Provisionen für Lebensversicherungen in Europa abschaffen?

– Zur Gestaltung von Versicherungsprodukten in Europa –

 

Die Courtagen der Makler und Provisionen der Vermittler werden durch das Lebensversicherungs-Reformgesetz (LVRG) sinken – gleichzeitig findet aber in der Lebensversicherung eine Verschiebung weg von einmaligen zu laufenden Vergütungen der Vermittler statt.

So sagt die Stuttgarter Lebensversicherung zu ihrem neuen Vergütungsmodell: Das Modell richte sich vor allem an Vermittler, die Wert auf eine gute Kundenbetreuung legen, Storno verhindern und langfristig kalkulierbare Einnahmen erzielen wollen. Es sei zugegebenermaßen für Berufsstarter nicht besonders attraktiv, aber die Vermittlungscourtage sei nun einmal kein Existenzgründungs-Programm.

Einst diente die Erfindung der Zillmerung in der Lebensversicherung durch den Mathematiker August Zillmer im Jahr 1863 vor allem dazu, durch hohe Einmalprovisionen einen professionellen Lebensversicherungs-Vertrieb überhaupt erst aufzubauen und dem Produkt Lebensversicherung erstmals zu einer weiteren Verbreitung zu verhelfen. Denn nur dadurch konnte hauptberuflichen Berufseinsteigern im Vertrieb von Beginn an ein Lebensunterhalt gesichert werden. Vorher waren die meisten Vermittler nebenberuflich zu einem anderen Hauptberuf tätig, der ihren Lebensunterhalt bereits sicherte. Es gab kaum einen professionellen Versicherungsvertrieb – der musste überhaupt erst aufgebaut werden.

Heute mit etablierten Vertriebsstrukturen und einer ausreichenden Zahl Vermittler besteht an solchen Existenzgründungs- und Ausbau-Programmen wie 1863 politisch aber kein Bedarf mehr. Die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensversicherungen und Vermittlungsleistungen ist durch das LVRG nämlich nicht gefährdet. Es gibt einen funktionierenden Vertrieb, der auch ohne hohe Einmalvergütungen weiter funktionieren wird.

Wer sich mit der Entwicklung in Europa befasst hat, konnte ahnen, wo die Reise hingehen wird. Aufschlussreich ist hier das in der Reihe „Versicherungswissenschaft in Berlin” als Band 41 2013 erschienene Werk von Monir Talin „Mitgliedstaatliche Grenzen der Gestaltung von Versicherungsprodukten im Europäischen Binnenmarkt für Versicherungen”, 278 Seiten, Preis 48 EUR, erschienen im Verlag Versicherungswirtschaft.

Diese Arbeit nimmt sich der Problematik der unterschiedlichen einzelstaatlichen Vertragsregelungen an, die grenzüberschreitende Versicherungsgeschäfte innerhalb der EU erschweren. Dabei wird ermittelt, inwiefern zwingendes einzelstaatliches Recht das grenzüberschreitende Versicherungsgeschäft zwischen den Mitgliedstaaten hemmt. Die Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht wird diskutiert und grundsätzliche Konturen der Gemeinschaftsgrenzen verdeutlicht. Der Fokus liegt dabei auf den Versicherungsmärkten in Deutschland, Frankreich und Großbritannien.

Die Untersuchung leistet darüber hinaus einen Beitrag zu den Möglichkeiten und Tendenzen der künftigen Ausgestaltung eines vereinheitlichten europäischen Versicherungsvertragsrechts, wie es im Entstehen ist, und bringt damit auch Erkenntnisse für die Auslegung und künftige Entwicklung des deutschen Versicherungsvertragsrechts.

So wird deutlich, wie Verbraucherschutz einerseits in einigen Ländern durch regulierende Begrenzungen bis hin zu Verboten – z. B. bei Provisionen – andererseits in anderen statt dessen durch strenge Informationspflichten umgesetzt wird, wobei künftig eine Annäherung zu erwarten ist..

In Einzelnen werden beispielhaft in der Arbeit für die EU vergleichend untersucht, wie und mit welchen Überlegungen umgesetzt wurden: – Vorgaben zur gezielten Regulierung der Prämie (bei der Naturkatastrophenversicherung sowie zwingenden Bonus-Malus-Systemen) – Zwingende Risikoeinschlüsse (bei Terror-, Naturkatastrophen- und Technologiekatastrophenrisiken) – Der Ausschluss der Leistungsfreiheit bei einem Fehlverhalten des Versicherungsnehmers (bei einer Obliegenheitsverletzung und der Herbeiführung des Versicherungsfalls) – Mindestrückkaufswerte in der Kapitallebensversicherung

Die Arbeit ist für jeden von Interesse, der verstehen will, nach welchen Überlegungen in der EU und den einzelnen Mitgliedsstaaten Versicherungen künftig gestaltet werden, welche Tendenzen zu erwarten sind, und warum die Dinge sich so entwickeln, wie man es sonst oft erst viel spät zur Kenntnis nehmen muss. Damit ist sie sowohl für den an Vertragsgestaltung interessierten Praktiker als auch für Forschung und Lehre von Interesse.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

mit freundlicher Genehmigung von

 

www.experten.de (veröffentlicht im Oktober 2014)

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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