Rüruprenten: Die Chimäre der Unpfändbarkeit

In einer juristischen Promotion wird behauptet, dass man ohne Rückkaufswert in einer Lebensversicherung – wie angeblich bei Basisrentenverträgen gegeben – beliebig hohe Beträge, geschützt vor Gläubigern und Insolvenzverwalter, als Vermögen schützen könne. Hier ist jedoch Vorsicht geboten.

In einem neuen Fachbuch, ursprünglich eine juristische Promotion, wird dargestellt, dass Basisrentenverträge im Gegensatz zur begrenzt pfändungsgeschützten Altersvorsorge nach Paragraf 851c Zivilprozessordnung (ZPO) weder kapitalbildend seien, noch hätten sie einen Rückkaufswert, weshalb alleine sie in der Ansparphase gar nicht pfändbar seien.

 

Beliebig hohe Beträge geschützt?

Das Kapital der sogenannten pfändungsgeschützten Altersvorsorge sei nach Paragraf 851c ZPO hingegen – im Gegensatz zum Basisrentenvertrag – aber oberhalb der gesetzten Grenzen bei Pfändung zu überweisen, beispielsweise an Gläubiger und Insolvenzverwalter.

Konsequent zu Ende gedacht könnte man damit behaupten, dass man ohne Rückkaufswert in einer Lebensversicherung – wie angeblich bei Basisrentenverträgen gegeben – sogar beliebig hohe Beträge – geschützt vor Gläubigern und Insolvenzverwaltern – als Vermögen schützen könne.

Die Doktorarbeit begründet dies: “Eine Pfändung scheidet aber, wie nachfolgend ausgeführt wird, schon deswegen aus, weil es sich bei der Rüruprente nicht um ein kapitalbildendes Vorsorgeinstrument handelt mit der Folge, dass dem Vertragspartner weder in der Anspar- noch in der Auszahlungsphase ein Anspruch auf einen “Rückkaufswert” zusteht, den der Gläubiger pfänden könnte.”

Selbst wenn vertraglich eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen wurde, liegen versicherungstechnisch an sich genau die gleichen Verhältnisse vor, wie bei jeder anderen kapitalbildenden Lebensversicherung, und die Nichtauszahlung eines Rückkaufwertes bei beiden Vertragsformen bei Kündigung bedeutet nicht, das er nicht vorhanden und nicht bei Pfändung zu überweisen ist.

Die ordentliche, also vertraglich ausgeschlossene, Kündigung wird der Versicherer als Vertragsstillegung behandeln – also erst mal keine weiteren Einzahlungen erwarten.

Kündigen hingegen kann der Gläubiger nach einer Pfändung, der Insolvenzverwalter, so ist wie bei einer außerordentlichen bzw. fristlosen Kündigung zu verfahren – mit Rückkaufswert, allenfalls mit dem begrenzten Schutz der pfändungsgeschützten Altersvorsorge gemäß Paragraf 851c ZPO unter Überweisung des überschießenden Betrages.

 

Rückkaufswert ist vorhanden

Zum Vergleich kann man eine beliebige Rentenversicherung jedoch ohne Todesfalleistung, nach Art der Basisrente heranziehen, in beliebiger Höhe, und mithin ohne auszahlbaren Rückkaufswert (RKW).

Den angeblich nicht vorhandenen RKW gibt es indes, denn nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist er für die beitragsfreie Leistung maßgeblich, etwa wenn der Vertrag stillgelegt wird, und dieser wird auch ausgewiesen.

Hier aus einem Versicherungsschein zur Illustration des Rückkaufswertes für eine Basisrente:

“Aktuelle Rückkaufswerte:
garantierte Leistung *)   5729 Euro
garanierte Überschussanteile *) 152 Euro
Gesamtbetrag inklusive Überschussbeteiligung *)   5881 Euro

*) Aufgrund der Regelungen des Alterseinkünftegesetzes zur Basisrente besteht kein verfügbares Guthaben für Ihren Vertrag. Eine Auszahlung ist nur in Form einer lebenslangen Rente gemäß den Versicherungsbedingungen möglich.”

Eingezahlt waren um die 6.200 Euro in drei Jahren. Der Punkt ist, dass man durch vertragliche Regelungen nicht auch gleich noch die Pfändbarkeit verhindern kann.

Es ist im gesamten Vollstreckungsrecht der ZPO nicht möglich durch eine privat-vertragliche Regelung über das Verbot einer Verpfändung oder Beleihung die hoheitliche Vollstreckung durch gerichtliche Pfändung auszuschließen.

Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2012, Az. IX ZR 79/11) entschied bereits, dass ein vertraglicher Kündigungsausschluss die Verwertung der Lebensversicherung über eine Kündigung durch den Insolvenzverwalter nicht verhindert.

Im Zweifel ist das komplette durch Prämienzahlung beim Versicherer gebildete Vermögen weg – Gläubiger können den Rückkaufswert hoheitlich über das Vollstreckungsgericht pfänden und überweisen lassen, Insolvenzverwalter können den (nur vertraglich unkündbaren und nur vertraglich nicht abtretbaren) Versicherungsvertrag kündigen und das Vermögen einziehen.

Dazu der BGH: “Doch können nach Paragraf 851 Abs. 2 ZPO vereinbarungsgemäß nicht übertragbare Forderungen gepfändet werden, wenn der geschuldete Gegenstand der Pfändung unterworfen ist.”

 

Rüruprente ist auch vor Rentenbeginn pfändbar

Für eine (gegebenenfalls teilweise) Unpfändbarkeit bedarf es zusätzlicher Regelungen, beispielsweise dass die Voraussetzung für einen Pfändungsschutz nach Paragraf 851c ZPO vorliegen.

Dies ist jedoch bei Versicherungsverträgen die als Basisrente vermittelt werden nicht automatisch der Fall.

Dies gilt es stets fachkundig prüfen zu lassen, denn Basis-/Rüruprenten sind von Hause aus zunächst einmal so gestrickt, dass das Finanzamt sie steuerlich anerkennt, und nicht immer auch nach Paragraf 851 c ZPO ausgerichtet.

Ein vertraglich mit dem Versicherer festgelegtes Verwertungsverbot würde gegen den begrenzten Pfändungsschutz für Altersvorsorge in der Zivilprozessordnung sprechen und diesen somit umgehen.

Daher entschied der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011, Az. IX ZR 79/11), dass der vertraglich festgelegte Verwertungsausschluss nicht die Pfändung verhindern kann.

Bei den meisten Versicherungsvermittlern im Inland sind allenfalls teilweise pfändungsgeschützte Rentenversicherungen zu erhalten, derzeit höchstens mit Aussicht auf eine Rente von bis zu weniger als 600 Euro im Monat.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

 

www.cash-online.de (veröffentlicht am 26.04.2016)

 

Link:

  1. https://www.cash-online.de/versicherungen/2016/rueruprenten/318496
  2. https://www.cash-online.de/versicherungen/2016/rueruprenten/318496/2
  3. https://www.cash-online.de/versicherungen/2016/rueruprenten/318496/3

 

 

Unsere Kanzlei in München

Unsere Kanzlei finden Sie in der Fasolt-Straße 7 in München, ganz in der Nähe von Schloss Nymphenburg. Unser Team besteht aus hochmotivierten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die für alle Belange unserer Mandanten zur Verfügung stehen. In Sonderfällen arbeitet unsere Kanzlei mit ausgesuchten Experten zusammen, um Ihre Interessen bestmöglich zu vertreten.


Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
»Mehr zu Dr. Johannes Fiala

Auf diesen Seiten informiert Dr. Fiala zu aktuellen Themen aus Recht- und Wirt­schaft sowie zu aktuellen politischen Ver­änderungen, die eine gesell­schaftliche und / oder unter­nehmerische Relevanz haben.

Videoberatung

Termin buchen

Vereinbaren Sie Ihren persönlichen Termin bei uns.

Termin vereinbaren / Rückrufservice

Sie werden bereits juristisch beraten und wünschen eine Zweit­meinung? Nehmen Sie in diesem Fall über nach­stehenden Link direkt Kontakt mit Herrn Dr. Fiala auf.

Juristische Zweitmeinung einholen

(Das erste Telefonat ist ein kostenfreies Kennenlerngespräch; ohne Beratung. Sie erfahren was wir für Sie tun können & was wir von Ihnen an Informationen, Unterlagen für eine qualifizierte Beratung benötigen.)