Fehler bei Stiftungsstatuten-Wie Stifter in Liechtenstein enteignet werden

So mancher findiger Anleger hatte in der Vergangenheit sein Geld mittels Liechtensteiner Stiftung vor dem Fiskus versteckt. Für manchen gibt es nun ein böses Erwachen, nicht wegen Datenlecks, sondern weil er vor den anderen Stiftungsräten aus der Stiftung verbannt wird.

 

Datenlecks und vermehrte Aufdeckung von Steuerhinterziehung mit Hilfe Liechtensteiner Stiftungen haben dazu geführt, dass tausende von Stiftungen und Milliarden an Stiftungsvermögen
aus Liechtenstein abgezogen wurden. Das lukrative Geschäft als Treuhänder und Stiftungsrat, das mancher früheren Liechtensteiner Bergbauernfamilie zu Wohlstand verholfen hat, droht
damit in erheblichem Umfang zusammenzuschrumpfen. Der Liechtensteiner Gesetzgeber hat reagiert und seit 2009 die Anforderungen an Stiftungstreuhänder erheblich verschärft.
Viele Alt-Treuhänder haben jetzt nur noch eine eingeschränkte Zulassung.  Doch nicht wenige Treuhänder sichern sich ihr Einkommen, indem sie missliebige Stiftungsräte und Stiftungspräsidenten – auch den Stifter selbst – vor die Tür setzen.

 

Abberufung von Stiftungsräten

Die Abberufung von Stiftungsräten, die den verbleibenden Treuhändern und Stiftungsräten im Weg stehen, sieht dann etwa wie in folgendem Protokollauszug einer Stiftungsratssitzung einer gemeinnützigen Stiftung vom September 2012 in Vaduz aus, mit dem zwei Mitstiftungsräte K (ein Treuhänder) und G den Stiftungsratspräsidenten X (der auch wirtschaftlicher Stifter ist), abberiefen:

 

„Antrag des Stiftungsrats K: Abberufung von X als Stiftungsrat

Beschluss gestützt auf Artikel 5 Abs. 4 der Statuten (Der Stiftungsrat fasst seine Beschlüsse und vollzieht seine Wahlen mit dem Mehr aller anwesenden Mitglieder).

mehrheitlich, zwei Stimmen ja, eine Stimme nein.

X ist somit per sofort seines Amtes als Stiftungsrat enthoben.

Somit ist seine Stellung als Vorsitzender für die weitere Stiftungssratsitzung hinfällig.

Die Sitzung wird ab jetzt durch den Stiftungsrat K geleitet.

K wird beauftragt und bevollmächtigt, die Durchführung dieses Beschlusses (Löschung von X als Stiftungsrat) beim Grundbuch- und Öffentlichkeitsregister zu beantragen.“

 

Amt für Justiz gibt kein rechtliches Gehör

Das Ende 2012 gegründete Amt für Justiz in Liechtenstein als Stiftungsaufsicht führt solche Beschlüsse durch und löscht den abberufenen Stiftungsrat X aus dem Öffentlichkeitsregister,
ohne ihm dies überhaupt vorher mitzuteilen und ohne ihm die Chance auf rechtliches Gehör zu bieten. Es geht vielmehr rein nach Aktenlage, also nach Vorlage des Sitzungsprotokolls vor,
um dies dann nur noch umzusetzen. Nach Durchführung der Löschung ist der ehemalige Stiftungsratspräsident X nur noch Dritter, darf sich zwar beschweren, wird aber ohne materielle Prüfung
durch das Amt für Justiz schlicht an die ordentlichen Gerichte verwiesen.

 

Stifter wurden durch irreführende Stiftungsstatuten getäuscht

Die Stiftungsstatuten waren vom späteren Treuhänder und Stiftungsrat K erstellt worden. In Deutschland wäre so etwas wegen sogenannter Interessenkollission ein Fall für den Staatsanwalt
– in Liechtenstein mag dies hingegen als üblich gelten. Eine Abberufung von Stiftungsräten war in den Statuten in keiner Weise angesprochen – daher ging der Stifter davon aus, dass dies
nur durch ein Gericht in begründeten schwerwiegenden Fällen erfolgen kann,  so wenn der Stiftungsrat „in die Kasse gegriffen“ hat.  Dass dies einfach mit einem Mehrheitsbeschluss erfolgen kann, hat der Stifter sich nicht träumen lassen.

Geregelt waren in den Statuten hingegen andere Beschlüsse, sogar die Wahl von Stiftungsräten, und gegen diese Beschlüsse sahen die Beistatuten auch ein Vetorecht des Kurators der Stiftung
vor – dies ist die Ehefrau des Stifters. Bei der versteckten – weil nicht ausdrücklich benannten – Möglichkeit, den Stiftungsrat durch einfachen Mehrheitsbeschluss abzuberufen, hatte der Ersteller der Statuten Treuhänder K, der spätere Mitstiftungsrat, dies schlicht „vergessen“ – und es wurde damit auch nicht vermisst. Dabei ist es praktisch spätestens seit der Einführung
des neuen Stiftungsrechts in Liechtenstein zum 01. April 2009 vorgeschrieben, dass Stiftungsstatuten ausdrückliche Regelungen auch zur Abberufung von Stiftungsräten enthalten müssen. Ein gesetzlicher Zwang zur Anpassung der Statuten bestand indes nicht, da für Altstiftungen das alte Recht weiter gilt. Eine vom Stifter angeregte Anpassung an das neue Stiftungsrecht wurde
nicht vorgenommen. Dann hätte der Stifter selbstverständlich auf einem Vetorecht des Kurators auch dagegen bestanden, und die Übernahme der Stiftung per Rauswurf des Präsidenten hätte so
von Beginn absehbar nicht funktioniert.

 

Absicherung gegen feindliche Übernahme

Ein Blick in Stiftungsstatuten Liechtensteiner gemeinnütziger Stiftungen zeigt den Weg, wie solche feindlichen Übernahmen verhindert werden können.

So kann die Abberufung und Bestellung von Stiftungsräten per Stiftungsstatut ausschließlich und ausdrücklich nur dem Stifter überlassen bleiben. Auch die Einrichtung eines Kurators oder Protektors mit umfassendem Vetorecht gegen auch Abberufungsbeschlüsse ist hilfreich. Schließlich kann die Abberufung auch auf Fälle eines vorliegenden Gerichtsbeschlusses eingeschränkt
werden, was den Vorteil bietet, dass hier rechtliches Gehör umfassend zu gewähren ist.

Dass solche Regelungen hier vom Treuhänder K nur versehentlich vergessen wurden, erscheint nicht unbedingt  glaubhaft. Der Stifter jedenfalls vermutet, dass so von Beginn an offengehalten werden sollte, die Stiftung durch eine unerwartete Abberufung des Stifters als Stiftungsratspräsidenten zu übernehmen. Dies aufgrund einer nur als Mehrheitsregelung für allgemeine Beschlüsse getarnten Abberufungsmöglichkeit, um das eigene Einkommen als Stiftungsrat dadurch zu sichern.

Gegenüber dem – wirtschaftlichen – Stifter und der Stiftungsaufsicht behaupten die Stiftungsräte, er sei gar nicht Stifter. Indes war es vor 2009 nicht einmal gesetzlich verlangt, dass zwischengeschaltete Treuhänder und Bevollmächtigte dem Stiftungsrat den wirtschaftlichen Stifter auf Anfrage benennen mussten – sie kannten ihn also oft gar nicht. Erst mit dem für Altstiftungen nicht geltenden neuen Stiftungsrecht wurde ab 2009 die Rolle des eigentlichen wirtschaftlichen Stifters verbindlich gestärkt.

Unabhängig von der rechtlichen Würdigung fühlt sich der Stifter durch Treuhänder und Stiftungsräte betrogen und wundert sich, wie problemlos dies mit Hilfe der Stiftungsaufsicht umsetzbar ist. Die regelmäßige Antwort auf Zweifel lautet „Dies ist hier in Liechtenstein so üblich.“

 

Protector zum Vermögensschutz

Neben der Vermeidung von Lücken in der Satzung und den Beistatuten, empfiehlt sich ein Protector, ohne den dann keine Vermögensverfügung bei Banken und Versicherungen möglich wäre. Schließlich ist es in der Schweiz und Liechtenstein eine Tradition, dass für Prozesskosten gegnerischer – wenn auch krimineller – Stiftungsräte eine Sicherheit zu leisten ist, bevor eine Klage bearbeitet würde. Auch Nachfolgeregelungen für die Organe der Stiftung sind genau zu überprüfen, zumal zentrale Gestaltungsrechte des wirtschaftlichen Stifters mit seinem Tode untergehen, jedoch den Erben besonders bei Familienstiftungen die Haftung für Einkommen- und Schenkungsteuer aus der Vergangenheit häufig bleibt, § 1922 BGB.

 

Haftungsrisiko für Stiftungs-Treuhänder

Betroffen sind auch nicht-gemeinnützige und Familienstiftungen. Stifter bei nicht-gemeinnützigen Stiftungen hätten sich auch nicht träumen lassen, dass der aus ihrer Abberufung als Stiftungsrat folgende Entzug des Zugriffs auf das Stiftungsvermögen, ihnen gleichzeitig eine Haftung für Schenkungsteuer einbringen kann, § 20 VI 2 ErbStG. So wie Treuhänder in Liechtenstein nicht ahnen, dass das deutsche Finanzamt an ihrem Wohnsitz etwa in Österreich, binnen Tagen wegen der öffentlich-rechtlichen Gefährdungshaftung nach dem EStG bei kleinsten Fehlern in den steuerlich relevanten Umständen vollstrecken kann.

 

Auch für Stiftungsräte und Treuhänder wird es enger, wenn angesichts verschärften Vorgehens der Steuerfahndung gegen Steuerhinterzieher zusehends Stiftungsgelder aus Liechtenstein abgezogen werden. Die Aussicht, wieder Kühe auf der Alm hüten zu müssen, wird sicher noch manchen Treuhänder auf Ideen bringen, mit teuren Nachwirkungen bei kleinsten Fehlern.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

private-Banking-Magazin, veröffentlicht am 07.01.2015

https://www.private-banking-magazin.de/fehler-bei-stiftungsstatuten-wie-stifter-in-liechtenstein-enteignet-werden-1420651842/

und

www.experten.de (veröffentlicht am 11.09.2015)

Link: https://www.experten.de/2015/09/11/fehler-bei-stiftungsstatuten-in-liechtenstein-ermoeglichen-feindliche-uebernahme/

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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