Professor, Steuerberater oder Rechtsanwalt als Aufsichtsrat? – Gesetzliche Verbote und nichtige Beratungs- bzw. Mandatsverträge

*von Dr. Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), Mediator (Univ.), MBA Financial Services (Univ.Wales), MM (Univ.), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), EG-Experte (C.I.F.E.), Lehrbeauftragter für Bürgerliches und Versersicherungsrecht (Univ. of Cooperative Education), Bankkaufmann (www.fiala.de)
Für den Vermittler bzw. Finanzdienstleister stellt sich immer wieder die Frage nach der Plausibilität der Konzepte sowie nach der Seriosität der handelnden Personen. Informationsmedien, wie Direkteranlegerschutz.de berichteten wiederholt über Initiatoren, bei welchen Professoren, Steuerberater oder Rechtsanwälte im Aufsichtsrat sitzen. Diese Berufsgruppen werden gerne für die Vertrauenswerbung eingespannt – auch in der Funktion eines Aufsichtsrates. Daher stellt sich die Frage, ob dies wirklich ein Aspekt ist, der ein besonderes Vertrauen wert ist.
Einige Aufsichtsräte haben ihr Amt in der Vergangenheit abgegeben, weil mehrere Urteile (z.B. Bundesgerichtshofes Urteil vom 03.07.2006, Az. II ZR 151/04) die gleichzeitige Beratungstätigkeit gegen zusätzliche Vergütung mit einer Tätigkeit im Aufsichtsrat „wegen mangelnder Abgrenzung gegenüber der Organtätigkeit im Aufsichtsrat“ gegen § 113 AktG verstößt. Damit sind solche Verträge null und nichtig. Aufsichtsräte bekommen sowieso eine Vergütung für Ihr Amt, und müssen daher in dieser Funktion die Gesellschaft auch beraten.
Ein Verdacht kann sich immer dann ergeben, wenn die Aufsichtsräte mit „Zusatzvergütungen“ beispielsweise auch als Steuerberater der Gesellschaft für Anleger tätig sind, als Anwälte Prozesse für die Gesellschaft führen, oder als Professoren die Gesellschaften beraten bzw. Gutachten erstellen. Dadurch kann der Verdacht illegaler Zusatzvergütungen entstehen.
Tätigkeit als Aufsichtsrat und zusätzliche Beratungsverträge Gemäß der genannten BGH-Entscheidung verstößt ein Beratungsvertrag beispielsweise „in betriebswirtschaftlichen und steuerlichen Fragen“ mangels Abgrenzung zur eigentlichen Organtätigkeit gegen § 113 AktG. Es ist zu beobachten, dass einige Steuerberater, Professoren, Anwälte usw. sich zu Aufsichtsräten bestellen haben lassen. Manchmal sogar gleich bei verschiedenen Gesellschaften.
Nach Maßgabe der BGH-Entscheidung sind Beratungsverträge neben einem Aufsichtsratsmandat in der Regel nichtig, §§ 113 f. AktG: Denn ein Aufsichtsrat schuldet seiner Gesellschaft ohnehin Beratungsleistungen – somit lassen sich zusätzlich vereinbarte „betriebswirtschaftliche Beratungen“ nicht abgrenzen und schon gar nicht separat vergüten.
Sinn und Zweck der Regelung ist, dass eine Vergütung des Aufsichtsrats entweder in der Satzung zu regeln ist, oder durch die Hauptversammlung zu beschließen: Eine „Selbstbedienung“ der Aufsichtsratsmitglieder (z.B. durch Entscheidungen eventueller anderer Aufsichtsräte) oder eine Entscheidung des Vorstandes hierüber ist nicht möglich.
Rechtsfolge ist, dass der Aufsichtsrat seine Beratervergütung zurück zu gewähren hat, §§ 114 II AktG, 812 BGB. ähnlich hat das LG Stuttgart (ZIP 1998, 1275 ff.) entschieden: Ein Aufsichtsrat hatte 1,0 Mio. DM Honorare für Rechtsberatung einer AG erhalten – später hatte der Konkursverwalter der AG die Vergütung mit Erfolg vom Aufsichtsrat/Anwalt zurückgefordert.
Tätigkeit als Aufsichtsrat und gleichzeitige Anwaltstätigkeit Wenn „anwaltliche und organschaftliche Tätigkeit“ im Kern den selben Lebenssachverhalt betreffen, dann besteht für den Anwalt ein Tätigkeitsverbot. Denn nach § in RAO dürfen anwaltliche und nicht-anwaltliche Tätigkeiten nicht in der selben Sache “gleichzeitig” erfolgen. Nachdem der Aufsichtsrat den Vorstand „insgesamt“ zu überwachen hat, kann er praktisch kaum auch noch in Angelegenheiten der Gesellschaft anwaltlich tätig werden, indem er beispielsweise die Gesellschaft vor Gericht vertritt. Das Tätigkeitsverbot bezieht sich auch auf die Partner/Sozien der Kanzlei, mit denen der Anwalt insbesondere auf dem Briefpapier erkennbar verbunden ist. Entsprechende Beratungs- bzw. Anwaltsverträge sind dann nichtig, § 134 BGB.
Honorare sind an die Gesellschaft zurück zu bezahlen. Wie beim Verstoß gegen § 113 AktG ist der Ehrenberufler dann regelmäßig nicht gegen Vermögenschäden versichert; genauer gesagt besteht keine Versicherungsdeckung. Dies gilt oft analog auch für Professoren und Steuerberater.
Kollision beim Steuerberater Auch der Steuerberater wird sich entsprechend verhalten müssen, denn auch nach seiner Berufsordnung gibt es ein Verbot der Kollision, vgl. z.B. § 6 BOStB, § 45 BRAO.
Selten ist bei den Berufskammern gar nicht bekannt, dass der Ehrenberufler eine Nebentätigkeit als Aufsichtsrat aufgenommen hat. Der Vermittler kann sich absichern, indem er sich den Nachweis vorlegen lässt, dass die Berufskammer alles für in Ordnung hält.
Beim Professor sieht die Sache etwas anders aus: Bei ihm wird es um die Frage der Nebentätigkeitserlaubnis gehen, und darum ob der Verstoß gegen gesetzliche Verbote (z.B. § 113 AktG) beamtenrechtliche Disziplinarmaßnahmen des Dienstherren rechtfertigt.
Persönliche Vorstandshaftung Gemäß dem KonTraG bzw. § 91 II AktG hat der Vorstand einer AG, wie auch die Geschäftsführung einer GmbH zumindest ab mittlerer Grösse, ein Risikomanagement zu betreiben. Teil dessen ist das rechtliche Risikomanagement, etwa zur Vermeidung von nichtigen Verträgen. Hieran knüpft auch die persönliche Haftung des Vorstandes bei Verstössen an, § 93 II AktG.
Daneben kann der Vorstand auch für solche Vergütungen persönlich haften, welche nach § 113 AktG oder § 45 BRAO unrechtmäßig bezahlt wurden, § 93 III Nr. 7 AktG.
Strafrechtliche Risiken – Fragen des Investors Nicht übersehen werden darf, dass bei Zahlungen in der Verantwortung eines Vorstandes auf nichtige Verträge mit Aufsichtsräten und Beratern, auch ein Verdacht der Untreue im Raum steht: Ob der Aufsichtsrat/Berater dann wegen Anstiftung auch gleich mit im Boot sitzt?
Aus der Sicht eines Investors bzw. seines Vermittlers erscheint es ratsam, zu hinterfragen, welche zusätzlichen Aufträge/Vergütungen der Aufsichtsrat bekommt oder bekommen soll? Auch Gesellschafterversammlungen eröffnen eine Möglichkeit für feine Fragen zum Thema.
Keine Umgehung der §§ 113 ff. AktG durch Zwischenschaltung eines „eigenen“ Unternehmens: Der Bundesgerichtshof hat in einer ganz jungen Entscheidung (Az. II ZR 279/95) vom 20.11.2006 deutlich gemacht, dass die Vergütungen auch dann an die Gesellschaft zurück zu bezahlen sein können, wenn ein Aufsichtsratsmitglied mit der “eigenen” Aktiengesellschaft einen Beratungsvertrag schließt. Dazu muß das Aufsichtsratsmitglied – nicht notwendig beherrschend – beteiligt ist.
Im entschiedenen Fall, war der Beklagte Aufsichtsratsvorsitzender einer AG. Er war mit einer Beteiligung auch Gesellschafter „seiner“ beklagten GmbH, die für die AG Unternehmensberatungsleistungen erbracht hatte. Für die Beratungsleistungen erhielt die beklagte GmbH von der AG Honorare in Höhe von insgesamt 126.000 Euro.
Die Vorschrift des § 114 II AktG erfasst nach ihrem Wortlaut zwar nur Verträge zwischen der Aktiengesellschaft und ihren Aufsichtsratsmitgliedern. Nach dem Normzweck, verdeckte Sonderzuwendungen zu verhindern, ist § 114 AktG aber auch anwendbar, wenn der Beratungsvertrag nicht mit dem Aufsichtsratsmitglied selbst, sondern mit einem von diesem beherrschten Unternehmen abgeschlossen wird.
Aus einem Verstoß gegen § 113 AktG folgt, dass Beratungsverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern gemäß § 114 Abs.1 AktG nicht genehmigungsfähig sind: Dienstleistungen sind nur außerhalb der organschaftlichen Tätigkeit als separat vergütungsfähig zulässig, da anderenfalls die Gefahr der Umgehung von § 113 AktG besteht. Um eine entsprechende Abgrenzung vornehmen zu können, muss der Beratungsvertrag eindeutige Feststellungen dazu ermöglichen, ob die geschuldete Leistung organschaftliche Aufgaben des Aufsichtsratsmitglieds betrifft. Ein typisches Beispiel sind Beratungsverträge, bei welchen die Aufgaben nicht abschließend bezeichnet, sondern nur beispielhaft aufgezählt sind. Damit kann nämlich weder geprüft werden, ob die vertraglich vereinbarten Beratungsleistungen bereits von der Organtätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds erfasst sind, noch ob die dafür versprochene Vergütung sich im Rahmen des Angemessenen hält.
(experten.de am 09.03.2007)
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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