter wieder Sozialversicherungspflicht eintreten. Dies hat Konsequenzen für die private Altersversorgung, denn eine wirkliche Planungssicherheit für längerfristigen privaten Kapitalaufbau scheint nicht zu bestehen.
Der Gesetzgeber ist gefordert
Die Fälle in der Praxis werfen die Frage auf, nach welcher Gerechtigkeitsformel der Gesetzgeber sich das gedacht hat? Im Zivilrecht würde der Bürger sein Geld zurückverlangen, wenn er keine Leistung bekommt – die teilweise kurze Verjährung von 4 Jahren beschneidet diese Möglichkeiten in der Sozialversicherung. Praxistipp: Wir empfehlen, in jedem Fall die sozialversicherungsrechtliche Einordnung des Beschäftigungsverhältnisses möglichst schon bei dessen Begründung zu klären. Nur schriftliche Bescheide vom steuerlichen Berater und allen beteiligten Behörden können hier eine Absicherung mitarbeitender Angehöriger bedeuten. Der Versicherungsstatus kann sich jederzeit ändern. Daher ist eine regelmäßige Prüfung sinnvoll, damit es später zu keinen Enttäuschungen kommt.
(Dental Tribune 9+10/2007, 18)
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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