Müssen Versicherer den Makler über eine Kundenkündigung informieren ?

Wann Versicherer auch zur Storno-Gefahr-Mitteilung verpflichtet sind –

 

Manche Versicherungsmakler fragen sich, ob sie weiterhin eine Courtage vom Versicherer (VR) verlangen könnten, wenn der VR sie nicht über eine anstehende Kündigung des Versicherungsnehmers (VN), also ihres Kunden unverzüglich informiert hat. Grundsätzlich steht der Makler im Lager des VN als dessen Auftragnehmer – ein Versicherungsvertreter befindet sich auf Seiten des VR als dessen „Auge und Ohr“. Regelmäßig besteht keine Pflicht des VR den Makler zu informieren.

 

Korrespondenzpflicht

 

Auch aus der Pflicht des VR, nach Vorlage einer passenden Maklervollmacht, die Korrespondenz über den Makler zu führen läßt sich zunächst nichts ableiten. Es kommt durchaus vor, daß der Makler über die Kundenkündigung als Korrespondenzmakler erst durch eine Prämien-Schlußabrechnung oder eine Kündigungsbestätigung des VR informiert wird. Hat der Kunde dem Makler die Vollmacht entzogen, beispielsweise durch Mitteilung an den Versicherer, wird der Makler auch die weitere Korrespondenz nicht mehr erhalten. Bringt ein Kunde zum Ausdruck, daß der VR künftig nur mit ihm korrespondieren möge, so bedeutet dies für den VR die Pflicht zur Beachtung des Versicherungsgeheimnisses – auch gegenüber dem Makler. Liegt hingegen eine noch nicht widerrufene inhaltlich korrekte Vollmacht vor, kann der Makler den Versicherer beim Verstoß gegen die Korrespondenzpflicht strafbewehrt zur Unterlassung der Maklerumgehung auffordern.

 

Gestaltung der Vollmacht

 

Wird eine Vollmacht vom Kunden widerrufen oder erlischt sie, so ist das Original zurück zu geben, § 175 BGB. Der Makler könnte auf die Idee kommen, den Kunden vor Schaden durch unbedachte Versicherungskündigung zu schützen, indem er die Vollmacht des VN um eine Regelung ergänzt, nach der Willenserklärungen des Kunden gegenüber dem VR unwirksam sind, wenn sie nicht vom Makler bestätigt sind (solange die Vollmacht besteht). Aber selbst dann könnte der Kunde die Maklervollmacht widerrufen und selbst kündigen.

 

Denkbar wäre es jedenfalls, die Erteilung und den Widerruf der Vollmacht (rechtsgeschäftlich) an die Schriftform zu binden. Zudem kann man auch regeln, daß der Vollmachtwiderruf gleichzeitig die (fristlose) Beendigung des Maklervertrages bedeutet. Dies natürlich mit dem Ziel, eine weitergehende Stornoverhütung zu erreichen. Derartige Gestaltungen könnten gerade den „betreuenden Makler“ vor späterer Regresshaftung bewahren helfen.

 

Courtage vom VR nach Verstoß des VN gegen den Maklervertrag?

 

Es ist denkbar, daß der VN sich gegenüber dem Makler pflichtwidrig verhält – also der Makler von seinem Kunden einen Schadensersatz beanspruchen kann. Ein Schaden ist indes gar nicht nachzuweisen, wenn der Makler bei maklervertragskonformem Verhalten des VN finanziell auch nicht besser gestanden hätte. Jedoch bleibt der VR dabei ohnehin außen vor:

 

Denn es gilt stets der Satz „Die Courtage teilt das Schicksal der Prämie“ – wenn der Kunde dem VR keine Prämie mehr bezahlt, gibt es auch keine Courtage mehr zu verteilen. Der Versicherer hat die Abschlusskosten (einschließlich Courtage) einkalkuliert und verpflichtet sich stillschweigend, die Courtageschuld des Versicherungsnehmerns beim Makler zu bezahlen (Icha, Alina, Die Nettopolice, Verlag VVW, Berlin 2014, S.98 ff.). Der Maklerkunde schuldet mithin die Courtage als Auftraggeber des Maklers – der Versicherer übernimmt hierbei nur den Geldverkehr; und zwar kraft Handelsbrauch nur betreffend die Courtage – nicht betreffend Schadensersatz des Kunden.

 

Versicherungsvertreter und Pools im Vorteil?

 

Insbesondere gemäß § 87a III HGB hat der VR den Versicherungsagenten über eine Kündigung zu informieren – etwa damit der Agent den Kunden anspricht, und sich vielleicht noch wegen daraufhin erfolgter Rücknahme der Kündigung des Versicherungsvertrags eine Rückholprovision verdient.

 

Wenn es sich bei einem Pool um einen (Mehrfach-)Agenten handelt, so werden die VR den Pool informieren – und der Pool kann (muss aber nicht stets zwingend) den Makler unterrichten. Die Kehrseite der Eigenschaft als Agent bzw. Versicherungsvertreter ist, daß der jeweilige Bestand dem VR gehört, und gerade nicht dem Vermittler. In dieser Konstellation steht bei Verletzung der Korrespondenzpflicht dann sowieso der Pool als potentiell durch seinen Makler Abzumahnender in vorderster Linie.

 

Handelt es sich beim Pool um einen (echten) Makler, so sind die angeschlossenen Pool-Makler gar nicht erst aktivlegitimiert – sie könnten bei Verstoß gegen die Korrespondenzpflicht kaum selbst agieren, denn die Anbindung an die VR betrifft das Verhältnis des Pools zum VR, und nicht das Verhältnis des Poolmaklers zum VR. Im Zweifel müßte sich dann der Pool (als Service?) mit dem VR verständigen, wenn der Poolmakler vom VR entgegen etwaiger Gepflogenheiten übergangen wird.

 

Stornogefahr, Zahlungsverzug, Anzeigepflichtverletzung

 

Die Kündigung ist nur ein Beispiel dafür, was einen Versicherungsmakler interessieren könnte. Auch Zahlungsverzug oder Anzeigepflichtverletzungen können ein Interesse des Vermittlers an rechtzeitiger Mitteilung auslösen, da eine Kündigung des VR bevorstehen kann. Dann kommt es zur eigentlichen “Stornogefahrmitteilung” – ein bereits erfolgtes Storno durch einseitige Kündigung ist eigentlich keine Stornogefahr mehr, sondern deren Realisierung, allenfalls mit der Möglichkeit der Rückwerbung.

 

Nur beim Agenten könnte Schadensersatz in Frage kommen, wenn eine Kündigung etwa in der PKV schlicht beim kranken Kunden durch den VR bestätigt wird, und keinerlei Rückwerbung überhaupt in Erwägung gezogen wurde. Kausal ist die Kundenkündigung regelmäßig nicht, um als Vermittler bzw. Makler vom Versicherer einen Schadensersatz fordern zu können. Es wird allenfalls höchst selten gelingen nachzuweisen, dass der Kunde bei pflichtgemäßem Verhalten des VR noch dort versichert geblieben wäre. Eine Loyalitäts- oder Treuepflicht des VR gegenüber Maklern kennt das Gesetz jedoch gerade nicht. Beim Poolmakler gegenüber dem Pool sieht es regelmäßig anders aus.

 

Schadensersatz des VN gegenüber dem VR?

 

Denkbar wäre, daß hingegen ein VN vom VR Schadenersatz für eine nachteilige Kündigung (z.B. bei Zahlungsverzug) verlangt, wenn der VR seine Korrespondenzpflicht nicht erfüllt hat. Möglicherweise hätte der Makler sich um die Zahlungserledigung beweisbar und mit Erfolg bemüht. Der meist erst durch versicherungsmathematisches Gutachten feststellbare Schaden der Kündigung einer Lebensversicherung oder des Wechsels zu einem anderen Privaten Krankenversicherer gegenüber der Vertragsfortführung kann erheblich sein.

 

Schadensersatz des VN gegenüber dem Makler?

 

Denkbar wäre indes auch, daß ein VN vom Makler Schadenersatz für eine nachteilige Kündigung des VR verlangt, wenn der VR seine Korrespondenzpflicht nicht erfüllt hat, dieses Verhalten des VR aber dem Makler bekannt war, ohne dass er z.B. durch eine Abmahnung des VR oder die Einstellung der Zusammenarbeit mit diesem effizient reagiert hatte. Dies auch beim Poolmakler, wenn er es akzeptiert hatte, dass der Pool sich nicht beim VR ggf. durch Abmahnungen um die Beachtung der Korrespondenzpflicht bemühte. Auch ein Regress des Poolmaklers beim im Hinblick auf die Einhaltung der Korrespondenzpflicht untätigen Pool ist möglich, wenn der Makler deutlich aber vergeblich entsprechende Bemühungen des Pools gegenüber den VR eingefordert hatte.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.experten.de (veröffentlicht im Experten-Report 11/2016, Seite 22-25)

 

Link: http://emag.unipush.de/em/9faeb3-9462e7/?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=161115+experten+Report+11%2F16#page/24

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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