Schrottimmobilien-Urteile des EuGH (C-299 und C-350) vom 25.10.2005*

*von Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), M.B.A. (Univ.Wales), M.M. (Univ.), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), EG-Experte (C.I.F.E.), Bankkaufmann

Die Kreditinstitute geben sich gelassen, während Anlegeranwälte euphorisch von einem ?Durchbruch? sprechen. Die Realität sieht bescheidener aus. Das Informations-Problem: Wenn ein Anleger die vergleichsweise mageren Zinsen sicherer Geldanlegen mit den verlockenden Renditen, über Anlageberater angebotener Kapitalanlagen vergleicht, ist es verständlich sich für die vermeintlich bessere Rendite zu entscheiden. Hinzu kommen oft Steuervorteile und vielleicht die Hoffung auf eine Wertsteigerung der Anlage bzw. Immobilie. Jedoch bedeutet ein Mehr an Rendite-Chance immer auch ein Mehr an Risiko ? und hier irren Anleger regelmäßig. Problematisch wird es immer dann, wenn der Anleger nichts von der Sache versteht ? die Gerichte gehen in der Praxis weltfremd davon aus, ein Anleger sei selbst fachkundig oder zumindest fachkundig beraten. In der Vermittlerbranche sieht es zumeist nicht besser aus: Auch Anlegerschützer und Branchenfachblätter haben allzu oft Anlagemodelle hochgelobt, die sich später erst als Desaster für den Anleger herausgestellt haben, z.B. Telekom, Falk, Phoenix.
Das Know-how-Problem: Während die Obergerichte davon ausgehen, dass sich ein Anleger von einem Anwalt die rechtlichen Risiken, vom Steuerberater die steuerliche Tragfähigkeit und von einem Sachverständigen die Werthaltigkeit der Anlage/Immobilie erklären lassen (muß), sind in der Praxis oftmals Bankberater gar nicht in der Lage die Prospekte kritisch zu würdigen, geschweige denn nachzurechnen. Während die Gerichte auch vom Anlageberater und -vermittler erwarten, dass er seine Angebote rechtlich, steuerlich und wirtschaftlich prüfen kann, gibt es in der Realität keine normierte Zulassung zum Beruf. Jedermann kann ein Gewerbe als Initiator oder einfacher Finanzdienstleister anmelden. Wenn sich der Anleger den Zukauf von Fachwissen erspart, ist der Katzenjammer groß: Im Bereich der Schrottimmobilien sollen bis zu 1.000.000 Bundesbürger legal betrogen worden sein. Ein typischer Verkaufswerbespruch lautete ?Ihre Immobilie ist bankgeprüft. Sie bezahlen ja auch eine Wertermittlungsgebühr im Darlehensvertrag  keine Bank gibt Ihnen einen Kredit, wenn Ihre Immobilie nicht mehr wert ist als die Kredithöhe.
Diese Verkaufsaussage war natürlich unrichtig: Die Wertermittlung zahlt der Kunde, es handelt sich dabei auch um Kosten des Kredits, aber er bekommt als Kunde dieses Gutachten nicht zu sehen.
Der Justiz-Skandal ist in Wirklichkeit ein Politikum: Dort wo die Fäden zusammenlaufen, vor allem in der Bank, lässt sich kaum ein Staatsanwalt blicken. Die Anlegerschutzanwälte behaupten, dass einige Banken systematisch mit den Vertrieben gemeinsam zum Nachteil der Anleger zusammengearbeitet haben. Bei der Sparkasse Mannheim musste der eine oder andere Vorstand in Haft auch bei der Badenia-Bausparkasse hat ein internes Sondergutachten der Bankenaufsicht (BaFin) die Mitwirkung bzw. das Mitwissen am Anlagebetrug aufgedeckt. Die zahlreichen Verfahren vor dem EuGH zum Bereich der Schrottimmobilien, und nicht zuletzt die Stellungnahmen von Regierung und Banken zeigen worum es geht, nämlich die Existenzgefährdung manches Kreditinstituts durch Finanzierung unseriöser Geschäfte. Der Bürger fragt sich dann, wieso Schwarzfahrer bestraft werden ? bei Banken der Staatsanwalt zurückhaltend scheint und Strafanzeigen massenhaft eingestellt werden? Selbst die Wohltat der Privatinsolvenz, ein Licht am Ende des Tunnels, auf dem Wege heraus aus der Schuldenfalle, soll nunmehr aus Kostengründen eingeschränkt werden: Einige Landesjustizminister haben bereits ihre Entwürfe vor der Wahl ins Internet gestellt.
Interpretation des EuGH: Der EuGH vertritt eine ausgesprochen verbraucherfreundliche Linie. Dieses Gericht korrigierte in der Vergangenheit ebenso, wie das Deutsche Verfassungsgericht, die überwiegend bankenfreundliche Rechtsprechung des BGH. Die aktuellen Urteile und übrigens auch ganz aktuelle deutscher Instanzgerichte zeigen, dass die Haustürsituation auch bei Vermittlung über Freunde und Bekannte gegeben sein kann. Der typische Strukturvertriebler nützt zunächst bestehende Kontakte über Familie, Freunde und Arbeitskollegen, um dann zu Empfehlungen zu kommen. Auch innerhalb der Familie kann also eine Haustürsituation vorliegen, wie zuletzt das LG Verden in seinem Urteil vom 14.07.2005 (Az. 4 O 600/04) feststellte.   Darlehenswiderruf befreit nicht von den Zinsen: Die Sorge vieler Anleger war und ist, dass ein Widerruf des Darlehensvertrages nach dem Haustürgesetz zur sofortigen Fälligkeit des Darlehens führt ? der EuGH hat dies im Grundsatz bestätigt. Fraglich war, ob der Bank dann auch Zinsen, und wenn ja in welcher Höhe zustehen. Der EuGH geht davon aus, dass hier die ?marktüblichen? Zinsen vom Verbraucher zu bezahlen sind. Zurück bleibt ein Berg (Rest-)-Schulden, nach dem Verkauf der Schrottimmobilie.
Diese Situation eröffnet dem ?durch Schrottimmobilie überschuldeten? Verbraucher in der Regel die Möglichkeit zwischen anwaltlicher Verhandlung und Insolvenzverfahren: Der Vorteil einer Verhandlung liegt in der rascheren Erledigung und bisweilen in weiteren auch wirtschaftlich spürbaren Vorteilen. Daneben kommt stets die Vermittler und Vertriebshaftung in Frage: Jährlich werden etwa 30.000 Vermittler von Verbrauchern verklagt ? viele werden dadurch selbst insolvent.
Bankenrisiko: Der EuGH gibt weiter vor, dass in bestimmten Konstellationen, die nationalen Gerichte sicherstellen sollen, dass der Verbraucher nicht mit den ?Risiken, die mit der Kapitalanlage verbunden sind? belastet ist. In diesen Bereich können Differenzen zwischen Kaufpreis und wirklichem Wert fallen, das Mietausfallrisiko, usw. Hier wird der Verbraucher nötigenfalls ein Sachverständigengutachten benötigen für die Einzelheiten hat der EuGH nur einen Korridor bestimmt. Daher kann auf diesem Felde noch über zahlreiche Fragen weiter prozessiert werden. Der Ausgang ist meist ungewiss. Voraussichtlich sind hiervon nur Fälle betroffen, bei denen der Darlehensvertrag vor dem Immobilienkauf abgeschlossen wurde die Regel ist erfahrungsgemäß der umgekehrte Ablauf. Die Beweislast hat der Kläger. Daher ist die PR-Euphorie manches selbsternannten Anlegerschutzanwaltes nur schwer verständlich. Auch bei der Bewältigung wirtschaftlicher Krisen eines Anlegers bzw. einer Immobilie sind Sachverstand und Augenmaß gefragt.

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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