– Wie ein neues EuGH-Urteil dem Versicherungsmakler die Abmahnung eröffnet –
Der Europäische Gerichtshof hat durch Urteil vom 16.04.2015 (Az. C-388/13) entschieden, dass „die Erteilung einer falschen Auskunft durch einen Gewerbetreibenden an einen Verbraucher […] als „irreführende Geschäftspraxis” im Sinne dieser Richtlinie einzustufen ist, selbst wenn diese Auskunftserteilung nur einen einzigen Verbraucher betraf“.
Dies eröffnet auch Versicherungsmaklern die Möglichkeit, beispielsweise Versicherer zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufzufordern oder dies anzukündigen, ganz ohne Anwalt und Gerichtskosten.
Alltägliche Falschauskünfte
Falsche (auch versehentlich, oft aber – ggf. nicht nachweisbar – absichtlich) Auskünfte z.B. zu Kündigungsfristen, Rückkaufswerten, zu erwartenden Ablaufleistungen, oder der Frage, ob etwas in der PKV versichert ist (z.B. auch bei einer Leistungsablehnung mit falschen Gründen) sind bei Versicherungen sehr häufig. Ein unmittelbarer Anspruch des VN bei solchen wettbewerbswidrigen Falschauskünften dürfte aber – wie der EuGH andeutet – direkt daraus nicht her leitbar sein. Der VN könnte über das Verhalten jedoch die sogenannte Wettbewerbszentrale oder eine Verbraucherzentrale informieren – und damit eine Abmahnung mit Unterlassungsklage auslösen.
Versicherungsmakler als Wettbewerber
Aber: der Makler ist Wettbewerber des Versicherers. Damit kann er, weil er ja selbst von Falschauskünften auch im Wettbewerb betroffen sein kann, z.B., weil Kunden anderer Makler sorgfältigere und daher richtige Auskünfte erhalten, oder die Kunden der eigenen Agenten besser behandelt werden – einen ggf. auch strafbewehrten Unterlassungsanspruch haben.
Makler, die sich über Falschauskünfte ärgern, bekommen damit ein Instrument in die Hand, unzutreffenden Auskünften künftig vorzubeugen: Durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung könnte er auch den Versicherer vor die Alternative stellen – einen (eigentlich vielleicht nicht durchsetzbaren) “Schadenersatz” zu bezahlen oder künftig bei jeder weiteren Falschauskunft eine Vertragsstrafe.
Wettbewerbsverstoß durch Aussicht auf zu hohe Leistungen
Wenn eine Auskunft falsch war, und etwa dem Kunden vor Ablauf eine zu hohe Leistung in Aussicht gestellt wurde, dann wird dies gerichtlich meist nicht als Willenserklärung, sondern als unverbindliche Wissenserklärung beurteilt. Vorsichtshalber wird aber die Willenserklärung vom Versicherer wegen Irrtum angefochten.
Da bei richtiger Auskunft ja auch nur die geringere Leistung gezahlt worden wäre, ist aber auch dann rechtlich kein Schadenersatz in Höhe der gegenüber der falschen Auskunft geringeren Leistung zu zahlen. Jedoch könnten auf dem Umweg über die Androhung einer Abmahnung durch den Makler vielleicht Sachverständigenkosten erstattet und eine “Kulanzleistung” erzielt werden, weil dies dem VR immer noch lieber ist, als sich dem Makler gegenüber strafbewehrt zu verpflichten, mindestens bei dessen Kunden näher umrissene Falschauskünfte nicht mehr zu erteilen. Einige Gerichte sahen in der Aussicht auf zu hohe Leistungen bereits im Ergebnis wirtschaftlich eine vorbehaltlose Garantieerklärung, und verurteilten etwa britische Versicherer zur Leistung.
Versicherungsmakler setzen Sorgfalt bei Auskünften durch
Nebenwirkung von Abmahnungen mit Unterlassungserklärungen kann dabei sein, dass der Makler künftig für seine Kunden deutlich sorgfältigere Auskünfte vom VR erhält. Das Verhältnis zwischen Maklern und manchem VR ist oft bereits sehr getrübt, insbesondere auch durch Intransparenz und Vertretung unhaltbarer Standpunkte seitens der VR, so dass viele Makler ein solches Mittel, den Versicherer zur Ordnung zu rufen, gerne aufnehmen werden.
Vorsprung durch Rechtsbruch?
Typischerweise fühlen sich Versicherungsmakler an der Nase herum geführt, wenn sie bei einem Wunsch nach Tarifwechsel auf Seiten des VN nur Halbwahrheiten über die verfügbaren Alternativ-Tarife erhalten, § 204 VVG. Wendet sich der VN danach an einen Sachverständigen oder speziellen Tarifwechsel-Makler mit umfassenderer Datenbasis, kann es beim zunächst eingeschalteten Makler noch zu Schadensersatzforderungen des VN kommen, welche dieser dann an den VR mit Hinweis auf dessen sittenwidrige Schädigung i.S.v. § 826 BGB bzw. die Verletzung von Beratungspflichten des VR nach § 6 VVG weitergeben möchte. Private Krankenversicherer kommen ihren schon seit der VVG-Reform 2008 bestehenden Beratungspflichten nach § 6 VVG bei laufenden Verträgen auch beim Tarifwechsel gemäß § 204 VVG immer besser nach. Sie haften gem. § 6 VVG auch für nicht erbrachte, falsche oder lückenhafte Beratung. So hatte noch vor zwei Jahren ein Kunde die Auskunft bekommen, dass es keinen geeigneten Tarif für den Wechsel gäbe. Nachdem ihm jetzt doch ein Wechsel angeboten wurde, fragte er, seit wann es diesen Tarif gäbe. Und nachdem der Versicherer feststellte, dass der Tarif auch schon vor zwei Jahren existierte, stellte er ihn aufgrund der seinerzeitigen Falschberatung freiwillig rückwirkend um und zahlte mehrere tausend Euro Beitragsdifferenz zurück.
von Dr. Johannes Fiala / Dipl.-Math. Peter A. Schramm
mit freundlicher Genehmigung von
www.experten.de (veröffentlicht am 17.07.2015)
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Über den Autor

PhD, MBA, MM
Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilienwirtschaft, Finanzrecht sowie Steuer- und Versicherungsrecht. Die zahlreichen Stationen seines beruflichen Werdegangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganzheitlich beratend und im Streitfall juristisch tätig zu werden.
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