Versicherungsmakler haften für Lücken in Versicherungsverträgen

– Wie Versicherungsvermittler und -makler für falsche Sachverhaltsermittlung und andere Fehler einstehen –

Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 12.03.2014, Az. IV ZR 306/13) wies die Klage eines Versicherungsnehmers (VN) gegen seinen Versicherer auf Schadensersatz wegen unzureichender Belehrung ab. Der VN oder sein Versicherungsmakler hatten beim Antrag auf Versicherungsschutz arglistig unrichtig Angaben gemacht, woraufhin der Versicherer später den Rücktritt erklärte, im Schadensfall leistungsfrei war, jedoch bis dahin die anteiligen Versicherungsprämien behalten durfte. Diese Konstellation kommt – wie hier – besonders häufig in der privaten Krankenversicherung (PKV) vor. Für eigenmächtig unzutreffend beantwortete Antragsfragen haftet im Zweifel der Versicherungsmakler, der dann auch unter Umständen anstatt der PKV die Leistungen zu erbringen hat, oder auch nicht, wie wir sehen werden.

 

Quasideckung durch den eigenen Versicherungsmakler

In einem weiteren Urteil des BGH (vom 26.03.2014, Az. IV ZR 422/12) wird eine derartige Haftung des Versicherungsmaklers bestätigt. Unterläßt es der Versicherungsmakler ein bestimmtes Risiko abzudecken, so kann der Versicherungsnehmer von ihm verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er den erforderlichen Versicherungsschutz erhalten (“Quasi-deckung”). In diesem Fall hatte der Makler eine betriebliche bzw. berufliche Haftpflichtversicherung vermittelt, welche jedoch nicht alle Tätigkeiten des Selbständigen unter Versicherungsdeckung stellte. Die Beratung des Versicherungsmaklers erwies sich als unzureichend, §§ 63, 61 I VVG.

Dabei konkretisierte der BGH die beiden Pflichten „von sich aus das Risiko zu untersuchen und das Objekt zu prüfen“. Demnach ist es Makleraufgabe, den Versicherungsbedarf durch Befragung zu ermitteln, um von sämtlichen zu versichernden konkreten Tätigkeiten des Versicherungsnehmers zu erfahren. Faktisch hat der BGH damit der weit verbreiteten Maklerpraxis, bei betrieblichen und beruflichen Haftpflichtversicherungen lediglich Fragebögen an künftige Versicherungsnehmer zu versenden, eine deutliche Absage erteilt.

 

Haftpflichtvermittlung erfordert genaue Branchen- und Berufskenntnisse

Gerne werden über Branchenverbände spezielle angeblich maßgeschneiderte “Deckungskonzepte” angeboten. Dabei können diese besonders gefährlich sein, weil sie auf eine vermeintliche Sicht einer beruflichen Tätigkeit gerichtet sind, und nicht nach Maß gearbeitet.

Makler müssen auch in der Lage sein, eine berufliche Tätigkeit richtig einzuordnen – ohne Kenntnisse über das jeweilige Berufsbild und dessen Grenzen geht es gar nicht. Sonst zahlt am Ende der Versicherungsmakler den Unterhalt für die Witwe, wenn der Pizzabäcker mal aus Versehen den Falschen erschießt. Betrachtet man die üblichen Berufsfortbildungsangebote für Makler, verwundert es nicht,   dass vielfach allenfalls ganz oberflächliche Kenntnisse über ihre Kunden erwartet werden können. Man muss ja erst einmal wissen, wie man das einzuordnen hat, was der Kunde genau macht.

 

Versicherungsmakler als Garant für unzweideutige Versicherungsbedingungen

Während typische Versicherungsvertreter ähnlich einem Verkäufer die Gehilfen des Versicherers sind, steht der Versicherungsmakler im Lager des Kunden mit einer Verantwortung für das Kleingedruckte. Der BGH erwartet vom Versicherungsmakler,   dass er auf der Basis von Risikountersuchung und Objektprüfung sich selbst dann um eine besondere und ggf. speziell zu vereinbarende Versicherungsdeckung bemüht, wenn die ansonsten üblichen Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft für eine bestimmte Tätigkeit keine Deckung vorsehen würden.

Sind solche Bemühungen um individuelle Versicherungsdeckung weder in der seit 2007 verpflichtend zu erstellenden Dokumentation enthalten, noch wurde über solche Bemühungen jemals pflichtgemäß nach der Rechtsprechung eine Rechenschaft abgelegt, spricht dies im Sinne bis hin zu einer Beweislastumkehr für eine Haftungsverantwortung des Versicherungsmaklers.

Auch Versicherungsagenten können diese Pflichten treffen, und zwar aufgrund der Beratungspflicht des Versicherers und seiner Versicherungsvertreter als Gehilfen, nachdem der Gesetzgeber eine Beratungspflicht bei objektiv erkennbarem Bedarf vorgesehen hat, § 6 VVG.

 

 

Makler ist bei Rücktritt wegen seiner falschen Angaben nicht immer selbst leistungspflichtig

Tritt der Versicherer beispielsweise in der Privaten Krankenversicherung oder der Berufsunfähigkeitsversicherung wegen vom Makler gemachten falschen Angaben vom Vertrag zurück, so kommt es für den Schaden letztlich darauf an, was der Zustand bei korrekter Erfüllung seiner Pflichten gewesen wäre.

Der Berufsunfähigkeitsversicherer stellt bei Eintritt der Berufsunfähigkeit fest, dass die Antragsangaben falsch waren, und tritt vom Vertrag zurück, weil er ihn bei wahrheitsgemäßen Angaben niemals abgeschlossen hätte. Als Schaden möchte nun der Kunde vom Makler die Berufsunfähigkeitsrente gezahlt haben – doch dazu müsste er nachweisen, dass er bei korrekten Antragsangaben diese Rente erhalten hätte. Dies ist beim Versicherer aber bereits nicht der Fall, weil dieser ja den Antrag bei korrekten Angaben abgelehnt hätte, so dass auch dann keine BU-Rente gezahlt würde.

Der Kunde könnte aber noch versuchen, nachzuweisen, dass ein anderer Versicherer ihn trotz der Vorerkrankungen, zur Not auch mit Zuschlägen oder Ausschlüssen genommen hätte, oder vielleicht in  einer Erwerbsunfähigkeits- oder Grundfähigkeitsversicherung, und dort dann die Rente gezahlt worden wäre. Gelingt ihm das – ggf. mit Sachverständigengutachten – nicht, so kann er immerhin vom Makler noch die umsonst gezahlten Prämien als Schaden verlangen, denn die hätte er sich bei sofortiger Antragsablehnung aufgrund korrekter Antragsangaben mindestens gespart.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

Unsere Kanzlei in München

Unsere Kanzlei finden Sie in der Fasolt-Straße 7 in München, ganz in der Nähe von Schloss Nymphenburg. Unser Team besteht aus hochmotivierten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die für alle Belange unserer Mandanten zur Verfügung stehen. In Sonderfällen arbeitet unsere Kanzlei mit ausgesuchten Experten zusammen, um Ihre Interessen bestmöglich zu vertreten.


Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
»Mehr zu Dr. Johannes Fiala

Auf diesen Seiten informiert Dr. Fiala zu aktuellen Themen aus Recht- und Wirt­schaft sowie zu aktuellen politischen Ver­änderungen, die eine gesell­schaftliche und / oder unter­nehmerische Relevanz haben.

Videoberatung

Termin buchen

Vereinbaren Sie Ihren persönlichen Termin bei uns.

Termin vereinbaren / Rückrufservice

Sie werden bereits juristisch beraten und wünschen eine Zweit­meinung? Nehmen Sie in diesem Fall über nach­stehenden Link direkt Kontakt mit Herrn Dr. Fiala auf.

Juristische Zweitmeinung einholen

(Das erste Telefonat ist ein kostenfreies Kennenlerngespräch; ohne Beratung. Sie erfahren was wir für Sie tun können & was wir von Ihnen an Informationen, Unterlagen für eine qualifizierte Beratung benötigen.)