Neues BGH-Urteil beschleunigt den Geldeingang beim Gläubiger

Liquiditätslücke beim Vertrieb:

Eine typische Notsituation des Vermittlers kann darauf beruhen, dass 50% seiner Riesterverträge ins Storno laufen? hinzu kommen die Stornos aus dem LV-Schlussverkauf 2004. Die hohen Einnahmen führten zu Steuernach- und vorauszahlungen – der Vermittler hat für solche Situationen oft zu geringe Reserven.

Bei den Vertrieben genügt ein Blick in die offengelegten Bilanzen, um zu erkennen, wer vielleicht bald “den Bach hinunter schwimmt”:

Hier liegt der Nutzen des Experten-Archivs mit den Offenlegungsverfahren nach dem HGB bzw. der EG-KapCo-Richtlinie. Mancher Vertrieb verlangt Provisionen vom Vermittler zurück – auch ein Mahnbescheid hilft dann vielleicht nicht weiter. Dann gerät der Vertrieb in die Situation, dass das Geld fehlt die Provisionen aus dem laufenden Geschäft zu finanzieren und an die Vermittler pünktlich zu überweisen.

Wartet der Vermittler zu lange, so bekommt er vielleicht in der Insolvenz gar nichts mehr? Eine kaufmännische Erfahrung zeigt, dass es im Falle der Insolvenz zumeist nichts mehr zu holen gibt. Das vorhandene Vermögen deckt vielleicht die Gerichts- und Verfahrenskosten, selten mehr. Die Gläubiger stehen mit leeren Händen da -der Gesetzgeber denkt derweil darüber nach, für Sozialversicherungsträger und Finanzamt wieder einen Vorrang vor allen anderen Gläubigern einzuführen.

Früher musste man erst mal einen “Titel” haben, also beispielsweise einen Vollstreckungsbescheid oder ein Urteil, und dann erfolglos vollstreckt haben, bevor man als Gläubiger einen Insolvenzantrag stellen konnte. Diese Zeiten sind nun vorbei.

Neues BGH-Urteil hilft:

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun in aller Deutlichkeit beschlossen (BGH Beschluss vom 13.06.2006, Az. IX ZB 238/05), dass die Gläubiger beim Amtsgericht/Insolvenzgericht auch dann einen Insolvenzantrag mit Erfolg stellen können, wenn die Forderung mehrere Monate alt ist – ganz ohne vorherige „fruchtlose Vollstreckung“.

Zur Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit genügt, dass der Schuldner sich „mehr als sechs Monate im Rückstand“ befindet. Unerheblich ist, ob es sich bei dem Gläubiger um eine öffentlich-rechtlich organisierte Krankenkasse oder um einen privaten Gläubiger handelt!

Auf Seiten des Schuldners liegt Zahlungsunfähigkeit vor, wenn 10% oder mehr der fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr bezahlt werden können. Fehlt also das Geld, um mindestens 90% aller fälligen Schulden zu bezahlen, liegt in der Regel Zahlungsunfähigkeit vor. Natürlich kann es auch eine Hilfe sein, wenn der Vermittler mit Kollegen gute Verbindungen besitzt, um auch von diesen zu hören, ob sich ein “roter Faden” im Verhalten abzeichnet.

Zahlungsturbo:

Eine Teilzahlung ist nach Ansicht des BGH kein Nachweis dafür, dass lediglich eine Zahlungsstockung vorliegt bzw. die Zahlungsunfähigkeit beseitigt ist. Nicht zu vergessen, dass ja die Geschäftsleitung einer AG bzw. GmbH (vgl. z.B. § 64 GmbHG) bereits nach drei Wochen einer Zahlungsunfähigkeit selbst Insolvenz beantragen muss. Viele Geschäftsleiter unterlassen dies, stehen dann später vor dem Strafgericht, und haften damit auch privat und persönlich für Verbindlichkeiten ihrer GmbH bzw. AG.

Keine Nötigung durch Drohungen: Mancher Vermittler wird sich jetzt überlegen, ob er nicht nur einen Mahnbescheid beantragt, sondern darüber hinaus auch rechtzeitig einen Insolvenzantrag stellt. Bereits die Ankündigung solcher Überlegungen (“….. werden wir prüfen lassen, ob ….”) kann wahre Wunder bewirken – plötzlich ist das Geld da. Allerdings sollte sich der Gläubiger davor hüten, dem Schuldner mit der Antragstellung zu drohen (Nötigung).

Also:

Nicht androhen (Motto: “Bellende Hunde beißen nicht!”), sondern beantragen. Der Hinweis darauf, dass der Antrag bereits gestellt wurde (was der Richtigkeit entsprechen muss) ist sicherlich legitim. Der Antrag kann ja später bequem zurückgenommen werden; nach vollständigem Zahlungseingang versteht sich.

Der rechtzeitige Antrag liegt im Interesse aller Gläubiger, je früher er (berechtigt) gestellt wird, umso mehr Vermögen hat der Insolvenzverwalter oft zur Verteilung zur Verfügung.

Solch ein Antrag kann aber auch kostenpflichtig vom Gericht zurückgewiesen werden -auch von daher ist es ratsam, nötigenfalls vorher einen Rechtsbeistand zu befragen.

 

von Dr. Johannes Fiala

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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