Wie fiktive Zahlungen zur Abgabenlast führen

Wie werden verjährte Darlehen und Schenkungen im Steuerrecht und bei Insolvenz behandelt? Im Gastbeitrag erläutern Dr. Fiala und Peter Schramm, wie fiktive Zahlungen zur Abgabenlast führen.

 

Der Bundesfinanzhof entschied durch Beschluss vom 09.02.2015 (Az. I B 32/14), dass das Verjähren lassen von Forderungen mit anschließender Ausbuchung bei einer Kapitalgesellschaft als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu versteuern ist. Nach Auffassung des Gerichts hätte ein ordentlicher Geschäftsleiter dafür Sorge getragen, dass keine Verjährung der Forderung gegenüber einer nahestehenden Person eingetreten wäre.

Nahestehend können nicht nur Verwandte sein, sondern beispielsweise auch langjährige Kunden, Freunde und Bekannte. Bei der vGA wird (fiktiv) unterstellt, dass die Forderung wie Gewinn ausgeschüttet wurde, um dann diesen tatsächlich nicht erfolgen Geldfluss zu besteuern. Dabei handelt es sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofes (BGH) eigentlich nur um einen Aktivtausch in der Bilanz, denn der Geschäftsführer haftet der Gesellschaft für das Fristversäumnis im Rahmen der sogenannten Managerhaftung auf entsprechende Regresszahlung.

 

Verdeckte Gewinnausschüttung oder verdeckte Einlage

Ähnlich der vGA funktioniert die verdeckte Einlage – nur eben wirtschaftlich umgekehrt. Dies ist etwa der Fall, wenn der Geschäftsleiter auf seine Pensionszusage verzichtet, weil das Unternehmen verkauft werden soll oder eine Sanierung ansteht. Dann wird beim Unternehmen die Pensionsrückstellung aufgelöst und dies mehr oder weniger durch eine verdeckte Einlage in Höhe der Wiederbeschaffungskosten (Teilwert) kompensiert.

Beim Gesellschafter führt dies zu einem (fiktiven) Zufluss wie Arbeitslohn in Höhe des Teilwertes, also abermals zur Steuerzahlung ohne Geldfluss, denn eine Abfindungszahlung liegt nicht vor, §§ 19, 34 EStG. In Höhe des Teilwertes entstehen für den Gesellschafter nachträgliche Anschaffungskosten, die zu 60% später – etwa bei Liquidation zur Schadensminderung – steuerlich abgesetzt werden können, § 3 EStG. Solche steuerlichen Folgen beruhen meist auf Unkenntnis des Beraters, etwa wenn eine Pensionszusage fachlich fehlerhaft von einer Gesellschaft auf eine andere übertragen wird.

 

Verjähren lassen von Forderungen

Nach seiner Promotion im Steuerstrafrecht ließ sich ein Staatsanwalt bestechen, indem er ein Darlehen entgegennahm. Für den Darlehensnehmer erscheint dies als steuerfrei – in Wirklichkeit war das Darlehen ein Scheingeschäft gewesen, mit voller Steuerpflicht beim Geldfluss, § 11 EStG. Üblich ist es, auch solche „privaten“ Darlehen gegebenenfalls einfach verjähren zu lassen, wie auch beispielsweise (gesetzlich oder vertraglich vorbehaltene) Rückforderungsansprüche betreffend vormalige Schenkungen.

Darlehen in Verbindung mit einem Kaufvertrag verjähren regelmäßig binnen dreier Jahre zum Jahresende – allerdings tritt ab Verzug der Rückzahlung eine bis zu 10-jährige Hemmung ein, § 497 Abs. 3 S. 3 BGB. Nur bei Darlehen als Unterhalt oder zur Ausbildung, auf die verzichtet wird, ohne weiter hinzutretendes Erbe, tritt eine sachliche Steuerbefreiung ein, § 13 ErbStG.

Werden echte Schenkungen dem Finanzamt gemeldet, kann der Steuerfall offengehalten werden, wenn eine Auflage oder ein Vorbehalt vereinbart ist oder eine Rückforderung möglich bleibt. Ist die vertragliche Regelung zunächst lückenhaft, kann Schenkungsteuer abermals anfallen – also bei der Rückübertragung bzw. Rückforderung.

Ein steuerlicher Berater aus Baden-Württemberg riet seinem Mandanten zu einer Pensionszusage mit Verpfändung einer Forderung aus Gesellschafterdarlehen als Sicherheit. Später erschien der Betriebsprüfer, als bereits ein Insolvenzverwalter das Regiment übernommen hatte, und glaubte rechtsirrig, dass ohne Zahlungsvorgang bei der seit Insolvenzeröffnung fälligen Pension und mangels Masse diesbezüglich keine Abgaben anfallen.

Auch unentgeltliche Verträge können zur Steuerpflicht führen

Unentgeltlich sind insbesondere der Auftrag, die Schenkung, sowie die Leihe. So kann man anstatt eines Wohnrechts in notarieller Form auch eine Leihe formfrei vereinbart werden (BGHZ 82, 354). Soweit eine Bereicherung den alle 10 Jahre neu entstehenden Freibetrag von mindestens 20.000 € übersteigt, tritt Schenkungsteuerpflicht ein. Bei Leibgeding, Hofübergabe und Altenteil ist dies als vorweggenommene Erbfolge gleichlaufend der Fall, wobei etwaige Gegenleistungen zum Teilwert steuermindernd abgezogen werden können.

Wird bei einem typischerweise entgeltlichen Vertrag die Gegenleistung abbedungen, also beispielsweise ein zinsloses Darlehen überlassen, so handelt es sich um eine „freigiebige Zuwendung“ (BFH, Urteil vom 27.11.2013, Az. II R 25/12) nach § 7 I 1 ErbStG, also eine Schenkung in Höhe des für Darlehen bei Ausreichung üblichen Marktzinses – der § 15 BewG legt 5,5% zugrunde.

Dem gegenüber wäre in angemessener Höhe bezahlter Unterhalt beispielsweise für einen nichtehelichen oder geschiedenen Partner häufig steuerfrei – oder beim Unterhaltsschuldner steuerlich absetzbar, und beim Empfänger damit auch zu versteuern.

 

Zu preiswerte Verträge mindern den Abzug von Werbungskosten

Wird zu weniger als 2/3 der Marktmiete an einen Angehörigen (einschließlich die eigene Gesellschaft) vermietet, so werden die Werbungskosten anteilig gekürzt. Bei Einrichtungsgegenständen wird der übliche Preis durch Verteilung der Anschaffungskosten etwa auf 10 Jahre ermittelt, zuzüglich 4% Eigenkapitalzins p.a. (FG Niedersachsen, Urteil vom 07.12.2010, Az. 3 K 251/08).

 

Doppelte Schenkung- oder Erbschaftsteuer?

Gelegentlich wurde Vermögen unentgeltlich Jahrzehnte vor dem Tode übertragen, und versteuert. Kann der Beschenkte keinen Steuerbescheid mit Zahlungsbeleg mehr vorweisen, könnte es zur (faktisch) doppelten Besteuerung kommen. Das Finanzamt hat für die Steuerfestsetzung vier Jahre Zeit, gerechnet ab dem Ende des Jahres in dem das Ereignis eintritt, bis Verjährung eintritt. Ereignis wäre die Kenntnis des Finanzamtes von einer Schenkung, der Tod des Schenkers, sowie die Eröffnung des Testamentes beim Nachlassgericht, § 170 V Abgabenordnung (AO). Bei einer Schenkung entsteht der Steueranspruch im Zeitpunkt der Zuwendung, § 9 I 2 ErbStG, so dass auch noch 0,5% p.M. als Zinsen hinzukommen können. Bei Hinterziehung beträgt die Anfechtungsfrist allerdings 10 Jahre.

Strafrechtlich beginnt die Verjährung sobald vier Monate lang keine Anzeige der Vermögensübertragung beim zuständigen Finanzamt erfolgt ist, § 30 I ErbStG (BGH, vom 25.07.2011, 1 StR 631/10). Die strafrechtliche Verjährung beträgt fünf Jahre, und nur dann 10 Jahre wenn ein Wert von über 100.000 € bzw. eine Steuerverkürzung von über 50.000 € vorliegt (BGH, vom 02.12.2008, 1 StR 416/08). Auch das Verschweigen einer Vorschenkung, für die noch Steuer festgesetzt werden könnte, führt zur Strafbarkeit (BGH, vom 10.02.2015, 1 StR 405/14).

 

Rückabwicklung durch Anfechtung?

Kommt es später durch einen Gläubiger oder den Insolvenzverwalter zur Anfechtung, so bleibt die ursprüngliche Schenkung bestehen und es ist rückabzuwickeln, beispielsweise durch Rückabtretung, oder etwa Herausgabe (BGH, Urteil vom 21.09.2006, Az. IX ZR 235/04). Dabei ist auch das nicht rechtzeitige Unterbrechen der Verjährung bei einer Forderung anfechtbar als Unterlassung, § 129 InsO, § 1 AnfG. Gleichgestellt ist der Verzicht auf eine Einrede oder das Unterlassen einer Irrtumsanfechtung. Die vierjährige Frist zur Schenkungsanfechtung wäre durch Rückdatierung aushebelbar, sofern nicht ein Sachverständiger das Alter einer Urkunde bestimmt.

Nicht anfechtbar wäre hingegen die Nichtannahme einer Schenkung, der Verzicht auf ein Vermächtnis oder die Erbausschlagung, sowie die Nichtgeltendmachung von Pflichtteils- und Zugewinnansprüchen, denn dabei handelt es sich um höchstpersönliche Rechte, die niemand anderes geltend machen kann.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.procontra-online.de (Veröffentlicht am 06.10.2016)

 

Link:

http://www.procontra-online.de/artikel/date/2016/10/wie-fiktive-zahlungen-zur-abgabenlast-fuehren/

http://www.procontra-online.de/artikel/date/2016/10/wie-fiktive-zahlungen-zur-abgabenlast-fuehren/?tx_news_pi1%5BcurrentPage%5D=1&cHash=a10d7c99f9235a981a4aa19bdff1e59b

und

www.pt-magazin.de (veröffentlicht am 07.12.2016 unter der Überschrift: Verjährung von Darlehen und Schenkungen im Steuerrecht und bei Insolvenz)

Link: http://www.pt-magazin.de/de/gesellschaft/recht/verj%C3%A4hrung-von-darlehen-und-schenkungen-im-steuerr_iwesvi47.html

und

www.ap-verlag.de (veröffentlicht am 23.10.2016 unter der Überschrift: Verjährung von Darlehen und Schenkungen im Steuerrecht und bei Insolvenz)

Link: https://ap-verlag.de/verjaehrung-von-darlehen-und-schenkungen-im-steuerrecht-und-bei-insolvenz/26675/

und

www.experten.de (veröffentlicht am 07.11.2016 unter der Überschrift: Verjährung von Darlehen und Schenkungen im Steuerrecht und bei Insolvenz))

Link: https://www.experten.de/2016/11/07/verjaehrung-von-darlehen-und-schenkung-im-steuerrecht-und-bei-insolvenz/

und

veröffentlicht in Bauernzeitung, 42. Ausgabe, 21.10.2016 unter der Überschrift: Verjährung von Darlehen und Schenkungen)

und

www.network-karriere.com (veröffentlicht in Ausgabe 11.2016, Seite 30 unter der Überschrift: Wie lediglich fiktive Zahlungen zur Steuerpflicht führen)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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