Bundesfinanzhof: So geht Verschaffung von Versicherungsschutz

Der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 07.12.2016, Az. II R 1/15) entschied, dass bei der Verschaffung von Versicherungsschutz durch den Versicherungsnehmer (VN) zugunsten beliebiger versicherter Personen (VP) der volle nicht aufgeschlüsselte Verkaufspreis als Bemessungsgrundlage für die Versicherungssteuer (VSt) zählt: Voraussetzung dafür ist, dass der Versicherer (VR) an der Preisgestaltung gegenüber den VP beteiligt ist.

 

Versicherungssteuer bei Versicherung für fremde Rechnung?

Beispielsweise bei der Reiseversicherung über Kreditkartenanbieter, aber auch beim Versicherungsvertrag mit Reiseveranstaltern – VP sind dann die Reisenden – handelt es sich um eine Versicherung für fremde Rechnung. Kauft ein Reiseveranstalter als Versicherungsnehmer (VN) den Versicherungsschutz zugunsten der Reisenden (VP) ein, so „entspricht das Versicherungsentgelt der Höhe des Verkaufspreises für die Reiseversicherung“.

Auch wenn der Verkaufsaufschlag dem VN als Vertriebsvergütung verbleibt, fällt auf diesen sowie die Nettoprämie eine Versicherungssteuer an: „Da die VP den nicht aufgeschlüsselten Verkaufspreis (dem VN) schuldet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die vom VR und VN in den Verkaufspreis einbezogene Vergütung auf einer Provisionsabrede zwischen VN und VP beruht“.

 

Versicherungssteuer bei InsurTechs – eine Frage der Vertragsgestaltung

Insurance und Technology (InsurTech) bieten alternative Wertschöpfungsketten im Versicherungsvertrieb. Versicherungssteuer wird immer dann auf das Gesamtentgelt fällig, wenn der VR das Gesamtentgelt und die vom VN abzuführende Nettoprämie konkret festgelegt hatte.

Offenbar würde der BFH das anders sehen, wenn der VN das Gesamtentgelt der VP unabhängig vom VR festlegen könnte, oder andere Teile der Vereinbarung (wie vom BFH weiter genannt, z.B. Schicksalsteilung bei Rücktritt) anders gestaltet worden wären.

 

Verschaffung von Versicherungsschutz – ein Maklergeschäft?

Der BFH lässt offen, ob eine andere Gestaltung dann “versicherungsrechtlich” zulässig oder wie ein Maklergeschäft zu beurteilen wäre. Die Verschaffung von VR-Schutz ist auf beide Weisen (mit oder ohne Einfluss des VR auf den Endpreis für die VP) zulässig. Es ist keine Maklertätigkeit und auch sonst keine Versicherungsvermittlung oder -beratung, da kein Vertrag zwischen VP und VR vermittelt wird oder entsteht.

 

Verschaffung von Versicherungsschutz – ohne Regulierung ?

Wer als VN den Versicherungsschutz nur anderen (den VP) verschafft, wird damit aufsichtsrechtlich nicht zum VR, und benötigt nicht das dafür übliche Eigenkapital in Millionenhöhe. Es sind damit auch keine Zulassungen der IHK oder BaFin erforderlich – eine schlichte Gewerbeanmeldung genügt. In der Kalkulation seines (Wieder-)Verkaufspreises ist er völlig frei – auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) für Versicherungen gilt hier nicht.

Es bestehen dann auch keine Beratungspflichten nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG), keine Notwendigkeit zur Aushändigung von VR-Unterlagen nebst Verbraucherinformation. Es gibt auch keine “Provisionsobergrenzen” und keine sonstige Vermittlerregulierung etwa nach IDD zu beachten.

 

Geschäftsmodell für (Noch-)Nichtversicherer?

Dieses Geschäftsmodell eignet sich nicht nur für „Kaufhäuser und Ketten“, sondern auch für jeden Versicherungsvermittler, der eine Alternative sucht. Er ist dann weder auf die Provision des VR angewiesen, noch muss er ein Honorar gegenüber der VP ausweisen, sondern nennt nur den “Gesamtpreis”, der nicht die VR-Prämie genannt wird, sondern der Preis für die Verschaffung von VR-Schutz ist oder beliebig anders genannt werden kann. Davon sind dann sogar beliebige Rabatte und “Preisweitergaben” zulässig, als Alternative zur verbotenen Provisionsweitergabe. Eine Vermittlerzulassung braucht es dafür nicht.

 

Alternative über Unterstützungskasse?

Ähnlich verhält es sich bei der Unterstützungskasse (UK) für Sach-, Personen- und andere Schäden, wie seit vielen Jahrzehnten als Kranken-Unterstützungskassen tätig. Die UK kann ein Verein sein, aber auch eine Kapitalgesellschaft im In- oder Ausland, oder eine Stiftung. Sie benötigt ebenfalls keine BaFin-Zulassung, denn bei passendem Satzungsinhalt gibt es keinen Rechtsanspruch auf eine bestimmte UK-Leistung, auch wenn faktisch stets die in Aussicht gestellten Leistungen erbracht werden. Steuerrechtlich zählt sie dennoch als Versicherer und muss daher außerhalb von biometrischen Lebens- und Krankheitsrisiken auch Versicherungssteuer abführen.

 

Bei Übernahme von größeren Risiken wird die UK eine Rückdeckungsversicherung (RDV) als VN bei einem VR einkaufen. Die Leistungsansprüche aus den RDV könnten an die VP abgetreten werden – eine Verpfändung wäre nicht ausreichend, da die UK selbst keinen Rechtsanspruch auf eigene Leistungen bietet.

 

Rückdeckung über internationale Korrespondenzversicherung

Alle genannten Versicherungen bzw. RDV können vom VN im Wege der Korrespondenzversicherung grundsätzlich international abgeschlossen werden, z. B. auch über einen einfach zu gründenden eigenen Erstversicherer in Delaware, nach dortigem Recht. Dieser kann auch z.B. günstige Risikolebensversicherungen für Frauen kalkulieren, ganz ohne die nur in der EU aufgezwungenen Unisextarife. Damit gelingt dann der Zugang zum internationalen Rückversicherungsmarkt.

 

Insbesondere ist dies auch als Vertriebsmodell für InsurTechs geeignet, denn der Fernabsatz über Internet kann damit unabhängig von Versicherer- und Vermittlerregulierungen nach eigenem praktikablem Ermessen zulassungsfrei gestaltet werden. Statt Dokumente der VR verwenden zu müssen, können die Vertragsregelungen gegenüber der jeweiligen VP mit selbst gestalteten vereinfachten Dokumenten – ggf. auch nur das Wichtigste elektronisch dargestellt werden. Die Leistungsregulierung kann selbst durchgeführt werden – oder über einen VR.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

 

www.experten.de (veröffentlicht am 12.04.2019)

Link: https://www.experten.de/2019/04/12/bundesfinanzhof-so-geht-verschaffung-von-versicherungsschutz/?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=20190412+experten+Report+-+weekly

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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