Jurist erklärt IDD-Gesetz: So sind Provisionsrabatte weiter möglich

Der Entwurf für das IDD-Umsetzungsgesetz schlägt aufgrund des weiterhin bestehenden Provisionsabgabeverbotes hohe Wellen in der Assekuranz. Rechtsanwalt Johannes Fiala und Aktuar Peter Schramm haben den Entwurf unter die Lupe genommen und zeigen, dass das Verbot nicht tot ist.

 

Der Gesetzgeber möchte im Rahmen der Umsetzung der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD die Honorarberatung stärken. Als Folge daraus soll das bereits von Experten auf der Müllhalde Alt-Verordnungen geglaubte Provisionsabgabenverbot bestehen bleiben. Künftig soll die Durchreichung von Provisionen an Kunden ausdrücklich nur dem neugeschaffenen Beratertyp des Honorar-Versicherungsberaters erlaubt sein (FONDS professionell ONLINE berichtete). Eine genaue Lektüre des Referententextes zeigt jedoch, dass Discounts mitnichten verboten sind. Der Münchner Rechtsanwalt Johannes Fiala und der Aktuar Peter A. Schramm erklären in einem Exklusiv-Beitrag für FONDS professionell ONLINE die Details des Gesetzesvorschlags – und erläutern mögliche Konsequenzen für Makler. (jb)

 

Anders als vermutet erlaubt der Gesetzentwurf Vermittlern, Kunden an ihren Provisionen partizipieren zu lassen. Denn Vertriebe, Fintechs, Insurtechs, Maklerpools oder einzelne Vermittler können mit Versicherern vereinbaren, dass diese dem Versicherungsnehmer eine dauerhafte Leistungserhöhung oder einen Prämienrabatt auf Dauer geben.

Erstmals wird den Versicherern nämlich breitflächig diese Form der Sondervergütung erlaubt, die bisher nur bei Kollektivverträgen unter engen Voraussetzungen erlaubt war. Also kann der Versicherer die Rabatte auch an Voraussetzungen knüpfen, zum Beispiel, dass der Vermittler auf seine Provision oder Courtage gegebenenfalls teilweise verzichtet, einen Mindestumsatz bringt oder bestimmte andere Vermittlungsvorgaben einhält. Damit gewinnt der Versicherer ein neues mächtiges Instrument der Vertriebssteuerung – er kann etwa auch nur bei seinen Agenten Rabatte ermöglichen.

Verhandlungsstarke Vertriebe, Insurtechs oder Pools können sich so auch einen Wettbewerbsvorteil sichern, indem sie mit der Möglichkeit von Prämienrabatten und besonderen Mehrleistungen werben. Je nach Preissensibilität des Kunden ergeben sich so neue Vertriebschancen. Und es wird ein Anreiz zur Rationalisierung im Vermittlerbetrieb geschaffen, der letztlich Vertriebskosten – zugunsten besserer Zusatzleistungen und/oder geringerer, rabattierter Prämien – einspart.

 

Vertriebssteuerung durch Sondervergütungen

Nur direkt selbst dem Kunden Provisionen in irgendeiner Form – einmalig oder laufend – weiterzugeben, ist dem Vermittler verboten. Die Vorteile aus solcher beabsichtigter Sondervergütung müssen stattdessen als dauerhafter Prämienrabatt oder Leistungserhöhung durch den Versicherer gestaltet werden. Dann ist die Sondervergütung auch erlaubt. Fintechs, die ihr Geschäftsmodell mittels IT und Apps rationalisiert haben, oder Discount-Makler mit geringeren Beratungsansprüchen können nicht mehr unabhängig vom Versicherer selbst entscheiden, wie viel einer Abschluss- und/oder Betreuungsprovision sie an den Kunden weitergeben.

 

Damit sollen Fehlanreize im Versicherungsvertrieb dauerhaft beseitigt werden – es wird dann Aufgabe der Versicherungsgesellschaft sein, mit solcher Vertriebssteuerung verantwortungsvoll umzugehen. Die Gefahr von Fehlanreizen sieht der Gesetzesentwurf bei laufenden  Rabatten kaum – im Gegensatz zu einmaligen Zahlungen an den Kunden möchte Berlin auch hier die Gesellschaft statt des Vermittlers in die Verantwortung nehmen.

Also noch einmal: Ein Fintech kann die zehn Prozent Rabatt, die es unter seiner Durchreichung der laufenden Provision gibt, unter dem neuen Gesetz unter Verzicht auf Provision über einen Rabatt des Versicherers geben. Es wird dies mit den meisten Gesellschaften vereinbaren können und aufgrund seiner Marktmacht durchsetzen. Ob dies kleinen Maklern gelingt und ob sie es sich leisten können, auf Provisionsteile zugunsten von Prämienrabatten zu verzichten, ist aber fraglich. Dass sie gegebenenfalls zu Gunsten der Honorarversicherungsberater aussterben oder nur große rationell arbeitende übrigbleiben, scheint der Gesetzgeber wohlwollend in Kauf zu nehmen oder gar zu fördern.

 

Keine Provisionsabgabe durch Vermittler aller Art

Sobald die Versicherungsgesellschaft dem Kunden dann laut Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) nun erlaubte Sondervergütungen in Rabattform oder als Leistungserhöhung ohne besondere Voraussetzungen geben darf, sind seiner Gestaltung der Voraussetzungen dafür kaum noch Grenzen gesetzt. Vertriebsanreize nach dem Motto “Nimm 3, zahle 2” in Form von unentgeltlichen Zusatzleistungen durch den Versicherer auf den normalen Tarif oben drauf werden zulässig.

Man denkt jetzt anders als seinerzeit beim früheren Provisionsabgabeverbot. Dem Vermittler traut man jetzt weiter nicht, deshalb wird ihm dies selbst verboten. Den Versicherer indes meint man dies erlauben zu können, ihn aber auch in die Pflicht nehmen zu können, dass er seine nun zulässigen Instrumente so einsetzt, damit keine Fehlanreize im Vertrieb erzeugt werden. Statt Verbot für den Versicherer also ein Gebot des verantwortungsvollen Umgangs damit. Also zum Vorteil des Kunden – dies muss Ziel der Versicherungsgesellschaft sein. Gemäß Paragraf 15 Absatz 3 VAG gehört auch künftig auch der Maklervertrieb zum Geschäftsbetrieb des Versicherers. Auch dafür soll der Versicherer stärker in die Verantwortung genommen werden.

 

Vertriebskonzentration durch Preiswettbewerb

Versicherer könnten einzelne Vertriebe damit fördern, etwa ihren eigenen. Oder Makler binden – so indem dieser dafür einen bestimmten Umsatz bringen muss. Auch Pools und Konzeptanbieter könnten sich hier auszeichnen. Der Versicherer kann damit gezielt auch die Agenten stärken oder auch den Vertrieb über das Internet, frei nach dem Motto “Ist auch Ihre Versicherung bisher mit zu hoher Courtage kalkuliert?“. Erstmals kann der Makler dann nicht mehr behaupten, der Kunde würde für seine Courtage nichts zusätzlich zahlen müssen.

 

Berufsbild des Honorar-Versicherungsberater

Der Honorar-Versicherungsberater kann sich auf die Versicherungsvermittlung beschränken, wenn er will, oder auch wie der bisherige Versicherungsberater nur beraten. Die rechtliche Beratung bei “Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen gegen gesondertes Entgelt“ bleibt dem Makler nach wie vor gegenüber Verbrauchern untersagt: Siehe Paragraf 34d Gewerbeordnung. Der Versicherungsmakler wird damit diskriminiert.

Der Entwurf fördert den ruinösen Wettbewerb um Rabatte bei teilweisem Provisionsverzicht. Denn statt dies fallweise, eher im Verborgenen, zwischen Vermittler und Kunden auszuhandeln, braucht es dafür der Mitarbeit des Versicherers. Dieser kann sich der Rabatte zur Gewinnung von schlagkräftigen aber kostengünstigen Vertrieben nicht entziehen – Modelle wie “Friendsurance” zeigen dies. Damit werden die Rabattmöglichkeiten offensichtlich, es wird damit von entsprechenden Vertrieben geworben.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

 

www.fondsprofessionell.de (veröffentlicht am 29.11.2016)

 

Link:

http://www.fondsprofessionell.de/news/recht/headline/jurist-erklaert-idd-gesetz-so-sind-provisionsrabatte-weiter-moeglich-129164/

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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