Pensionskassen stressen Arbeitgeber wegen deren Ausfallhaftung gegenüber Mitarbeitern

Bei rund 87% der Pensionskassen gibt es erhöhte Haftungsrisiken für Arbeitgeber

Ein Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung ist die Pensionskasse (PK). Wegen ihrer Überwachung durch das Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ersparen sich die Arbeitgeber in diesem Fall den Beitrag zum Pensionssicherungsverein (PSVaG). Gerät der Arbeitgeber in Insolvenz, wird es jedoch auch keine Leistungen des PSVaG für die Mitarbeiter geben – ob die Pensionskasse hingegen voll leistet, ist ungewiss.

 

19 von 150 Pensionskassen sind risikoarm

Lediglich rund 13% der PK unter Aufsicht der BaFin mussten sich zuletzt keinem „Stresstest“ stellen, denn deren Kapitalanlagen gelten als risikoarm. Immerhin haben acht Pensionskassen den Stresstest ebenfalls bisher überlebt, sind jedoch durchgefallen. Dabei hatte die Europäische Union (EU) dafür gesorgt, dass eine bessere Kapitalausstattung und Risikotragfähigkeit durch Solvency-II auf dem Gebiet der betrieblichen Altersversorgung nicht umgesetzt werden muss.

Damit blieb es dabei, dass das Risiko einer Insolvenz bei statistisch einem Prozent pro Jahr blieb, anstatt sich zu halbieren. So muss bei Pensionskassen damit gerechnet werden, dass über Zeiträume von 70 Jahren vom Beginn einer Versorgungszusage bis zum Tod des Betriebsrentners weiterhin jede zweite Kasse insolvent wird oder ihre bereits zugesagten Leistungen reduzieren muss, statt nur knapp jede dritte.

Das Hauptproblem der Nichtumsetzung von Solvency II ist, dass die Einrichtungen ihre Risiken nicht entsprechend beurteilen und quantifizieren müssen. Folge ist, dass man hier dann gar nichts mehr an Risiken quantifizieren kann. Man muss sie daher auch nicht mehr zur Kenntnis nehmen oder kann sie einfach mit Allgemeinplätzen abtun.

 

Statistisch könnten drei Pensionskassen binnen zweier Jahre in die Insolvenz geraten?

Natürlich können Pensionskassen satzungsgemäß ihre Leistungen herabsetzen, so dass diese wie auch etwa berufsständische Versorgungswerke niemals zwingend insolvent werden müssen. Die BaFin könnte die Herabsetzung von Leistungen auch hoheitlich anordnen – natürlich nur zu dem guten Zweck, eine PK zu sanieren. Seither überlegt mancher Arbeitgeber, ob er seinen Vermittler oder Berater wegen unzureichender Beratung über die Arbeitgeberhaftung in Regress nehmen soll.

Die BaFin hat nur bestimmte Eingriffsmöglichkeiten, die ggf. bis zu kurz- bis mittelfristigen Zeiträumen auch präventiv wirken, um die unmittelbaren Risiken zu begrenzen. Das heißt aber nicht, dass Einrichtungen, die weitermachen dürfen, dies ohne größere Eingriffe auch noch länger als mittelfristig könnten.

Man wird sich darauf einrichten müssen, dass dazu zunehmend auch die Einstellung des Neugeschäfts und Abwicklung von Einrichtungen gehören wird. Betroffen kann jede PK sein – Transparenz gibt es kaum. Gerade bei solchen, die mit hoher Leistungsfähigkeit werben, sollte man am kritischsten sein, weil diese oft auch die höchsten Risiken eingehen.

 

Keine Vorwarnung bei drohender Sanierung auf Kosten der Arbeitgeber

Mit einer rechtzeitigen Warnung durch die BaFin dürfen Arbeitgeber nicht rechnen, weil es Politik der BaFin ist, solche Warnungen zu vermeiden, um das Überleben und die Sanierungsfähigkeit einer Pensionskasse nicht zusätzlich zu gefährden. Durch eine Warnung würden später die rechtzeitig gewarnten Arbeitgeber vielleicht nicht mehr zur Verfügung stehen, um die Sanierung kollektiv mit finanzieren zu können, und die verbliebenen noch stärker belastet.

Auch würde dann der Pensionskasse weniger frisches Geld zufließen, womit für Rentenzahlungen womöglich Kapitalanlagen gerade dann aufgelöst werden müssten, wenn diese im Wert stark verfallen sind, was dann noch raschere und härtere Sanierungsmaßnahmen erfordern würde.

 

Arbeitgeberausfallhaftung bei reduzierten Leistungen der Pensionskasse

Das Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 19. Juni 2012, Az. 3 AZR 408/10) hatte entschieden, dass der Arbeitgeber bei Leistungsherabsetzung einer PK die Differenz ausgleichen darf. Für den Arbeitgeber ist es gleichgültig, ob das Insolvenzrisiko zu einer Herabsetzung durch die BaFin oder satzungsgemäßer Herabsetzung führt – er haftet immer.

Die Wahrscheinlichkeit für eine Arbeitgeberhaftung nimmt im Zeitverlauf zu, insbesondere wegen des seit Jahren anhaltenden niedrigen Zinsniveaus auf den Kapitalmärkten und vielfach im Mittel noch sehr hohen garantierten Zinsverpflichtungen aus gegebenen Pensionszusagen. Wenn dann der Arbeitgeber wegen Insolvenz aber auch noch ausfällt, muss der Arbeitnehmer mit der verminderten Betriebsrente alleine zurechtkommen – im Ausland ist dies auch ohne Arbeitgeberinsolvenz die Regel. Im europäischen Ausland ist die Arbeitgeberhaftung in der betrieblichen Altersversorgung nämlich vielfach gar nicht vorgesehen.

 

Beruhigende Aussichten für Arbeitnehmer?

Die Haftung durch den Arbeitgeber macht die PK-Versorgung für den Mitarbeiter sicherer. Die Beruhigung an manche Versicherte, dass ihre Einrichtung ja nicht insolvent werden könne, weil jederzeit die Renten gekürzt werden können und außerdem der Arbeitgeber für die Differenz einsteht, ist hingegen für Arbeitgeber eine wenig erbauliche Aussicht.

Den Arbeitgebern sollte es zu denken geben, wenn damit geworben wird, dass der Arbeitnehmer sich sicherer sein kann, weil dieser ja haftet. Als Arbeitgeber sollte man es nicht leicht nehmen, wenn zu hohe Leistungen von den Vermittlern und Beratern vorausgesagt wurden, und diese sich als dann als unrealistisch zu hoch und mit erhöhter Risikobereitschaft der PK verbunden erweisen.

Denn bei den Arbeitgebern – die ja den Anbieter wählen können, selbst wenn sie gesetzlich zu einer Entgeltumwandlung gezwungen sind – werden gerade solche Angebote beworben, die zum geringsten Preis die höchste Rente zusagen. Mit derartigen „Renditevergleichen“ meint der Arbeitgeber für seine Mitarbeiter vielleicht das Beste ausgewählt zu haben, noch ohne zu erkennen, dass er sich damit im Zweifel dem maximal höchsten Risiko einer Arbeitgeberhaftung ausgesetzt hat. Derartige Verkaufstricks manches Beraters oder Vermittlers holen die Beteiligten dann wie ein Bumerang ein – frühestens wenn Rückabwicklung gefordert wird, spätestens wenn die Ausfallhaftung zum Tragen kommt.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

http://www.experten.de (Experten Report 04/2014)

und

www.pt-magazin.de

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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