Kein Rendite-Tuning durch Verkauf der Renten- und Lebensversicherung im Zweitmarkt?

– Worauf Versicherungskunden achten sollten, bevor oder nachdem sie gekündigt haben –

 

Zahllose Vermittler und Berater leben vom Neugeschäft. Also liegt nichts näher, als den Kunden zu überreden seine bisherigen Kapitalanlagen, insbesondere Lebensversicherungen zu kündigen oder zu verkaufen. Indes führen pauschale Aussagen über Renten- (RV) und Lebensversicherungen (LV) den Kunden allenfalls in die Irre. Vielmehr müßte ein Versicherungsmathematiker vorher genau nachrechnen. So wie ein Aktuar auch den Schaden nach der Entscheidung zum Verkauf auf dem Zweitmarkt oder nach einer Kündigung beziffern kann, für den der Vermittler bei fehlender Aufklärung haftet.

 

Kalkulation seriöser Policen-Aufkäufer

Seriösen Policenaufkäufer geben sich einfach mit der heute üblichen Aussicht auf etwa 3 % Rendite der LV zufrieden. Die Aufkäufer können mit kurzfristigem Zinssatz i.H.v. 0,8 % p.a. rund 90 % des aktuellen Rückkaufswertes (RKW) refinanzieren und so (3 % Rendite minus 90% zu 0,8% Zins =) 2,28 % auf die 10% Eigenkapital verdienen Diese 22,8 % Eigenkapitalrendite, oder nach Kosten vielleicht 15 % bis 18 % als Kapitalverzinsung, sind kaum mit Risiken behaftet, denn bei Zinsanstieg oder Rückgang der Überschüsse kann stets auch der gestiegene Rückkaufswert verlangt und die Darlehen zurückgeführt werden. Versicherungskunden, die auf Kündigung oder Verkauf verzichten können, sollten die Alternativen nachrechnen lassen, denn die Anlage des erhaltenen Erlöses bringt meist – vor allem nach Steuern – deutlich weniger als die Lebensversicherung selbst bis zum Ablauf.

 

Riskante Angebote von Policen-Aufkäufern: Ratenzahlung und Inkassogeschäft

Ein beliebtes Modell ist der Aufkauf von Policen gegen einen Kaufpreis der über vielleicht bis zu mehr als 10 Jahre abbezahlt werden soll. Leider ist dies gesetzlich nicht erlaubt, wenn der Käufer keine entsprechende „Banklizenz“ besitzt. Solche Verträge sind null und nichtig. Die Aufkäufer bekommen erst Probleme mit der Bankenaufsicht, der Staatsanwaltschaft, dem Insolvenzverwalter und natürlich auch mit den Policen-Verkäufern.

Eine andere Variante ist die Erfolgsbeteiligung des Kunden an den späteren Erlösen, sei es bei oder nach Kündigung. Manche Forderungsaufkäufer und Experten versprechen nachträglich noch Geld heraus zu holen. Regelmäßig liegt beim Policen- oder Forderungsaufkäufer keine Inkassoerlaubnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz vor, so daß auch diese Vertragsvariante unwirksam ist.

 

Und schließlich gibt es noch Kunden, die hoffen jemand werde fehlerhafte Abrechnungen prüfen und Nachforderungen schon stellen, sagen wir gegen eine Gebühr i.H.v. um die 100 Euro. Enttäuschend ist dann die Situation, wenn sich herausstellt, daß niemand die Akte bearbeitet, und alles verjährt, denn eine Verpflichtung zu weitergehender Tätigkeit gehen solche Dienstleister regelmäßig nicht ein.

 

Der Verkauf auf dem Zweitmarkt ist oft die schlechtere Entscheidung

Viele Versicherungskunden stellen fest, dass ihre LV ihnen bisher nur Verluste oder kaum eine Rendite gebracht hat. Rasch glauben diese dann, dass es wohl so weiter geht. Folge ist: Kündigung und Rückkauf oder Verkauf im Zweitmarkt, der oft mehr als den Rückkaufswert bei Kündigung auszahlt.

 

Aber warum kann der Zweitmarkt eine bessere Rendite erzielen, wo es der Kunde nicht kann? Ganz einfach: Der Zweitmarkt kann es gerade nicht, denn der Kunde könnte bei Weiterführung ebenfalls meist eine gute Rendite erzielen, sogar mehr als der Zweitmarkt. Das weiß er aber nicht, weil er zunächst nachrechnen lassen müsste – wenn er es nicht selbst kann, durch einen versicherungsmathematischen Sachverständigen, über die der Zweitmarkt indes verfügt. Würde der Kunde die wahre Rendite ab heute bis zum Ablauf wissen – und wie sie durch im Zweitmarkt regelmäßig nach Ankauf sofort vorgenommene Vertragsänderungen nochmal zu optimieren ist – so würden viele Policen im Zweitmarkt nicht verkauft, sondern bis zum Ende oder bis zu einem Zeitpunkt, wo sich die spätere Beendigung mehr als die Fortführung lohnt, weiter gehalten. Dieser Zeitpunkt ist versicherungsmathematisch bestimmbar.

 

Heute ist der erste Tag vom Rest des Lebens der Versicherungspolice

Wichtig ist, daß der Kunde vergessen muss, welche Verluste ihm die Vergangenheit bis heute eingebracht hat. Diese sind getragen und beruhen oft auf anfänglich hohen Kosten und Risikobeiträgen der Police, Stornoabzügen bei Rückkauf und stark reduzierten Schlussüberschüssen bei vorzeitiger Kündigung. Von da an gilt es ohne Blick in die Vergangenheit nur in die Zukunft zu rechnen – dies führt zu erstaunlich hohen Renditen. Wer in zwei Stunden in der Schlange zur Cezanne-Ausstellung schon auf 5 Meter bis zur Kasse vorgerückt ist, wird ja auch nicht wegen der 2 Stunden ergebnislos verschwendeter Zeit nach Hause gehen, sondern wegen der nun nur noch 5 Meter bis zum Einlass nochmal eine Viertelstunde sich gedulden. Dass es vielleicht besser gewesen wäre, sich vor zwei Stunden gar nicht erst anzustellen, ist eine jetzt sinnlose Überlegung, wenn diese Option schon vor zwei Stunden verpasst wurde.

 

Renditesteigerung durch Vertragsgestaltungen

Steigern lässt sich das Ergebnis noch, indem die Police auf Rendite getrimmt wird. Etwa durch Umstellung auf Jahreszahlung, Ausschluss von Zusatzversicherungen, Laufzeitabkürzung, Zuzahlung oder auch Beitragsfreistellung zum richtigen Zeitpunkt oder der Verzicht auf weitere dynamische Erhöhungen können die Rendite nochmals erheblich steigern, aber auch das Gegenteil bewirken, wenn man sich in den versicherungsmathematischen Wirkungen auch auf die Überschüsse nicht auskennt, durch die ein „Durchhalten“ oft belohnt wird. Ohne sachverständige Begutachtung durch einen Versicherungsmathematiker für den konkreten Fall wird der Kunde regelmäßig im Dunkeln tappen.

 

Dabei ist die Renditemaximierung nicht alles. Wenn die beitragspflichtige Fortführung bis zum Ende bezogen auf den Verzicht auf die Auszahlung des Rückkaufswertes und die weiter gezahlten Beiträge 4 % Rendite bringt, die Beitragsfreistellung aber sogar 4,3 %, so muss dies trotzdem nicht die bessere Lösung sein. Denn die weiter gezahlten Beiträge für sich können auch z. B. 3,8 % oft noch steuerfreie Rendite bringen, auf die bei Beitragsfreistellung verzichtet würde. Statt die gesparten Beiträge also zu bis zu weniger 1 % abzgl. Quellensteuer auf dem Tagesgeldkonto anzulegen, ist es dann doch besser, sie weiter in die Police einzuzahlen – auch der Aufkäufer im Zweitmarkt würde so agieren.

 

Unwissen bei Ratingagenturen?

Es handelt sich um blanken Unsinn, wenn eine Tageszeitung als „Versicherungs-Tip“ eine Ratingagentur sinngemäß folgendermaßen zitiert: Bei jährlicher Zahlung würde der Versicherer die Beiträge als früher investiert rechnen, als bei monatlicher Zahlung. Der Versicherer rechnet sie vielmehr schlicht auf jährliche Zahlung um, und behandelt sie dann genauso. Man kann also wie bei Ratenzuschlägen einfach die Effektivverzinsung für monatliche Zahlungsweise ermitteln.

 

Dass die Rendite der Dynamikanpassung womöglich geringer ist als des bereits laufenden Vertrags, weil nochmals einmalige Kosten hinzukommen, heißt nicht, dass sie – zumal wenn steuerfrei – nicht so hoch wäre, dass sie dann doch Sinn macht. Neben der laufenden Verzinsung kommt nämlich auch ein Effekt aus Schlussüberschüssen hinzu, der die Kosten überkompensieren kann. In Nettopolicen gibt es zudem gar keine einmaligen Kosten. Und auch die laufenden Kosten sind auf den Dynamikteil geringer als auf die bestehende Versicherung, weil dort auch beitragsunabhängige Stückkosten eingerechnet sind, nicht aber bei der Dynamik. Diese stellt also nicht einfach einen neuen Vertrag dar, sondern oft eine demgegenüber günstigere Kalkulation. Dies oft auch bei der Deklaration der Überschüsse, z.B. auch der Kostenüberschüsse. Pauschale Aussagen führen auch hier in die Irre – ein Versicherungsmathematiker muss es schon genau rechnen.

 

Vermögenspflege und Risikostreuung

Wer als einzige Kapitalanlage nur Lebensversicherungen besitzt, könnte an die Risikostreuung denken, beispielsweise um sachwertig konservativ bis zu mehr als 4% Rendite zu erzielen. Nach dem Vorbild der „Hippo Happy Halodria”-Bank (Name geändert) werden künftig zunehmend Staatsanleihen in Europa durch einen Federstrich von Finanzministern oder Regierungen für nachrangig oder tilgungsfrei erklärt werden können. Gleichwohl läßt sich das künftige Währungsrisiko bereits heute ohne Verkauf oder Kündigung der Lebensversicherung in einen Sachwert verwandeln. Etwas laufende Mühe wird damit verbunden sein, zumal es Geld- und Kapitalanlagen gibt, die mit üblichen Verwaltungskosten, aber auch ohne Provisionen und fast ohne Marketingaufwand daherkommen.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.kmi-verlag.de (veröffentlicht in kapital-markt intern, Beilage zu Nr. xx/19)

und

www.network-karriere.com (veröffentlicht in Ausgabe 09/2019, Seite 30, unter der Überschrift: Kein Rendite-Tuning durch Lebensversicherungs-Verkauf  im Zweitmarkt?)

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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