Rente: einst „das Gelbe vom Ei“ – heute enteignet

Vorprogrammierte Altersarmut trotz zusätzlicher privater Vorsorge von Pflichtversicherten: Weshalb auch Durchschnittsverdiener beste Aussichten auf Grundsicherungsrente haben.

 

Wer bis zum Alter von 67 Jahren als Arbeitnehmer ununterbrochen mit kontinuierlichem Einkommen beschäftigt ist, kann damit rechnen, wenn er in nicht allzu ferner Zukunft bereits Rentner wird, eine Nettorente in Höhe von 50 Prozent des letzten Nettoeinkommens zu bekommen. Das ermöglicht für den Durchschnittsverdiener ein würdevolles und selbstbestimmtes Leben – wie es die Bundesregierung ausdrückt – auf Grundsicherungsniveau.

 

Altersarmut gibt es hierzulande so gut wie nicht

Wer netto 760 Euro oder mehr im Monat als Gesamteinkommen hat, gilt nicht als absolut arm – über 950 Euro netto gilt er auch nicht mehr als relativ arm und hat er mehr als 1.150 EUR, so gilt er auch nicht mehr als armutsgefährdet. Wenn das Einkommen geringer ist, so empfiehlt die Deutsche Rentenversicherung eine Prüfung, ob Anspruch auf Grundsicherungsrente besteht. Darin sind alle Leistungen enthalten, die auch bei Sozialhilfe gezahlt werden.

Altersarmut scheint für den Gesetzgeber nur dann denkbar, wenn versehentlich kein Antrag auf Grundsicherungsrente gestellt wurde. Darin enthalten sind 382 Euro für den Lebensbedarf von Alleinstehenden im eigenen Haushalt. Ehegatten und Lebenspartner erhalten weniger (345 Euro) und erwachsene Haushaltsangehörige noch weniger (306 Euro), dazu kommt die Warmmiete für eine angemessene Unterkunft – für eine Einzelperson ist das ein Zimmer.

 

Legale Kürzungen des Existenzminimums

Zu einer Kürzung kommt es, wenn die Mietkosten zu hoch sind, was zum Umzug zwingt. Manche Gemeinden zahlen auch den Makler, um eine Wohnung jenseits der Gemeindegrenze zu finden. Früher haben sie auch ein Ticket für die Überfahrt mit der Titanic 3. Klasse nach Amerika bezahlt, oder die Näh- und Kochausbildung mit anschließender Reise nach Deutsch-Südwest mit der Woermann-Linie bei sicheren Heiratsaussichten.

Etwas anderes ist die Anrechnung aller Einkünfte, etwa auch der Einnahmen aus Riesterrenten. Allerdings muss der Alleinstehende zunächst sein Vermögen einsetzen, bis davon nicht mehr als ein Schonvermögen i.H.v. 2.600 Euro übrig geblieben ist. Armut wäre damit im Prinzip denkbar, wenn das Arbeitsamt das Existenzminimum – als Sanktion etwa wegen verweigerter Umschulung – um bis zu 30 Prozent kürzt. Denn auch wer ein akademisches Studium abgeschlossen hat, kann sich bei anschließender Arbeitslosigkeit kaum einer Umschulung zum Schweißer oder einer Tätigkeit als Zeitarbeiter auf den Spargelfeldern oder in sonstiger prekärer Arbeit entziehen.

 

Die gesetzliche Rente ist sicher

Wer gegenwärtig seine persönliche Renteninformation bekommt, dem wird eine Rentenhöhe in Aussicht gestellt, wenn er durchschnittlich gleichbleibend hohes Arbeitseinkommen und ununterbrochen bis Rentenbeginn mit künftig 67 gearbeitet hat. Dabei mindert sich in den nächsten Jahren die Höhe der Rente nach dem Willen des Gesetzgebers noch um 12 Prozent.

Eine weitere Minderung tritt ein, weil nur ein Grundfreibetrag von 8.354 Euro frei von Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag ist, sodass durchaus bis zu 15 Prozent Steuerabzug die künftig voll steuerpflichtige Rente zusätzlich mindert.

Hinzu kommt der Abzug von bis zu mehr als 10 Prozent für Sozialabgaben, wie etwa gesetzliche Krankenversicherung. Dem sogenannten Eckrentner mit Durchschnittseinkommen werden nach 45 Jahren derzeit Renten von monatlich 1.266 Euro in Aussicht gestellt – tatsächlich darf er künftig real netto nur mit rund 950 Euro rechnen, also ein Viertel weniger. Auch Arbeitnehmer mit durchschnittlichem Einkommen um die bis zu mehr als 30 TEUR Jahresbruttogehalt haben damit beste Aussichten für ein Leben ohne Altersarmut, also auf Grundsicherungsniveau.

 

Rentenauskünfte sind mit Abzügen von bis zu mehr als 42 Prozent belastet

Aktuelle Umfragen belegen, dass gerade die Jüngeren und nur bis durchschnittlich Verdienenden namentlich über die Besteuerung sowie über die Höhe ihrer zu erwartenden Nettorente bezogen auf ihr Nettoeinkommen zu über 90 Prozent völlig ahnungslos sind – und daher auch keine Vorstellung davon haben, wie groß die Lücke im Alter sein wird. Von den Befragten mit Nettoeinkommen unter 2.300 Euro wussten nur 4 Prozent überhaupt, dass die Rente versteuert wird. Die alljährlichen Renteninformationen erscheinen derart unvollständig, dass die Rentenversicherten nicht mal ansatzweise richtig informiert werden.

 

Rentenillusionen über das tatsächlich am Ende verfügbare Einkommen

Lediglich 2 Prozent der arbeitenden Bevölkerung kann richtig angeben, dass bei heutigem Rentenbeginn davon 68 Prozent zu versteuern wären, mit jährlicher Steigerung auf 100 Prozent ab dem Jahr 2040. So gut wie niemand weiß, dass Rentenerhöhungen stets voll zu versteuern sind. Lediglich 38 Prozent der Befragten können die Rentenhöhe zutreffend einordnen, beispielsweise dass die heute 20- bis 34-Jährigen im Schnitt rund 38 Prozent, die 50- bis 65-Jährigen hingegen noch rund 51 Prozent des letzten Nettogehalt erhalten können. Auch bei diesen werden die künftigen Rentenerhöhungen jedoch die Kaufkraft nicht ausgleichen, so dass auch diese Renten real gegenüber der Lohnentwicklung zurückbleiben und immer weniger wert werden, bis auch sie immer weiter an die Armutsgrenze geraten.

Die Mehrheit der Arbeitnehmer glaubt genug vorgesorgt zu haben, und dies trotz Unkenntnis über die persönliche Rentenhöhe, insbesondere einer weiteren Verminderung um bis zu mehr als 25 Prozent im Rentenniveau netto – gegenüber jenen, die derzeit in Rente gehen. Das aber will man ihnen wohl nicht allzu deutlich sagen, um ihnen die Hoffnung, durch Vorsorge die Rentenlücke schließen zu können, nicht zu nehmen. Aus Sicht des Staates ist es nämlich ausreichend, wenn die zusätzliche Vorsorge zwar nicht den Lebensstandard sichert, aber wenigstens dem Steuerzahler die Auffüllung auf das Grundsicherungsniveau erspart.

 

Planmäßige weitere Minderung der gesetzlichen Rente

Seit rund 15 Jahren stieg die Produktivität in der Wirtschaft, ohne dass die Arbeitnehmer daran nennenswert beteiligt wurden – entsprechend niedrig blieben die Beiträge zur Rentenversicherung. Zudem wurden die Renten von den Lohnsteigerungen entkoppelt, so dass Rentenanpassungen die Lohnentwicklung nur vermindert berücksichtigten. Die künftige Lücke zwischen Rente und Erwerbseinkommen vergrößert sich, was jedoch aus der staatlichen Renteninformation nicht erkennbar ist. Man könnte irrig glauben, dies sei bereits in den mitgeteilten Zahlen berücksichtigt, was jedoch nicht zutrifft.

 

Außerplanmäßige Minderung bei Versorgungskammern und Versorgungswerken

Versorgungswerke als Empfänger von Pflichtbeiträgen und Pensionsanstalten als Empfänger von freiwilligen Beiträgen für eine Zusatzversorgung verstehen sich als berufsständische überwiegend kapitalgedeckte Versorgungseinrichtungen in der Form juristischer Personen des öffentlichen Rechts.

Die zuständigen Landesministerien können die Pensions- beziehungsweise Rentenleistungen durch Anordnung herabsetzen, wenn die Beitragseinnahmen, Kapital und dessen Erträge zur Finanzierung nicht mehr ausreichen. Üblicherweise stellt dies der Rechnungshof beziehungsweise ein versicherungsmathematisches Gutachten fest, etwa wenn die dauernde Erfüllbarkeit der Verpflichtungen, die Bildung ausreichender versicherungstechnischer Rückstellungen, die Anlegung in geeigneten Vermögenswerten und die Solvabilität fraglich sind.

Die Aufsichtsbehörde wird einer Zahlungsunfähigkeit und dem Eingreifen der staatlichen Gewährsträgerhaftung entgegentreten, indem veraltete Sterbetafeln ersetzt, Kalkulationszinsen herabgesetzt sowie Leistungen und Anwartschaften gekürzt werden. Dies erfolgt zulässigerweise im Rahmen sogenannter Missstandsaufsicht, § 81 VAG, wie zuletzt vom Verwaltungsgericht München durch Urteil vom 11.05.2009 (Az. M 3 K 07.5934) bestätigt. Kürzungen im Umfang von bis zu mehr als 50 Prozent waren bereits zu beobachten.

 

Der Saldo der Weltverschuldungsbilanz ist null

Die Schulden des Auslands bei deutschen Kapitalanlegern spiegeln Ersparnisse von Inländern wieder. Kapitalanleger können beobachten, wie die sogenannten GIIPS-Staaten sich Gelder ausleihen, bei Sparern und institutionellen Kapitalanlegern, auch solchen die das Geld zur späteren Altersversorgung am liebsten wieder zurückbekommen hätten. Verbucht wird dies dann beispielsweise über die Europäische Zentralbank.

Wenn das Geld jedoch später vom Ausland nicht zurück bezahlt wird, etwa weil Banken insolvent werden und die Kapitalanleger für die „Rettung“ bezahlen dürfen (etwa über Totalverlust von Bankeinlagen über 100 TEUR), wird sich dies auf die dort investierten Einrichtungen zur privaten Altersvorsorge auswirken, und Leistungskürzungen nahezu sicher zur Folge haben können.

Soweit das Geld aus dem Ausland wegen sogenannter Haushaltsprobleme nur teilweise zurück bezahlt wird (etwa wegen Wertverfalls von Staatsanleihen), wird sich der naive Sparer vielleicht vorstellen, dass es genügt wenn ein Finanzminister sagt:

„Die Kavallerie in Fort Riley muss nicht immer ausreiten, manchmal reicht es, wenn die Indianer wissen, dass sie da ist.“

Dies dürfte in den zahlreichen EU-Ländern mit Jugendarbeitslosigkeit von 30 Prozent bis zu mehr als 50 Prozent kaum als Beitrag zur Völkerverständigung verstanden werden, zumal man wird zu Fuß ausrücken müssen, nachdem das letzte Kavalleriepferd Chief dort schon 1968 begraben wurde. Wenige Politiker haben erkannt, dass eine Zins- und Lohnstückkosten-Konvergenz im Binnenmarkt notwendig ist, seitdem die Eurostaaten keine Möglichkeit für die Abwertung ihrer nationalen Währungen mehr besitzen. Dauerhafte Handelsbilanzüberschüsse beflügeln Kapitalexport mit entsprechenden Verlustrisiken.

Soll eine Deflation vermieden werden, muss der Zusammenhang von Lohnstückkosten über Arbeitseinkommen und Inflation über Kapitalmarktzinsen gesehen werden. Stattdessen verschenkt der Exportweltmeister gleichsam seine Güter, über Kredite (also Vermögen der Altersvorsorgesparer) die vielleicht gar keine reale Aussicht auf Tilgung durch das Ausland besitzen, dem Staat aber bis dahin Steuereinnahmen verschafft haben. Die Propagierung der massenhaften kapitalgedeckten Altersvorsorge war seit der Einführung des ECU mit Ankündigung des Euro ein glänzendes Geschäft – allerdings eher für Finanzhäuser, als für künftige Rentner.

 

Altersversorgung aus der Sicht eines Vermögensverwalters

Dem Zahnarzt Dr. Schaum wurde gerade bekannt, dass die Spekulationen seiner Versorgungskammer (z.B. in der Subprime-Krise, aber auch die Griechenland- und Zypernkrise) sowie die steuerlichen Änderungen seine Aussichten auf eine Altersrente halbiert haben und beruhigt sich erst einmal, weil es ja auch noch schlimmer hätte kommen können. Und so kommt es, als ihm erklärt wird, dass auch die dauerhaft niedrigen Zinsen in Europa zusätzlich die Rentenhöhe nochmal um ein Drittel vermindern dürften. Mit einer Grundsicherungsrente hätte er nicht gerechnet. Nein, das kann keinesfalls richtig sein – er wendet sich an einen Sachverständigen für Versicherungsmathematik und ist ernüchtert:

„Wenn ich statt in Aussicht gestellter 3.000 Euro nun allenfalls auf rund 1.000 Euro Rente hoffen darf, dann muss ich bis zum Lebensende arbeiten?“

Danach trifft er einen unabhängigen Vermögensverwalter, mit volkswirtschaftlichen Kenntnissen.

„Also wenn Sie bei mir bis zu mehr als 20 Jahre insgesamt 250 TEUR angelegt hätten, anstatt dies als Pflichtbeiträge an Ihre Versorgungskammer einzubezahlen, dann hätten Sie heute bereits ein Vermögen von über 1 Million Euro, nur bei geschickter Handhabung des Deutschen Aktienindex (DAX). Statt der erwarteten 1.000 Euro bekämen Sie dann vielleicht bescheidene 3.000 Euro monatliche Rente aus Dividenden – und mit Vermögensverzehr mehr als 5.000 Euro, Monat für Monat.“

Dr. Schaum ist ratlos – wie man Geld vermehrt ohne belogen und betrogen zu werden, hat ihm niemand erklärt. Bisher verlor er im Vergleich dazu mehr als eine halbe Million allein durch „Zusatzversorgungen“, beispielsweise geschlossene Beteiligungen, Genussrechte und private Lebensversicherungen. Jeder Berater und Vermittler hatte für ihn „das Gelbe vom Ei“ im Gepäck, und war eine Ent-Täuschung.

Der Vermögensverwalter rechnet vor:

„Sie haben lieber 120 TEUR Provisionen bezahlt, die man Ihnen verheimlicht hatte, als 40 TEUR für unabhängige Beratung. Alleine diese 80 TEUR Mehraufwand hätten bei Rentenbeginn mit 5 Prozent verzinst schon eine halbe Million mehr gebracht.

Am Ende kostete Sie diese Entscheidung bisher, den kleinen Unterschied zwischen 1.000 Euro oder bis zu mehr als 5.000 Euro als Rentenaussicht.“

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

 

www.experten.de (veröffentlicht am 13.10.2017)

 

Link:https://www.experten.de/2017/10/13/rente-einst-das-gelbe-vom-ei-heute-enteignet/

und

www.openpr.de (veröffentlicht am 10.11.2017)

Link: https://www.openpr.de/news/979434/Rente-einst-das-Gelbe-vom-Ei-heute-enteignet.html

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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