Neues Urteil: Versicherungsmakler steht im Allgemeinen nicht im Lager des Versicherungsnehmers

Haftungsrisiken des Makler gegenüber VN und VR aus unklarer Positionierung
Ein neues Urteil des OLG Hamm (Az.: I-20 U 38/10, vom 03.11.2010) belegt: Versicherungsmakler unterstellen oft unbe-sehen, dass sie (ausschließlich) im Lager des Versicherungs-nehmers (VN) stehen, und nicht neutrale "Dritte" sind. Das OLG sieht ihn hingegen als Dritten, es sei denn, er gibt anderes deutlich zu erkennen. Auch Versicherer (VR) wollen den Versi-cherungsmakler oft lieber als neutralen Dritten sehen, der auch ihre Interessen wahren soll. Dies führt zu manchen Miss-verständnissen.

Rechtliche Positionierung entscheidet über Rechte des Versicherers

Letztlich muss der Makler sich explizit entscheiden, wo er stehen will, und dies auch klar zu erkennen geben. Wenn er oh-ne sich dazu Gedanken zu machen irgendwie auftritt (weil er vielleicht meint, dass es für den Makler ohnehin klar sei, wie er rechtlich zu sehen ist), riskiert er durch Zufälligkeiten seines Auftretens nachher (gerichtlich) anders gesehen zu wer-den, als es seiner Vorstellung entsprach. Wegen der daran ggf. geknüpften Rechtsfolgen, die er natürlich dann auch nicht be-dacht haben wird, kann  sich für ihn ein erhebliches Haftungs-potential ergeben – der Versicherungsnehmer hingegen gefährdet seine Versicherungsdeckung. Dann wird aus dem Versicherungs-makler und dessen Haftpflichtversicherung faktisch der Rück-versicherer des Kunden, gleichviel ob es am Ende den Makler sein gesamtes Vermögen und nach Entzug der Zulassung auch noch die gesamte Existenz kostet.

Kein Rücktritt des VR bei Fragenkatalog des Maklers o-der Belehrung in den AVB

Schlecht organisierte Versicherer überlassen es dem Versiche-rungsmakler, Fragebögen zum Risikoobjekt zu entwerfen, ganz ohne Initiative des VR und ohne daran inhaltlich mitzuwirken. Fragebögen bzw. Besichtigungsberichte des Maklers als Teil ei-ner Ausschreibung werden jedoch nicht automatisch zu Fragen des Versicherers i.S.v. § 19 VVG. Damit aber bleibt ihre Falschbeantwortung folgenlos, wie das OLG Hamm jetzt urteilte. 
Ebenso geht es Industrieversicherern, wenn sie die Belehrung über Folgen einer Anzeigepflichtverletzung im Kleingedruckten verstecken, anstatt diese Hinweise deutlich hervorgehoben im Zusammenhang mit den eigentlichen Antragsfragen zu geben. Dann ist der Hinweis weder umfassend, noch unmissverständlich und eindeutig, und damit unwirksam, so dass auch deshalb eine Falschbeantwortung von Antragsfragen folgenlos bleibt, wie das OLG Hamm  feststellt.

Position des Maklers entscheidet über Anfechtungsmög-lichkeit des VR

Nach § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB ist eine empfangsbedürftige Wil-lenserklärung nur dann anfechtbar, wenn der Anfechtungsgegner die Täuschung kannte oder kennen musste, sofern es sich bei dem Täuschenden um einen Dritten handelt. Dritter ist aller-dings nur Derjenige, der nicht „in einem Lager steht“, also der am Geschäft Unbeteiligte, so etwa ein Versicherungsmakler dann, wenn er uneingeschränkt und neutral für beide Seiten des Geschäfts tätig ist (z.B. der Doppelmakler). Eine solche Kons-tellation kann etwa dann vorliegen, wenn der Makler über einen Rahmenvertrag mit dem Versicherer verbunden ist, und zugleich mit dem VN über einen Maklervertrag zusammenarbeitet, ohne hier aber stark eingebunden zu sein. Wenn jedoch der Versiche-rungsvertrag im Wege einer Ausschreibung zustande kommt, ist der Makler nicht mehr Unbeteiligter, also nicht mehr für beide Seiten als neutraler Mittelsmann tätig. Damit ist der Makler nicht mehr Dritter i.S.v. § 123 BGB, so dass kein Anfechtungs-recht des Versicherers besteht, auch wenn der Makler selbst getäuscht hat. Es ist daher verständlich, dass Versicherer den Makler lieber als neutralen Dritten sehen möchten, was er nach OLG Hamm auch in der Regel ist – umso wichtiger ist es, dass er sich eindeutig und klar positioniert.

Gute Makler – schlechte Makler?

All jene Makler, die sich un- oder mittelbar über Rahmenver-einbarungen, Pools oder „Einkaufsgenossenshaften“ an gewisse Versicherer anbinden lassen und es  an einer klaren durch das Tätigkeitsprofil nachweisbaren Positionierung im Lager des Versicherungsnehmers fehlen lassen, werden trotz Maklervertrag zu Dritten, die anfechtungsrechtlich nicht mehr im Lager des Kunden stehen. Für den VN ein Nachteil, weil dies die Anfech-tung des VR bei einer Täuschung in einschlägigen Fällen er-leichtern kann.
Vermutlich kennt diese Feinheiten nur ein Makler, der bereits die Spielregeln teuer im Rahmen eines Prozesses kennen lernen durfte.

Beratungspflicht des Versicherers oder Maklers?

Ein ähnlicher Rechtsirrtum ist die unbedachte Unterstellung, dass Versicherungsmakler auch zur Betreuung der Verträge nach Vertragsabschluss verpflichtet seien. Erst der sprichwörtliche Blick ins Gesetzbuch könnte dem Makler zeigen, dass eine der-artige angebliche Pflicht dem Wunschdenken der Versicherer entstammt – und sich nirgends im Gesetzestext finden lässt. 
Manche Versicherer haben indes erkannt, dass sie laufend auch zur Beratung bei von Maklern vermittelten Verträgen verpflich-tet sind, und erbringen diese durch ihre Agenten, die dann wo-möglich auch im Versicherungsschein als „Betreuer“ genannt werden. Dagegen wird sich ein Makler kaum wehren können, eben-so wenig dagegen, mit dem Agenten zumindest die Betreuungspro-vision teilen zu müssen.  Im Gegensatz zur Maklervollmacht geht der Maklervertrag, in dem sich dieser evtl. dem VN gegen-über zu einer irgendwie gearteten laufenden „Betreuung“ ver-pflichtet hat, nichts an. Und dem Versicherer gegenüber kann sich ein im Lager des VN stehender Makler gar nicht zur lau-fenden Beratung seines Kunden im nach Gesetz dem Versicherer obliegenden Umfang verpflichten.
Dr. Johannes Fiala, Dipl.-Math. Peter A. Schramm

Mit freundlicher Genehmigung von
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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