Betriebliche Altersversorgung: Drohende Insolvenzwelle bei Unterstützungskassen?

Neue Milliardenhaftung für Arbeitgeber und Vermittler –

 

Risiko Unterstützungskasse: Urteile belegen Totalverlustrisiko

Wiederholt entschieden Gerichte, dass das Vermögen von Unterstützungskassen (UK) grundsätzlich samt aller eventuell von ihr abgeschlossenen Rückdeckungsversicherungen in deren Insolvenzmasse fällt: Eine Klage von Mitarbeitern und Geschäftsführern hatte wiederholt keinen Erfolg (Urteile des OLG Düsseldorf vom 11.12.2007, Az. I-4 U 205/06 und des LG Düsseldorf vom 02.07.2008, Az. 7 O 212/06). Die Fälle zeigen: typischerweise führt eine „überraschende“ Steuerpflicht zur Überschuldung, wenn nicht gar der Geschäftsführer das Vermögen durch Überweisung auf die Cayman-Inseln abzweigte. Oft also ein Totalverlust für den Arbeitgeber, an dem sich die Arbeitnehmer schadlos halten.

 

Unterstützungskasse: Rechtsirrtum führt zu Insolvenz

Renommierte Versicherer und ihre Unterstützungskassen (UK) belehren gerne ihre Vertriebe und Vermittler, dass jede durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) zum Vertrieb zugelassene Lebensversicherung als Rückdeckung für die Altersvorsorge geeignet sei. Das ist schon deshalb Unsinn, weil die BaFin seit der Deregulierung 1994 gar nicht darüber befindet, ob bestimmte Lebensversicherungen zum Vertrieb zugelassen werden. Ob die Produkte geeignet wären, müssen die Versicherer seitdem schon selbst verantworten. Da mag es dann nicht wundern, dass Produkte mit verkaufsfördernden hohen Provisionen zu Lasten der Arbeitnehmer gerne auch noch als geeignet gesehen werden wollen. In schöner Regelmäßigkeit verzichten nicht nur Versicherer, sondern auch Unterstützungskassen zur Kostenersparnis auf qualifizierte steuerliche und unabhängige aktuarielle Begleitung. Dies kann dann ganz unvermittelt zur Insolvenz der UK führen. Damit erhalten die Mitarbeiter zumeist keinen Cent mehr aus dieser Versorgungskasse – der Arbeitgeber darf dann doppelt zahlen.

 

Fehlende Eignung der Versicherungslösung führt zur Steuerpflicht

Auch die Produkte ausländischer Lebensversicherer stellen sich immer wieder als ungeeignet für die Dotierung einer UK dar, wenn es sich im steuerrechtlichen Sinn nicht um eine steuerbegünstigte Versicherung handelt. Beispiel dafür wäre eine Rentenversicherung ohne garantierte Rente oder eine Lebensversicherung ohne den erforderlichen Mindesttodesfallschutz. Solche Produkte werden von Lebensversicherern und den Unterstützungskassen fälschlich für steuerbegünstigt gehalten: Doch genau dies kann sich aber als falsch erweisen. Die Produkte wurden ja auch von keiner Aufsichtsbehörde geprüft, sondern in eigener Verantwortung des Versicherers vertrieben. Dies gilt selbstverständlich vor allem bei einer von einem Lebensversicherungsunternehmen gegründeten UK, wo dieses Unternehmen – auch das deutsche – selbst bereits diesen Fehler begangen hat. Dann muss die UK eine Kapitalertragsteuer abführen und ist nichtsdestoweniger zur Erfüllung der vollen Zusage verpflichtet. Dies führt dann direkt in die Situation einer Überschuldung. Nicht ohne Grund verweigern Lebensversicherer regelmäßig, für ihre eigene UK in die Pflicht genommen zu werden und geben keine Patronatserklärung ab.

 

Verwaltung auf dem Niveau einer Frittenbude

Es ist auch bei Versicherern nicht unüblich, dass „Juristen“ ohne Examen die Formularmuster für die Kunden entwerfen, deren fachlichen Inhalt sie womöglich nicht einmal erfassen können. ähnlich defizitär kann die Verwaltung sein – Verwaltung nach Kochbuch ohne jedes inhaltliche Verständnis ist an der Tagesordnung. Fällt das Unternehmen des Arbeitgebers in Insolvenz, wird der Verwalter oft dieses zurückgelegte Vermögen pfänden und mit Schadensersatzansprüchen aus Managerhaftung oder wegen Insolvenzverschleppung aufrechnen. Einige Typen von Lebensversicherungen sind – ganz entgegen steuerlicher Wunschvorstellungen ihrer Vermittler – ganz und gar nicht steuerfrei. Vermutungen über die Auslegung von Gesetzen und spekulative Meinungen darüber, was unbestimmte Rechtsbegriffe wohl bedeuten könnten, werden nach außen als unumstößlich feststehende Tatsachen verkauft. Während man sich tatsächlich auf schwankendem Boden bewegt stellt man sich als Fels in der Brandung dar. Auch dies erschüttert das Vertrauen in die Sachkenntnis und ordentliche Verwaltung sowie die Ausbildung der betroffenen Verwaltung und ihrer Vermittler. Dass sich die Anbieter ihrer Defizite vollauf bewusst sind, sagen sie den Vertrieben und Vermittlern:
Wir weißen ausführlich darauf hin, dass diese Ausführungen unsere Rechtsauffassung wiedergeben und nicht auf gefestigter Rechtsprechung oder Literaturauffassung beruht.“

 

Unterstützungskasse mit Totalverlustrisiko: Drohender Steuerschaden

Jene Versicherungsgesellschaften, die angesichts dieser Risiken für Arbeitgeber und Mitarbeiter um eine „Patronatserklärung“ gebeten werden – oder eine „Garantie“ – lehnen dies üblicherweise ab. Sie wissen um die hohen Risiken durch Steuerfallen oder Insolvenz. So etwas kann dann für Arbeitgeber und Mitarbeiter ein Signal sein, dass sie am Ende mit leeren Händen dastehen – also nur eines sicher ist: Die Altersarmut.

 

Ratschlag für den Mittelstand:

Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten vom schlimmsten Fall ausgehen. Die Verträge hat ein Betriebswirt entworfen – heißt, aus anderen gar nicht anwendbaren veralteten Texten kopiert und zusammengestückelt, ohne den Inhalt wirklich zu verstehen: Ergebnis ist ein für den wirklichen Fachmann leicht zu erkennender Vertrags-Wolpertinger. Eine verbindliche Kommunalwirtschaft / Sonderausgabe 2009 93 Auskunft des Finanzamtes hat es nie gegeben. Die angeblich von der Aufsicht vorgeschriebenen, freigegebenen oder gar genehmigten Tarife hat man dort in Wirklichkeit nie geprüft und sich dazu auch nie geäußert. Die gerne beruhigend angeführte versicherungsmathematische äquivalenz bedeutet, dass der Versicherer in die Prämien Kosten nach Belieben einkalkulieren darf, solange sie nur nicht zu niedrig sind, um durch die entsprechend hohen Provisionen den Vertrieb anzukurbeln. Und statt Transparenz zu bieten, verlangt man vom Arbeitgeber Vertrauen, weil der ja ohnehin unfähig sei, die zudem noch dem Geschäftsgeheimnis des Versicherers unterliegenden versicherungsmathematischen Kalkulationen zu verstehen. Kurz: jedwedes Vertrauen ist völlig unangebracht.

 

von Dr. Johannes Fiala und Peter A. Schramm

mit freundlicher Genehmigung von

www.kommunalverlag.de (veröffentlicht in Kommunalwirtschaft 07/2009, 92-93)

und

Schornsteinfeger Handwerk 07/2009, 40-41

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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