Steuerhinterziehung de luxe?

Unvollständige Selbstanzeige und die Konsequenzen

Das Thema Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung haben wir in der jüngsten Vergangenheit auf allen Medienkanälen zur Genüge auf den Tisch bekommen. Wie man auch zu der Sache Uli Hoeneß und zum ergangenen Urteil steht, der Fall ist abgeschlossen.

Was aber bleit ist die Frage, wie es passieren kann, dass ein Steuersünder, der sicher über sehr gute Berater verfügt, eine offensichtlich völlig unvollständige Selbstanzeige den Behörden übergeben konnte. Wir fragen unseren regelmäßigen Gastautor Dr. Johannes Fiala, u. a. Fachanwalt für Steuerrecht, ob die Rechts- und Steuerberater zumindest nicht eine Mitschuld an der missglückten Selbstanzeige tragen. Oder anders formuliert, wann haften die steuerlichen Berater?

Steuerliche Berater haften nicht anstatt, sondern bisweilen neben dem Mandanten

Eine eigene strafrechtliche Verantwortung trifft den steuerlichen Berater, wenn es sich um einen Fall der Beihilfe handelt, oder etwa um einen Fall der Mittäterschaft. Mittäterschaft liegt beispielsweise vor, wenn Mandant und Berater gemeinsam beschließen den Sachverhalt nur lückenhaft offen zu legen, in der Hoffnung dass dies bei den Finanzämtern schon nicht entdeckt werde. Die Mittäterschaft führt freilich nicht dazu, dass sich die gleiche Strafe etwa auf beide verteilt, sozusagen nach dem Motto „geteiltes Leid ist halbes Leid”. Eher kann die Mittäterschaft die Strafe sogar noch erhöhen.

Die Abgabe einer Selbstanzeige durch den Steuerpflichtigen auf der Basis unvollständiger Informationen gegenüber dem steuerlichen Berater, kann als bedingt vorsätzliche Handlung beurteilt werden, was jedoch nach der Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 17.03.1995, Az. 2 StR 84/95) noch nicht zu einer strafbaren Beihilfe des Beraters führt. Bereitet der steuerliche Berater die Steuererklärung oder Selbstanzeige lediglich vor, unterzeichnet er sie aber nicht, und reicht er sie auch nicht ein, wird nicht einmal eine leichtfertige Steuerverkürzung durch den Berater in Frage kommen (OLG Zweibrücken vom 23. 10.2008, Az. 1 Ss 140/08).

Immer wieder kommt es dazu, dass Selbstanzeigen unvollständig bleiben, und daher insgesamt unwirksam sind (LG München II, Urteil vom 13.03.2014). Auslandsbanken liefern die notwendigen Belege vielleicht zu langsam oder ein Online-Zugang zum Datenabruf über das Internet besteht nicht. Dann haben es der Steuerpflichtige und seine Berater aber immer noch in der Hand, die jährlich hinterzogene Steuer ausreichend hoch zu schätzen, und am besten zugleich eine entsprechend hohe nachträgliche Vorauszahlung zu leisten. Bekommt das Finanzamt nur haufenweise Belege vorgesetzt, und keine nachvollziehbare Berechnung oder (bestenfalls zu hohe) Schätzung als Grundlage, dann kann das Finanzamt unmittelbar keine neuen Bescheide erlassen. Das Finanzamt muss dann seinerseits zur Schätzung schreiten, § 162 AO. Damit ist die Selbstanzeige jedoch gestuft bzw. unvollständig erfolgt, und damit insgesamt unwirksam!

Es gibt jedoch durchaus Steuerpflichtige, die auch noch im Rahmen einer Selbstanzeige darauf spekulieren, dass das Finanzamt eine zu niedrige Schätzung oder andere Unvollständigkeiten nicht entdeckt. Nach einer vorsorglich zu hohen Schätzung der Steuerschulden, sind aufgrund der Unterlagen genaue Berechnungen anzustellen, also für jedes Kalenderjahr gleichsam wie eine neue Steuererklärung abzugeben. Dies kann auch noch im Einspruchsverfahren erfolgen, um sodann die Steuer auf die tatsächlich geschuldete konkret berechnete Höhe zu mindern.

Die Übersendung von Massen an Belegen ohne systematische Zusammenstellung und Auswertung der Fakten ist keine ordnungsgemäße vollständige Offenlegung, wie sie verlangt wird, und nicht mehr wert als eine Selbstanzeige, die in Form einer Tüte aus ausgestanzten Einzelbuchstaben eingereicht wird, zum geflissentlichen Selbstzusammenfügen.

Straffrei sind solche steuerlichen Berater, die subjektiv lediglich glauben bzw. vermuten, dass ihre berufliche Tätigkeit für deliktische Zwecke missbraucht wird, denn dies ist noch sozialadäquat, berufstypisch, alltäglich und damit „neutral”.

Anders liegt der Fall, wenn die Missbrauchsabsicht des Mandanten positiv bekannt ist. Steuerliche Berater, die den Finanzbehörden beispielsweise Belege vorenthalten, um auf staatlicher Seite eine rechtsirrige steuerliche Berechnung des Beraters nicht erkennbar zu machen, riskieren zumindest eine eigene Bestrafung auch deshalb, weil der Sachverhalt nicht vollständig offengelegt wurde. Die Maxime lautet: Lege den Sachverhalt komplett offen, und diskutiere die Rechtsfolgen später im Veranlagungs- und Rechtsbehelfsverfahren „mit offenem Visier”. Alles andere wäre eine Täuschung der Behörden, und eine lediglich teilweise und daher unwirksame Selbstanzeige (BGH, Beschluss vom 20.05.2010, Az. 1 StR 577/09). Spätestens seit dem 03.05.2011 sind unvollständige Selbstanzeigen insgesamt unwirksam. Besonders aktiv, die Rechtsprechung des BGH voran zu treiben, war bisher die StA beim LG München II, u.a. zuständig für Steuerhinterzieher „im Tal” (wie Einheimische die Gegend um den Tegernsee bezeichnen), § 371 Abgabenordnung (AO).

Haftung für Vermögensschäden, insbesondere für Strafen

Der steuerliche Berater haftet seinem Mandanten, wenn es durch Unachtsamkeit beispielsweise zu einem Bußgeld beim Mandanten kommt (BGH, Urteil vom 14.11.1996, Az. IX ZR 215/95; BGH, Urteil vom 15.04.2010, Az. IX ZR 189/09). Ersatzfähige Schäden wären auch eine Entschädigung bei Freiheitsentziehung, die notwendige Kaution und daraus folgende Vermögens- und Einkommensverluste, etwaige Geldauflagen, sowie für die Kosten der Strafverteidigung.

Derartige Schäden sind in der Vermögenschadenhaftpflicht des StB und RA regelmäßig versichert. Ausgeschlossen ist eine Versicherungsdeckung, sofern der Berufsträger (bedingt) vorsätzlich handelt oder im Zusammenhang auch seine Verurteilung wegen einer Steuerstraftat erfolgt. Handelt es sich um einen besonders groben „wissentlichen” Berufsfehler, so sind seit 19.07.2013 nur die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung und die Rechtsanwaltsgesellschaft mbH dafür im Rahmen ihrer Deckung gesetzlich mindestversichert. Der Steuerhinterzieher hat es in der Hand sicherzustellen, dass die Haftpflichtdeckung seiner Berater ausreichend ist.

von Dr. Johannes Fiala

mit freundlicher Genehmigung von

www.network-karriere.com (Ausgabe April 2014)

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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