Sind Sie wirklich gut beraten?

Wenn es um eine erfolgreiche Altersvorsorge geht, sind Versicherungsagent oder Makler meist die ersten Ansprechpartner. In manchen Fällen ist eine komplette Rückabwicklung des Vertrages möglich.

 

Das OLG Saarbrücken (Urteil vom 26.02.2014, Az. 5 U 64/13) entschied, daß der Versicherungsmakler auf die Unterschiede der Rürup- bzw. Basisrente zu anderen Modellen einer flexiblen Privatrente hinzuweisen hat (so bereits: OLG Stuttgart, in: VersR 2007, 1069). So ist etwa über die fehlende ordentliche Kündbarkeit für den Erhalt eines Rückkaufswertes aufzuklären. Es dürfen nicht nur steuerliche Vorteile in der Einzahlungsphase in den Vordergrund gestellt werden.

 

Schadensersatz wegen fehlerhafter

Grundsätzlich hat jeder Versicherungsmakler die sogenannten Sachwalterpflichten zu erfüllen (Risikoprüfung, Objektuntersuchung, Rechenschaft geben, Eindecken des Risikos). Bei der Vermittlung von Lebensversicherungen fordert die Rechtsprechung entsprechend dem sogenannten BOND-Urteil, daß die Vermittlung „anleger- und objektgerecht“ erfolgt (BGH, Urteil vom 14.06.2007, Az. III ZR 269/06) – womit das Versicherungsprodukt und die Kundenbedürfnisse angesprochen sind:

Bei der anlegergerechten Beratung wäre beispielsweise daran zu denken, daß in der Zukunft die Mehrheit der Rentner Riester- und Rüruprenten auf die Grundsicherung angerechnet bekommen. Für diese Versicherungskunden wäre eine Geldverwendung durch den laufenden Kauf von Lottoscheinen meist mit mehr Hoffnung verbunden, als absehbar nahezu sicher am Ende nur den Staat zu entlasten. Dies läßt sich mathematisch später vielleicht bestens belegen.

Bei der objektgerechten Beratung wäre etwa zu bedenken, daß Lebensversicherer überwiegend in Staatsanleihen investieren (müssen), jedoch diese seit 2013 durch EU-weite nationale Umschuldungsklauseln nicht mehr sicher am Ende vollständig vom Staat zurückbezahlt werden. Dazu kommen die mehr als ein Duzend an Herabsetzungsmöglichkeiten der Versicherer (VR), auch unter den Garantiewert – so daß am Ende auch wegen des „Nullzins“ in der Euro-Zone und den Verwaltungskosten immer häufiger weniger als die Summe der Beiträge zurückbezahlt wird.

Objektgerechte Beratung erfordert aber auch ein Grundverständnis über die Ursachen der Finanzmarktkrise, sowie die Schwierigkeiten der Versicherer überhaupt noch bei rentablen Investmentmöglichkeiten mit den Banken zu konkurrieren. Die angedachte Privatisierung der Straßen des Bundes im Inland wird den durchschnittlichen Renditeverfall auch bei Infrastruktur-Investments kaum aufhalten können – die Nachfrage ist enorm, aber es fehlen Investmentmöglichkeiten.

Gleichwohl propagieren neuerdings Unwissende und Politiker einen „Staatsfonds zum Selbstkostenpreis“ für einen Ausbau der kapitalgedeckten Altersversorgung: Mit null Rendite?

 

Ausführliche Beratung ist erforderlich

Das OLG Saarbrücken stellt klar, daß es nicht genügt dem Versicherungskunden einfach das Produktinformationsblatt und die Versicherungsbedingungen in die Hand zu drücken: „Demgegenüber schuldet der Versicherungsmakler einem Interessenten viel weitergehender die Auswertung der unterschiedlichen Versicherungsbedingungen und genügt der oben dargestellten Beratungspflicht nicht dadurch, dass er dem Interessenten eine Vielzahl von Unterlagen zur eigenen Auswertung zur Verfügung stellt.“!

Zudem hat der Makler spätestens seit dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in der ab 01.01.2008 gültigen Fassung den Kunden – entsprechend subjektiven Wünschen und objektiven Bedürfnissen – zu beraten, und zu jedem Rat eine (fachliche) Begründung abzugeben, § 61 VVG.

Außerdem muss dies regelmäßig zumindest in Textform – inhaltlich entsprechend den Beratungspflichten nach Gesetz und Rechtsprechung – dokumentiert werden, §§ 61 I, 62 VVG.

 

Sekundäre Beweislast liegt beim Vermittler

Zunächst trifft den Versicherungsnehmer die Beweis- und Behauptungslast für eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung. „Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll.“ Ohne Protokollierung der Beratung wird dies dem Vermittler kaum gelingen.

Dies wird noch dadurch verschärft, daß die Dokumentation nach § 62 VVG häufig als „bester Beweis einer Fehlberatung“ angesehen wird – fehlt die Dokumentation des Vermittlers oder stellt sie nur ein kaum aussagefähiges Formular dar, wie bisher in bis zu mehr als 85% der Fälle zu beobachten, führt dies bis hin zu einer Beweislastumkehr zu Gunsten des Versicherungskunden (BGH, Urteil vom 13.11.2014, III ZR 544/13).

Das OLG Saarbrücken stellt dies klar: „Die Beweislast war sogar zum Nachteil des Beklagten umgekehrt, weil das von diesem vorgelegte Beratungsprotokoll vom 09.04.2008 entgegen § 61 Abs. 1 S. 2 VVG keine Dokumentation über die eben dargelegte erforderliche Beratung enthält.

Kann der Versicherungsvermittler eine Dokumentation nach § 61 Abs. 1 VVG nicht vorlegen, ist dem Versicherungsnehmer eine Beweislasterleichterung bis hin zur Beweislastumkehr zuzubilligen“.

 

Kläger kann Prämien zurückverlangen

Dem Versicherungskunden, der sich schlecht oder fehlerhaft beraten für eine Basis-Rente bzw. Rürup-Rente entschieden hatte, steht eine Erstattung der bezahlten Prämien durch den Makler zu.

Die gilt genauso, wenn statt dem Makler ein Agent tätig war. Dann muss der VR die Prämien zurückzahlen – dazu aber auch gezogenen Nutzungen: Der Versicherungsagent haftet gemeinsam mit dem Versicherer als Gesamtschuldner.

Dafür muss der Versicherungsnehmer an den Vermittler die späteren Renten herausgeben, bis diese insgesamt die Höhe der Prämienrückzahlung erreicht haben.

Meist lenken Versicherer ein, bevor es zu einem Urteil kommt, und vereinbaren dann, daß beide Parteien ein Stillschweigen bewahren, damit der gute Ruf des Versicherers nicht leidet.

„Für den Schaden und die Kausalität der Pflichtverletzung ist grundsätzlich der Versicherungsnehmer beweisbelastet. Allerdings kommt ihm die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens zugute, das heißt, dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der zu Beratende auch bei richtiger Aufklärung das vorgeschlagene Produkt erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (allgemein: BGH, Urt. v. 12.05.2009 – XI ZR 586/07VersR 2009, 1370)“.

 

Auf Beratung kann nicht verzichtet werden

Mancher Makler fühlt sich als Experte für Risiken, entscheidet sich jedoch – nicht frei von Rechtsirrtum – für eine unwirksame Verkürzung der Verjährungsfrist seiner Haftung, § 309 Nr.7 b BGB. Auch ein Zusatz „soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften (…) entgegenstehen“ kann die Unwirksamkeit einer Haftungsbeschränkung nicht beseitigen (BGH, Urteil vom 22.09.2015, Az. II ZR 340/14).

Häufiger sind Maklerverträge aus der Konserve anzutreffen, auch im Internet. Darin wird dann ein Beratungsverzicht vereinbart. Indes hat der Gesetzgeber dies durch Formulare nur gestattet, wenn es sich nach § 61 II VVG um eine „gesonderte schriftliche Erklärung“ handelt, also mit Unterschrift, § 126 BGB. Alles andere wäre zudem wettbewerbswidrig (LG Köln, Urteil vom 14.10.2005, Az. 84 O 65/15).

Das häufige Versprechen der Betreuung oder Vertragsverwaltung durch den Makler führt zu einem Dauerschuldverhältnis – er muss daher ständig beraten und prüfen. Verjähren dabei irgendwann Ansprüche des Kunden gegen den Versicherer, so beginnt die Verjährungsfrist wegen Verschulden des Maklers dann überhaupt erst zu laufen.

 

Kein Steuersparmodell zur Altersversorgung

Der steuerliche Preis der Rürup-Rente ist die (unter Umständen) volle Steuerpflicht im Alter – also dann, wenn man (als Kundenbedarf) meist sowieso jeden Cent zum Leben braucht. Spätestens in 15 Jahren betrifft dies bald mehr als die Hälfte der Rentenantragsteller, die sich dann verarmt fühlen oder Grundsicherungsrente beantragen können. Anlegergerecht wäre es meist, die im Erwerbsleben leichter verkraftbare höhere Besteuerung der Sparleistung zu wählen – also dann keinesfalls die Basis-Rente, wie inzwischen etwa das Landgericht Heidelberg festgestellt hat.

 

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.bauernzeitung.de (veröffentlicht in Ausgabe 07.2018)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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