Vermittler- und Vertriebscoaching bei geschlossenen Beteiligungen: BaFin-Prospektaktualität und Prospekthaftung von Versicherungsgesellschaften

*von Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), MBA Financial Services (Univ.Wales), MM (Univ.), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), EG-Experte (C.I.F.E.), Lehrbeauftragter (Univ. of Cooperative Education), Bankkaufmann (https://www.fiala.de>www.fiala.de)
?Wer nichts weis, muss alles glauben.” (Marie von Ebner-Eschenbach)
Für den Finanzdienstleister hat der BGH durch sein Urteil vom 13.01.2000 (Az. III ZR 62/99) festgelegt, dass Anlageangebote auf wirtschaftliche Plausibilität zu prüfen sind. Ohne rechtliche und steuerliche Kenntnisse ist dies faktisch nicht denkbar. Auch Rating-Agenturen und Versicherungsgesellschaften können ?aus Unkenntnis im Rating- oder Vertriebsrecht ? im Zusammenhang mit geschlossenen Beteiligungen in eine Prospekthaftung oder Expertenhaftung geraten.
Was bedeuten ?BaFin-geprüfte? Produkte? Die Prospektprüfung des BaFin beschränkt sich auf Formalien. Es ist leider oft ein harter Trugschluß wenn Vermittler glauben, dass durch eine BaFin-Zulassung der Finanzdienstleiter keine Prüfungspflicht mehr besitzt.
Das mitunter böse Erwachen kommt laut VSH Experte Ralf W. Barth im Schadensfall, wenn den Vermittlern per Anwalt eine ungenügende Prospektprüfung vorgeworfen wird. Dies kann sogar den VSH-Schutz gefährden, denn auch besonders grob-fahrlässiges Vorgehen kann in VSH-Policen ausgeschlossen sein. Dazu kommt: Eventuelle Nachträge zu Prospekten werden vom BaFin überhaupt nicht mehr geprüft. Der Finanzdienstleister kann sich mithin nicht einmal darauf verlassen, dass beim aktuellen Prospekt einer geschlossenen Beteiligung eine BaFin-Prüfung vorgenommen wurde ? es könnte sich ja um eine Nachtragsversion handeln.
Aktuelle BaFin-Auskunft an epn: Wer beim BaFin anfragt, erhält dazu sinngemäß folgende Antwort: Beim XY-Fonds handelt es sich um einen geschlossenen Fonds. Einschlägig hierfür ist das Vermögensanlagen-Verkaufsprospektgesetz (VermVerkProspG). Nachträge unterliegen lediglich einer Veröffentlichungspflicht und bedürfen keiner Prüfung oder Freigabe durch die BaFin. Der § 11 VermVerkProspG bestimmt, dass der Anbieter einen Nachtrag zu veröffentlichen hat, wenn seit der Gestattung der Veröffentlichung des Verkaufsprospekts Veränderungen eingetreten sind, die für die Beurteilung des Emittenten oder der Vermögensanlage von wesentlicher Bedeutung sind. Eine Prüfung des Nachtrags durch die BaFin sieht das Gesetz nicht vor, insbesondere schließt § 11 die Anwendung des § 8i Abs. 2 ausdrücklich aus. Entsprechend wird der Nachtrag auch nicht in die Datenbank der BaFin aufgenommen. Die volle Veröffentlichung ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Beanstandungsfreies Prospektgutachten: Die ?Analyse 3/2006? der Rating-Agentur ?G.U.B.? vom 07.02.2006 beurteilte den ?Fidura Vermögensbildungs- und Absicherungsfonds? mit ?gut ++?. Die Heinz Gerlach Medien AG hatte in der Ausgabe ?Direkter Anlegerschutz Nr. 33B/06 vom 18.08.2006? auf ?Hohe, nicht prospektierte Kick-back-Zahlungen? von Versicherungsgesellschaften hingewiesen. Ob auch im Prospektgutachten die Erkenntnis aus dem Hause Gerlach gestanden ist?
Die Beanstandungen aus dem Hause Gerlach beinhalten im Kern den Verdacht strafrechtlich relevanter Vorwürfe ? schließlich geht es um ein Emissionsvolumen von 100 Mio. und ?Kick-back?-Zahlungen (Provisionen) aus der Verwendung von Anlegergeldern für Lebensversicherungen.
Greift die Vermögenschaden-Haftpflicht beim Vermittler? Immer wieder kamen Konzepte auf den Markt, bei welchen die Gelder der Anleger in Versicherungspolicen investiert werden können oder sollen. Gerichte werden betroffenen Finanzdienstleistern vorhalten, dass einfachste überlegungen zu der Frage geführt hätten, wieso die ?üblichen? Provisionen für die Anlage in Lebensversicherungen durch den Initiator nicht bei der Mittelherkunft prospektiert waren?
So richtig unangenehm wäre dieser Pflichtverstoß jedoch noch nicht. Entscheidend kommt es auf die Frage an, ob der von Heinz Gerlach Direkter Anlegerschutz angesprochene Verdacht möglicherweise strafbaren Verhaltens (im Sinne von beispielsweise ?Betrug, Kapital-anlagebetrug, Untreue?) nach einer Prüfung durch die Justiz bestätigt wird.
Denn wenn eine Straftat vorliegt, kann dies beim Finanzdienstleister im Sinne von Beihilfe oder Mittäterschaft gewertet werden: Dann wird der eigene Vermögenschaden-Haftpflichtversicherer (VSH) keine Deckung gewähren. Die Finanzdienstleister bleiben auf ihrem ?Schaden? sitzen. Je größer der Erfolg zuvor war, desto größer die Gefahr die eigene Existenz damit zu gefährden.
Soweit der Finanzdienstleister/Vermittler selbst später wegen eines Vermögensdelikts verurteilt wird, kann er die Haftungsschulden auch nicht einfach im Wege einer Privatinsolvenz wieder los werden.
Dies zeigt laut Ralf W. Barth, wie wichtig es ist Vorsorge im eigenen Interesse zu betreiben und die Konzepte und Produkte der verschiedenen Anbieter auf ?Herz und Nieren? zu prüfen. Informationen seriöser Branchenblätter können genauso bedeutsam sein, wie die Erkenntnisse aus kritischer Anlegerschutz-Sicht und dem Experten-Transparenz-Rating.
Wer mit positiven Ratings (die in der Regel vom Anbieter zur Verfügung gestellt werden) im Verkauf wirbt, sollte auch die sonstige Pressenachrichen zu dem Anbieter zu würdigen wissen. In Zeiten des Internet fällt auch die oft gehörte Ausrede weg: ?das konnte ich nicht wissen, das beziehe ich nicht?. Für den aktiven VSH?Schutz müssen auch die weniger oder nicht positiven Berichte dem Interessenten vor Abschluss zur Verfügung gestellt werden. Auch wenn diese sich erst Monate oder Jahre später ergeben.
Prospekthaftung von Versicherungsgesellschaften: Nicht anders ergeht es Kreditinstituten und Versicherungsgesellschaften, wenn sie im Zusammenhang mit geschlossenen Beteiligungen über eine eigene VSH-Versicherung verfügen. Auch dort gibt es bei Straftaten gemäß den VSH-Bedingungen keine Deckung.
Während Banken in den 80er- und 90er-Jahren bereits durch ?teure? Urteile gelernt haben, dass die Verwendung ihres Firmen-Logo zu einer Prospekthaftung führen kann, hat sich dies bei manchem Mitarbeiter im Vertrieb offenbar noch nicht herum gesprochen. Vorreiter einer Werbung mit fremden Firmen-Logo�s sind jedoch nicht die Versicherungsgesellschaften, sondern oftmals niedrigere Stufen in mehr oder weniger unkontrollierten Vertriebsstrukturen. Ein Beispiel sind manche selbstgestrickte Hebel-Geschäftsprospekte ? selten mit dem Segen des betroffenen Versicherers.
Wenn etwa Vertriebs- und Versicherungsgesellschaften monate- oder jahrelang zuschauen, wie ihr Name und Logo von einem Initiator in ?Prospekten? verwendet wird, brauchen sie sich später nicht zu wundern, wenn Anleger ihre Ansprüche auch dort anmelden. Der Anleger wird sich im Zweifel gerade an die Versicherungsgesellschaft halten wollen, denn dort dürfte die Bonität besser sein, als beim einfachen Vermittler.
Was ist Prospekthaftung im engen Sinne? Prospekt im Sinne der Prospekthaftung ist nicht nur der Verkaufsprospekt, sondern beispielsweise auch ?Musterberechnungen? mit der Software des Initiators bzw. Vertriebs, sowie Werbe-Flyer und ähnliche Verkaufshilfen. Läßt sich dort eine Person oder Gesellschaft mit benennen, wird der Rechtsschein gesetzt, dass es sich um einen ?Mit-Initiator? handelt. Verkürzt gesagt, handelt es sich also um eine Art von Werbehaftung für den Prospektinhalt.
üblicherweise verjähren diese Ansprüche aus der Prospekthaftung (im engen Sinne) binnen 6 Monaten seit Kenntnis des Anlegers vom Schaden und vom Schädiger, spätestens jedoch nach 3 Jahren. Beim Vermittler spricht man von der Prospekthaftung im weiteren Sinne: Dort ist die Verjährung wesentlich länger, mit 3 Jahren seit Kenntnis und längstenfalls 10 Jahren.
Tipp: Generell ist die Kenntnis der Fachpresse und die Anbindung an seriöse berufständische Vereine / Verbände genauso wichtig, wie der Kontakt zu einem ?echten? Versicherungsmakler und zu Kollegen für einen Erfahrungsaustausch. Das Berufsleben im Vertrieb ist oft zu kurz, um alle negativen Erfahrungen selbst machen zu können.
Zum BGH-Urteil vom 13.01.2000, Az. III ZR 62/99: hier klicken Zur Ausgabe Direkter Anlegerschutz Nr. 33B/06 vom 18.08.2006: hier klicken

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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