Insolvenzantrag: keine Pflicht

Der Gesetzgeber hat ausnahmslos für alle Unternehmen in Deutschland die Pflicht zum Insolvenzantrag eingeschränkt.

Eine Alternative zum „Weiterwirtschaften bis zur Zahlungsunfähigkeit“ kann die Sanierung per „Strukturierter Insolvenz“ sein.

Deutsche Unternehmen dürften überschuldet weiter arbeiten, ganz ohne Konkurs. Die maßgebliche gesetzliche Vorschrift ist § 19 II der Insolvenzordnung, welche nunmehr lautet: „Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.“ „Die Änderung der Insolvenzordnung bedeutet zunächst einmal, dass jeder Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft, dessen Unternehmen in den Zustand der Überschuldung geraten ist, nicht mehr fürchten muss, wegen versäumter Frist zur Insolvenzanmeldung bestraft zu werden oder mit seinem Privatvermögen zu haften“, analysiert der Münchner Fachanwalt Dr. Johannes Fiala. Wichtigste Voraussetzung dafür sei allerdings, dass ein unabhängiger Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer eine positive Prognose für die Unternehmensfortführung tunlichst schriftlich attestiert hat. Daneben sei es ratsam, die Sanierung einzuleiten und eine juristische Begleitung sicherzustellen.

Für Unternehmer bzw. Geschäftsleiter bietet sich somit eine Option, auch noch nach Eintritt der Überschuldung das eigene Geschäftsmodell zu überprüfen, unrentable Tätigkeiten einzustellen, und durch weitere Sanierungsmaßnahmen die Überschuldung zu beseitigen. Der Staat bekommt auch von überschuldeten Unternehmen weiter Steuerzahlungen. Im Nachteil sind – wenn es doch noch zur Pleite kommt – jene Gläubiger, deren Forderungen nicht durch Kreditsicherheiten unterlegt worden sind. Konsequenz: Kein Geschäftspartner kann sich mehr darauf verlassen, dass er es mit einem solventen, bonitätsstarken Unternehmen zu tun hat. Das Misstrauen in der Wirtschaft nimmt zu, Lieferantenkredite werden tendenziell eingeschränkt und auch Banken sind mit neuen Kreditmitteln zurückhaltender.

Massnahmen gegen die Verschuldung

Eine mögliche Alternative bietet die Unternehmenssanierung. Das deutsche Insolvenzrecht – die Insolvenzordnung (InsO) – ist im Kern eigentlich eine Sanierungsordnung. Das insolvente Unternehmen kann als solches erhalten und saniert werden. Dies erfolgt dann über den „Insolvenzplan“ – einen komplexen Sanierungsplan, der sich an bestimmten Anforderungen der Insolvenzordnung orientiert. Eine weitere Möglichkeit ist die „übertragende Sanierung“. Dabei werden die wirtschaftlich profitablen Teile des insolventen Unternehmens in eine „Auffanggesellschaft“ überführt, die dann ohne die Altlasten des insolventen Unternehmens fortgeführt werden kann. Um eine Sanierung durchzusetzen, verfügt ein Insolvenzverwalter über zahlreiche Sonderrechte und bewährte Instrumente.

Laut Burkhard Jung, Vorstandsvorsitzender der „CMS Societät für Unternehmensberatung AG“, könne er sich von bestehenden Verträgen ohne größere Probleme lösen und damit viele bestehende Altlasten beseitigen. Neben Miet-, Pacht- und Lieferverträgen zählen dazu auch Arbeitsverträge. Eine Unternehmenssanierung durch eine „Strukturierte Insolvenz“ setzt frühzeitig an, idealerweise einige Wochen vor Insolvenzanmeldung. Mit einer „Sanierungs-Due-Diligence“ wird sorgfältig geprüft, ob das Unternehmen im Kern überhaupt fortführungsfähig und -würdig ist. Ist das der Fall, beginnt die Erarbeitung des Sanierungskonzepts. Es schafft die Grundlage dafür, dass der Unternehmer Einfluss auf den weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens behält und sämtliche Sanierungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden. Im Sanierungskonzept wird dazu zunächst das Idealunternehmen definiert, das heißt: das Unternehmen, das am Ende des Sanierungsprozesses stehen soll. Das Idealunternehmen wird in einem umfassenden Businessplan abgebildet.

Zur „Strukturierten Insolvenz“ gehört weiterhin eine Planung, wie der Weg vom aktuellen Zustand zur Idealgesellschaft geschafft werden soll. Dies umfasst zunächst den Zeitraum der vorläufigen Verwaltung, also der ersten vier bis zwölf Wochen nach Insolvenzanmeldung. Dafür ist es besonders wichtig, ein aussagekräftiges Controlling vorzubereiten. Dabei muss eine ganze Reihe von insolvenzbedingten Besonderheiten berücksichtigt werden, wie die Übernahme der Personalkosten über die Zahlung von Insolvenzgeld sowie der Wegfall von Zahlungen aus einzelnen Dauerschuldverhältnissen, Abschreibungen, Kreditzinsen usw.

Wenn das Sanierungskonzept solide ist, wird sich in aller Regel der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter darauf verpflichten lassen. Nach Jung kann auf diesem Wege die Sanierung nach vier bis sechs Monaten abgeschlossen sein. Erforderlich ist allerdings, dass Unternehmer und Unternehmen zunächst eine außergerichtliche Sanierung versucht, zumindest aber geprüft haben: „Erst dann macht die ‚Strukturierte Insolvenz’ auch Sinn.“ Dass ein mittelständisches Unternehmen einen solch komplexen Sanierungsprozess nicht ohne Beratung gestalten kann, liegt auf der Hand. Bei der Wahl des Sanierungsberaters ist es wichtig, dass die ausgewählten Berater das komplizierte Regelwerk des deutschen Insolvenzrechts beherrschen und idealerweise auf eine Reihe erfolgreicher Sanierungen verweisen können.

von Dr. Johannes Fiala

mit freundlicher Genehmigung von

www.baeko-magazin.de (veröffentlicht im BäKO-Magazin 05/2009, Seite 39)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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