LV: Widerspruch auch ohne Rechtsschutz?

Der Widerruf einer Lebensversicherung ist nach wie vor eine komplizierte Angelegenheit. Mancher Versicherer wird den Widerruf erst mal pauschal mit Textbausteinen ablehnen und im zweiten Anlauf bei einem Rest an Kunden schlicht anerkennen und dem Versicherungsnehmer nicht selten weniger als den Rückkaufswert ausbezahlen. Wohl dem, der eine Rechtsschutzversicherung hat. Aber wie ist in diesem Fall vorzugehen und geht es auch ohne RSV?

 

Manche Versicherer akzeptieren den Widerruf und zahlen dann erst einmal auf unbestimmte Zeit gar nichts aus, weil sie auch Monate später noch nicht wissen, wie sie einen Widerruf berechnen könnten. Hier hilft ggf. nur eine Klage mit Hilfe eines eigenen versicherungsmathematischen Sachverständigengutachtens.

 

Versicherungsfall in der Rechtsschutzversicherung (RSV)

Entscheidend ist, was der Versicherte durch seine Schadensmeldung der RSV mitteilt: Dabei „ist für die Festlegung der den Versicherungsfall kennzeichnenden Pflichtverletzung allein der Tatsachenvortrag entscheidend, mit dem der VN den Verstoß seines Anspruchsgegners begründet.“ (BGH, Urteil vom 25.02.2015, Az. IV ZR 214/14).

Wird die Rückabwicklung und Neuberechnung beispielsweise von einem Lebensversicherer verweigert, so „liegt dessen maßgeblicher Verstoß im Sinne von § 4 (1) Satz 1 Buchst. c) ARB 2004 in der Weigerung, das Widerspruchsrecht anzuerkennen, und nicht in der behaupteten mangelnden Information bei Vertragsschluss.“ (BGH, Urteil vom 24.04.2013, Az. IV ZR 23/12). Entscheidend ist demnach dass heute eine RSV besteht, bevor der Widerruf eines Kreditvertrages oder einer Versicherung ins Auge gefasst wird. Einige RSV-Anbieter haben die Deckung in Widerrufsfällen seit Mitte 2014 oder später jedoch in ihren Allgemeinen Rechtsschutz-Bedingungen ausgeschlossen.

 

Regelmäßig kein Deckungsausschluss in den Allgemeinen Rechtsschutz-Bedingungen (ARB)

Versicherungsbedingungen sind „so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an“ (BGH, Urteil vom 25.06.2003, Az. IV ZR 32/03). Seinerzeit hatte eine RSV rechtsirrig gemeint, dass der Ausschluss (in den ARB 75) „bei Planung, Finanzierung und Errichtung von (Neu-) Bauwerken“ auch die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds betrifft (BGH, Urteil vom 19.02.2003, Az. IV ZR 318/02). Auch mit einem Ausschluss von Beschlussanfechtungsklagen betreffend einen WEG-Eigentümer, braucht kein Verbraucher zu rechnen (AG Düsseldorf, Urteil vom 10.06.2015, Az. 23 C 17/15).

 

Der BGH hielt auch die Effekten-Klausel für unwirksam: „Die Klausel in allgemeinen Bedingungen der Rechtsschutzversicherung „Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds)“ ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam.“ Dabei hielt er zur Auslegung der ARB fest: „Fachbegriffe, die keine fest umrissenen Begriffe der Rechtssprache sind, scheiden als objektive Verständnisvorgabe für die Auslegung von Versicherungsbedingungen nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers aus.“, § 307 I 2 BGB (BGH, Urteil vom 08.05.2013, Az. IV ZR 84/12).

 

RSV-Deckung bei konkurrierenden Rechtsansprüchen

Selbst wenn ein bestimmter vertraglicher Anspruch in den ARB (94) nicht gedeckt wäre, liegt daneben häufig auch eine unerlaubte Handlung vor: „Der Ausschluss der Geltendmachung vertraglicher Schadenersatzansprüche erstreckt sich nicht auf die Geltendmachung damit konkurrierender deliktischer Schadenersatzansprüche.“ (LG Hannover, Urteil vom 16.10.1998, Az. 13 O 158/98). Dies gilt entsprechend bei den ARB-RU95 (AG Mönchengladbach, Urteil vom 17.02.2004, Az. 29 C 496/03).

Gleichwohl lässt es mancher Sachbearbeiter der Schadensabteilung in der RSV darauf ankommen, ob der VN eine Kriegskasse besitzt, und die Deckung am Ende mit Erfolg einklagt, denn in den allermeisten Fällen wechseln die Versicherten dann lieber die RSV

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

 

www.experten.de (veröffentlicht am 22.02.2016)

 

 

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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