Zertifikate und Derivate: Verlustbeitrag der Kapitalanleger zur Subprime-Krise

Renommierte Kreditinstitute verkauften gutgläubigen Bankkunden „Garantie“-Zertifikate und ähnliche Konstrukte, beispielsweise der Lehman-Brothers- Bank, als sichere Geldanlage:

Bank- und Sparkassenberater haften damit heute oft für die Rückabwicklung.

Die bis zu 200 Seiten umfassenden Zertifikatsbedingungen oder Verkaufsbroschüren haben die Berater regelmäßig nicht gelesen. So konnten sie den Bankkunden auch keinerlei Risiken aufzeigen – doch eine Fülle von Fallen warten auf die zahlreichen Anleger. Kreditinstitute haben sich, wie bei anderen Subprime-Papieren auch, stets auf positive „Ratings“ verlassen, die sich später als fehlerhaft erwiesen.

So verwundert es nicht, dass Sparkassen und Banken bis wenige Tage vor dem Zusammenbruch noch Lehman-Papiere verkauften. Immer wieder kommt es vor, dass eine Bank den Anlegern kündigt, aber den NAV (Nettoinventarwert) der Kapitalanlagen nicht genau bestimmen kann oder will.

So warten Anleger dann monatelang auf ihr Geld, weil der Emittent den Wert nicht einmal schätzen kann, um die Preisdaten (Quoten) bekannt geben zu können. Realisiert ein Anleger ausnahmsweise einen Gewinn beim Ausstieg, so kann nach manchen Börsenregularien das Geschäft noch zwei Tage später von der Bank wieder storniert werden – ein System zum Schutz der Kreditinstitute vor Kundengewinnen?

 

Kein Anleger bekommt eine nachvollziehbare Berechnung seiner Quote zu Gesicht

Der Preis der Papiere ist regelmäßig kompliziert zu ermitteln, weil zahlreiche Daten einfließen – wie etwa der Aktienkurs, die erwartete Dividende oder Kursschwankungen und die Zinshöhe. Jährlich kommt es offenbar über tausendmal vor, dass keine Quote „gestellt“ werden kann.

Kein Anleger bekommt eine nachvollziehbare Berechnung seiner Quote zu Gesicht. er die Bedingungen der Zertifikate oder Derivate gelesen hat, stellt denn auch immer wieder fest, dass nicht alle Risiken verständlich aufgezeigt wurden.

Vor allem können die Emittenten in den allermeisten Fällen gar nicht sicherstellen, dass die Papiere jederzeit gehandelt werden können – „technische Probleme“ nennen die Banken das. überwiegend werden dem Anleger Garantie- und Teilschutzprodukte verkauft.

Dabei übersehen viele Anleger und ihre Berater, dass Garantien auch ihren Preis haben – durch den Zinseszins-Effekt erscheint es dann oft günstiger sichere Rentenpapiere mit einem risikolosen Zins zu kaufen. Kursprognosen zu treffen ist schwierig, und mancher Anleger erleidet Verluste, um anschließend nachzukaufen – in der Hoffnung auf Besserung, „Overconfidence“ nennt dies der Marktpsychologe.

Mit einem fairen Preis bei Rückgabe der Papiere darf der Anleger keinesfalls sicher rechnen – wenn es gut geht, dann immer für die Bank oder den Emittent.

 

Für so gut wie keinen Kunden oder Berater sind die Kosten solcher Zertifikate transparent

Long- und Short-Zertifikate sind pure Spekulation, mit eingebautem Hebel – entwickelt sich der Börsenkurs in die „falsche“ Richtung, gleicht das Ergebnis dem Roulette- Spiel bzw. einem Totalverlust.

Eine andere Variante sind Bonuszertifikate, bei denen der Kurs einer Aktie oder eines Index innerhalb einer bestimmten Bandbreite bleiben muss – wenn dies nicht der Fall ist, verliert der Anleger den Anspruch auf die zuvor fest versprochene Rendite und es drohen empfindliche Verluste.

Anlegern kann es passieren, ihren kompletten Einsatz zu verlieren, wenn sie eine Lebensversicherung kaufen, die das Geld der Kunden in Zertifikaten anlegt. Diese Variante gleicht einem Anleger, der sein Geld für die Altersvorsorge wöchentlich für Lotto- Lose ausgibt – denn dieses Gewinnspiel könnte ja auch gut gehen.

Für so gut wie keinen Anleger oder Berater sind die Kosten transparent, etwa Management- und Handelsprovisionen, versteckte Kosten.

Dazu gehört auch der „Spread“, also die Differenz zwischen An- und Verkaufskurs. Hinzu kommen Verwaltungskosten, Depotgebühren, Ausgabeaufschläge oder Verkaufsprovisionen und die Hoffnung auf Kursgewinne – in der Regel bei gleichzeitigem Verzicht auf die Dividenden.

Hinzu kommt: Einige Kreditinstitute und Vermögensverwalter haben ihren Anlegern solche Papiere auch ohne passenden Kundenauftrag ins Depot gelegt.

Gerne verkauft werden solche Papiere auch als „Absolute- Return“-Produkte, die dem Anleger als echte Alternative zu Geldmarktanlagen angeboten wurden – nur mit mehr Zins.

Der Haken waren später erhebliche und schwerverständliche Wert einbüßen – konservativen Anlegern wurden diese Kapitalverlust-Risiken von 25Prozent und mehr oftmals verschwiegen.

Und schließlich spricht der Fachmann vom Emittenten-Risiko, denn Zertifikate und Derivate droht Totalausfall – wie beispielsweise bei Lehman-Brothers-Papieren geschehen.

Aber auch bei zahlreichen anderen renommierten Herausgebern von Zertifikaten führt eine genaue Analyse zu dem Ergebnis hoher Risiken durch defizitäre Bonität. Der Werbespruch über „Garantien und hundertprozentigen Kapitalschutz“ aus den Prospekten greift zu kurz, denn die vielen halbgebildeten Bankberater wissen selbst oft nicht, womit sie umgehen.

In der Praxis leisten diese Zertifikatsanleger einen Beitrag zur Subprime-Krise: Sie vertrauten auf „Fallen-Verkäufer“ mit Marketingsprüchen und ernten dafür Totalverluste.

 

von Dr. Johannes Fiala

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.kaden-verlag.de (veröffentlicht in Chirurgische Allgemeine, Ausgabe 9/2008, Seite 388-389)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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